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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 43,2.1930

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Heft 8 (Maiheft 1930)
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Hammelsbeck, Oskar: Die Familie, und was das heutige Leben von ihr fordert
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https://doi.org/10.11588/diglit.8888#0141

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wirkt eine der Urmächte im Menschlichen und verlangt ihre Form. Sie i>t
nicht einfach aufzuheben, und eine Tradition, wie fie das durch Ja^chunderke
vertvirklichte chriftliche Familienideal ift, nicht auszulöfchen. Es treten anfchei
nend nur Bedeutungsverfchiebungen dcr Wirkkräfte innerhalb ihrer Struktur
cin. Die Wirkkraft, die nach Dauer verlangt, ift uns die Liebeskraft
zur Ehe.

Zum Schluß taucht hier das Wort Ehe auf. Mik vollcm Bedacht. Wir
mußken sie dem Mißverftändnis entziehen (auf das fchon Ernft Michel im
Kunftwart 1927, Heft 12, aufmerksam gemacht hak), daß sie lediglich Urzellc
der Familie sei. Die LiebeskrafL, die allein durch die Gemeinfchafksform der
Einehe ausgelöft wird, muß vielmehr über diefen makeriellen Urzellencharak-
Len hinaus die geftaltbildende Kraft in der Familie selbft sein und die Glieder
foweit erfassen, daß sie ihr Gesamtleben trägk. Mik der Familie wird dann
nicht dcn Auswirkungen eines unbejahten Arbeitslebens enkgegengewirkt,
sondcrn sje wird es vermöge dieser Krafk nnttragen.

Noch einmal ganz deuklich: die Liebeskraft der Ehe soll dic Familie geftalken.
Das ift eine Absage an jedes pakriarchalifche Autoritätsidcal früherer Zeiten.
Es kann keine Führung im alten Sinne mehr geben; dic Familie nmß die Bil-
dungsgemeinfchaft des Lebens sein. 2lus der Liebeskraft dieser Bildungsge-
meinfchaft können allein die größeren Gemeinfchafken und Kreife im Volk
gespeift werden.

Was wir in unserer werdenden Familie zu vollziehen haben, ift demnach der
Wechscl ans der hierarchifchen Ordnung in die Erziehungö- und Bildungs-
gemeinfchaft aus Liebe. Die bildsame Liebe der Ehe werde die bildsame Liebc
der Familie: Geben und Nehmen von jung und alk, Führen und Wachsen-
lassen, Sich-Anverwandeln in die zeikgebotene Sikuakion ini neuen Halk der
siktlichen Liebesbindung.

Wir wissen, das kann nur ein 2lnfang sein, ein 2lnfang aus bewußter Be-
fcheidenheit und Befcheidung. llroch ift kein Siktenbeftand da, der weiterhilfk
und ruhen läßt in gesicherter Form. Deshalb ift unsere Leiftung, wenn sie
gclingt, nur ein Übergang. 2lber cin Übergang nmß sein, denn des Brnches
sind wir gewiß.

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Rattenberger Gläser

^(m Unteriiiinal, zwifchen Wörgl und Brixlegg, liegt das altertümliche Tiroler
^^Städtchen Rattenberg, malerifch gefchmückt mit einer Schloßruine. Hier be-
findet sich eine Glashütte, die bis ins Jahr i6z8 hinaufreicht; eine Gründung der
kunftsinnigen Herzogin Claudia von Meöici. Die Hütte erfreut sich auch heute
noch eines weiten und hohen Rufes; sie erzeugt einfachfte wie koftbarfte Gläser ver-
fchiedener Art und Verwendung, vor allem hochwertige Kunftgläser zu Zier und
praktifchem Gebrauch, kriftallweiße und farbige Gläser, darunter auch einfachere
Stücke. Allcnthalben bekannt sind ihre bemalten Gläser, in denen die alte Tiroler
Bauernmalerei wieder lebendig geworden; daneben erzeugt sie ganz moderne Stücke
mit Farbbändern und abfchattierten Streifen. Eine besondere Hochleiftung sind ihre
Gravuren. Die Hütte bietet alte und moderne Formen, letztere von hervorragenden
Künftlern entworfen, so von der bekannten Münchnerin Wenz-Vietor, wie von dem
Meraner Professor Pferfchn. Besonders rühmenswert ift es, daß auch die billigen
 
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