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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 43,2.1930

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Heft 7 (Aprilheft 1930)
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https://doi.org/10.11588/diglit.8888#0080

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ja vielfach veewandk. Nur das Jnnere wandelt sich unter anderen und komfor-
tableren Ansprüchen des slädtifchen LandlebenS: unten Wohn-, Speise- nnd Ge-
sellschaftsräume, oben Schlaszlmmer und Bäder. Damit eine gleichmäßi'gere
horizontale Schichtung der Geschoße und ei'ne freiere Entwicklung deS Grundrisses
überhaupt, im einzelnen eine seinere Durchbildung als selbstverständliche Folge
einer höheren Kulturstufe.

Das Landhaus New Aerseys m'mmt den Typ eines altholländischen Siedler-
hauses auf, ist also wssentlich einfach und anspruchslos, aus Ziegel und Holz. Das
Haus steht inmitten eines gut gepflegten Rasens, nmgeben von Birken, Trauer-
weiden und Pappeln, deren feine Zeichnung dem Haus eine leicht bewegte Um-
rahmung und lose Ornamentik schasst. Das geräumige Dach ist nutzbar gemacht
durch Ausbauten, die vorgezogenen Stützen ermöglichen auf die schlichteste und be-
guemste Art die Verbindung mit der Natur.

Der Stuttgartcr Architekt Schmitthenner bildet in seincm Eigenheim das
klassizistisch-biedermeierische Haus weiker: klarer Kubus im glücklichen VerhältniS von
Höhe, Breite und Tiefe. Das steile Dach geht weit über die Bsdürfnisse hinauS und
bedeutet deshalb einen gewissen Lurus; es gibt dem Hauükörper eine behagliche
und zugleich repräsentative Note, wie dieses auch sonst den Eindruck eines vornehm
zurückhaltenden Besitzes erweckt, der sich in die ländliche Umgebung harmonisch fügt

— obwohl er sic als besondere Bildung überragt. Luxus, der sich so geschmackvoll
und rnaßvoll auswirkt und den besonderen Verhältnissen so wie hi'er anpaßt, ist
etwas Köstliches und Quelle edler Kunst.

EigenhauS des Architekten Haefeli in Zürich, im Doldertal. Das
Haus, das sich ein Architekk selbst errichtet, ist wie ein Selbstbildnis und Jdeal
dessen, was er sich unter Wohnen vorstellt, wie er zur Zeit und seinem Volke steht.
Hier spricht der Schweizer, von Natur aus konservativ; zugleich ein Schweizer, der

— obwohl der ältcren Generation angehörend — mit Geschick und Geschmack
den Weg zum Ncuen gesucht und gefunden. Das Haus ist eines!der frühesten
modern empfundenen und geformten Bürgerhäuser der Schweiz und zeigt die orga-
nische Fortbildung von der Bergangenheit in die Gegenwart. Es erhebt sich an
steilem Hang mit ciner natürlichen, von alten Weinbergen stammenden Terrassie-
rung. Die schräge Stellung entspricht der Aussicht. Meisterhaft ist die Derklamme-
rung dcS Baukörpers mit dem Boden durch den Rücksprung dcs hinteren Flügels
und die Terrasscnmauer. Das große Fenster gibt einheitliche Beleuchtung für dcn
großcn Wohnraum. Die Mauern sind aus Backstein mit Terrassitputz. Eine breit-
spurig-wohlhabende Häuslichkeit verbindet sich mit der Freude an freier Natur, Licht
und Luft.

Wohnhaus Böhler, Oberalpina bei St. Moritz. Ein noch glänzcn-
deres Beispiel, wie moderne Architekten aus der innigsten Anpassung an die Natur-
gegebenheiten etwas PraktischeS und Originelles zu schasfen wissen. Jn diesem Fall
ist es noch besonders interessant, daß der Architekt (Tessenow) sonst das Regel-
inäßi'ge und Symmetrische bevorzugt. Das Haus wächst aus dem Gelände pflan-
zenhaft empor und entfaltet sich ungerwungen nach allen Seiten. Wie mit einem
energischen Ruck erhebt es sich zunächst im Unterban, der sich zur Terrasse und
Wohnhalle cntwickelt. Daran schließt sich organisch das Haus, sein Dach fügig und
geschmeidig übcr den Vorbau ziehend. Daö Ganze erschließt sich der Landschaft und
öffnet sich vor allem gegen die Sonnenseite. Ainerhalb der bewegten Silhouette
wechseln Horizontale nnd Dertikale, geschlossene und osfene Teile. Man könnte sich
beinahe vorstellen, daß dcr Bau aus einer Bergkuppel herausgeformt wurde.

Das Einfamilienhaus in Hellerau zeigt Tessenow als einen der aller-
ersten und allerbesten Meister im schlichtesten Wohnhaus. Man kann mit keinen
einfacheren Mitteln bauen und zugleich so edel wirken: gewöhnlicher Backstein für

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