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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 43,2.1930

DOI Heft:
Heft 12 (Septemberheft 1930)
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Huxley, Aldous: Grüne Tunnel
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Hochgesang, Michael: Die Neuschöpfung der Welt durch Knut Hamsun
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https://doi.org/10.11588/diglit.8888#0432

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Barbara, vermochten es zu empfrnden, und auch rch. Iene beiden vermochken
es nichk." Er erkasteke sich seinen Weg durch Dunkelheiken. Wohin würde er
schließlich gelangen? „Manche Gedichke drücken das aus. Kennen Sie Francis
Iammes? Ich habe in lehker Zeik so ofk an seine Werke denken müssen.
Kunst skakk Leben, wie gewöhnlich. Aber ich bin nun einmal so. Ich kann
mir nichk helsen, ich muß an Iammes denken. 2ln die auserlesen zarken Dinge,
die er über Clara d'Ellebeuse geschrieben hak."

„Clara d'Ellebeuse?" Sie blieb stehen und starrke ihn an.

„Sie kennen die Skelle?" Mr. Topes lächelke cnkzückk. „Dieser Ork —
Sie selbst — bringen sie mir in den Sinn. »^'airno <lan8 los tornp8 Llara
cl'bllloliouso..« 2lber meine liebe Barbara, was ist Ihnen nur?"

Sie hakke zu weinen begonnen, ganz ohne jeden Grnnd.

(Mik Genchmigung des Jnscl-Verlages)

Die I^euschöpfung der Welt durch KnuL Hamsun

Von Michael Hochgcsang

ommernächke und ßille Wasser und unendlich ßille Wälder. Kein

—^Schrei, kein Schrikk von den Wegen, mein Herz war voll wie von
dunklem Wein."

„Leichke Schritke, eines Menschen 2lkemzug, ein frohes Guken 2lbend."

So schreibk Hamsun. In diesen wenigen Zeilen liegt eine neue Welt be-
schlossen. In Hamsuns Dichkung ragk wieder der geheimnisvolle, unverstan-
dene und von menschlicher Bernunsk niemals zu durchleuchkende Raum hin-
cin, der Raum in Llrwelkkiefe und llrwelkeinsamkeik. Zwci Iahrhnnderke
seik Descarkes hatken diesen Raum nichk mehr gekannk. Denn als Descarkes
sagke: ich bin, weil ich denke, da besaß nur mehr der Gedanke Wirklichkeit,
nichk mehr der Raum, und Kank vollendeke dieses neue Bild einer Welk, in
der Naum und Zeik keine llrwelkgeheimnisse sind, sondern apriorische Ord-
nungsformen des menschlichen Geistes. Und seikher hak kein Dichker ver-
mochk, den Schleier wieder zu heben, den eine jahrhunderkalke, auf den rakio-
nalen Gedanken sich gründende Enkwicklung europäischer Gcistesgeschichke über
den Raum als irrakionale, dämonisch-unergründliche Tiefendimension gelegk
hak. Hamsun aber sagk: „Leichke Schrikke, eines Menschen 2ltcmzug, ein
srohes Guken 2lbend." Erkennk man, wieviel Tkenes, Revolukionäres und
zugleich Uralkes, llranfängliches in diesem einsachen und chaokischen SaH sich
verbirgk mik seinen unverbundenen Gliedern und dem unheimlichcn Schweigen
in seinen Gelenken? Hamsun zerschlägk in solchcn SäHen die ausgeleierke
Mechanik menschlichen Denkens, die uns das Wunderbarste als selbstver-
ständlich, das Grundloseste als begründek erscheinen läßk, er össnek uns wieder
den Blick sür Selksamkeik und PhanLastik, sür das chaokische Tkebeneinander
und Nücheinander im irdischen Geschehen.

Die gleichen Iahrhunderke, die den Ranm als irrakionale Tiefe nichk mchr
kannken, sie anerkannken auch den Menschen nichk mehr als Geschöpf, dcr
Mensch war seine eigene Schöpfung geworden. Ieder ging gleichsam umher
mik Leib und Leben als der nokwendigen Folge seines Persönlichkeiksbewußkseins.
2luch die Romantik erlebke den Menschen noch so: gekrennk von der allum-

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