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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 43,2.1930

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Heft 9 (Juniheft 1930)
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Vrieslander, Otto: Heinrich Schenker
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https://doi.org/10.11588/diglit.8888#0227

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Jnhaltes der großcn Werke liegk auch das unumstößlilhe KunstgeseH. Das-
selbe sprichk für sich und bedarf weder einer Modisikation noeh einer Moderni-
sierung, weil es dessen gar niehk fähig ist. Kämen neue Kunstschöpfungen im
Lause der Zeiten heraus, so blieben die GeseHe, wie sie Schenker aus den
Werken dcr Großmeister enkwickelt hat, dennoch auch für diese allzu gültig,
denn diese GeseHe entsprechen der Natur! Das ist das Höchste, was man
seincr genialen und umfassenden Persönlichkeit aussprechen kann.

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Mar Laeugers Werk

^S^er kurzen Würdigung von Max Laeugers erlesener Kunst möchte Ich einiges
c^-/über Material und Technik seines Arbeitsgebietes oorausfchicken. Nicht, als ob
dies für den Genuß seiner ganz auf Augenlust eingestellten Werke nötlg wäre; viel-
mehr deshalb, weil die Keramik als solche weiteren Kreisen ein allzu fernes und
fremdes Land ist, von dessen Schätzen sie keine Ahnung haben. Wir bezeichnen mit
Keramik (Brandtechnik) alle gebrannten Tonarten und -gebilde; ihre Feuerbehand-
lung ist für den praktifchen Gebrauch wie für die künstlerische Wirkung notwenöig.
Man unterfcheidet Tongut und Tonzeug. Zu ersterem gehören der Ziegel, die Terra-
kotta, wie alle Jrdenware. Terrakotta, die fast ausschließlich für Bauzwecke, auch
große Blumenkübel verwendet wird, ist ein gelblicher oder rötlicher Ton von derber
Struktur, ohne Glasur; die berühmten griechischen Tanagrafigürchen, die oft be-
malt wurden, sind auch von solcher Art. Der heute so beliebte Klinker ist ein Ziegel
mit Metallzusätzen, die ihm ein dunkleS und flimmerndes Aussehen geben. Zum
Tongut rechnet man auch die Schmelzware, die als Majolika, Fayenee oder Delfter
Ware bekannt ist — verfchiedene Namen für die gleiche Sache; genommen von den
Drten, an denen sie in früherer Zeit besonders vollkommen hergestellt wurde: auf
der Jnsel Majorka, in Faenza und Delft. Es ist das eine Tonmischung, die mit un-
durchsichtiger Zinnglasur überzogen wird, der man Weiß, Gelb, Grün oder ein helles
Rot beimifcht. Nur diese Erdfarben halten sich im Brand. So wurden auch die
berühmten Renaissancewerke der Robbia hergestellt. DaS Steingut, das sich sogar
gießen läßt, dient vielfach als Ersatz für Porzellangefäße und in Plattenform als
Wandbelag.

Alle diese Stoffe sind weich und porös; deshalb bedürfen sie für den wasserdichten
Gebrauch der Glasur. Das Steinzeug ist härter und kann bis zur Stahlhärte ge-
brannt werden; es ist undurchlässig und bedarf keiner Glasur. Es dient jetzt gewöhn-
lich Kanalisationszwecken, wird aber seit dem Beginn unseres Jahrhunderts, wie
auch früher fchon, für Krüge und andere Gefäße benützt. Es ist grau oder bräunlich
und wird gern mit eingefchm'tkenen Mustern oder aufgelegten kleinen Reliefs ge-
schmückt. Das edelste Steknzeug ist das Porzellan, mit und ohne Glasur, miL Be-
malung unter und über der Glasur. Die Glasuren selbst sind durchsichtig oder un-
durchsichtig; farbig oder farbenempfänglich. Icknfchöne Tone übergießt man mit einem
farbigen Tonschlamm (Engobe).

Mas Max Laeuger gibt, ist etwas anderes und vielfach Neues; er gebraucht die
verschiedensten Tone, mifcht sie ineinander und verwendet auch noch andere Stosfe,
z. B. Gips. Er engobiert und glasiert sie, bemalt sie unter und auf der Glasur und
rechnet vor allem mit den Wirkungen deS Feuers.

Sein Ziel bezeichnet er selbst also: „Der Keramik wieder die Schönheiten zu erobern,
die verloren gingen und nur noch in wenigen Museumsstücken zu bewundern sind.
Jch will zeigen, daß in der Keramik noch viele neue Reize verborgen liegen. Nur in
der Keramik ist es möglich, und das ist eine Eigenfchaft, die von allen Werkstoffen

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