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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 43,2.1930

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Heft 8 (Maiheft 1930)
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https://doi.org/10.11588/diglit.8888#0142

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Gläser in ihrer Form nicht weniger künstlerisch sind als die teneren und kostbaron
Wertstücke.

Bevor wir aus unsere kleine Auswahl näher eingehen, möchten wir einiges All-
gemein-Wichtige über das Glas und seine Bearbeitung vorausschicken, damit sich
jeder selbst ein gewisses Urteil über das Gebotene zu bilden vermag.

Es gibt die verschiedensten Arten von Glas; hier kommt nur vor allem das pfeifen-
geblasene HohlglaS in Betracht. Jn der Alten Welt schätzte man das Glaö zumeist
wegen seiner Empfänglichkeit für die mannigfaltigsten Farbzusammensetzungen und
benützte es dann für Schmuck, als Ersatz für Edelstein, für Ziergefäße nnd im
bunten Glaswürfel alö Mosaik, zum Wandschmuck. Das farblose Glas wurde für
Gebrauchszwecke verwendet. Die wunderbaren Jrisfarben der altrömischen Gläser
sind einc Wirkung der Bodenlagerung, wie sie ähnlich auch bei Tongefäßen auf-
treten — heute werden sie auf chemischem Wege erzeugt. Auch das Mittelalter
hat noch das farbige Glas bevorzugt und in der Glasmalerei die höchsten Triumphe
dieser Art erreicht. Mit der Renaissance erstand die Vorliebe für die farblosen
Gläser, wie man auch die farblose Plastik der polychromierten vorgezogen. Eine be-
sonders berühmte Glasindustrie blühte schon im Mlttelalter auf der Jnsel Mnrano
bei Venedig; von hier aus erstand der Weltruf und -ruhm des venezianifchen Glases
bis ins ig. Jahrhundert. Heute sind auch andere Glashütten, z. B- solche im
Bayerischen Wald oder in Böhmen oder die obengenannte von Rattenbcrg, durchauS
leistungsfähig. Das flüssige Glas kann wie der Seifenschaum durch Röhren oder
Pfeifen zu ganz dünnwandigen Formen geblasen werden; zu Formen, die der Glas-
bläser weitgehend in der Gewalt hat. Jm dickflüssigen Zustand kann man das Glas
mittelst Zangen beliebig formen; hieraus ersteht ein oft seltsam bewegtes und
phantastisches Nanken- und Ornamentwerk, das an die Grundformen angeschmol-
zen wird. Daneben gibt es die sogenannten gesponnenen Gläser, indem inan farbige
Glasfäden in farblose oder gefärbte Glasröhren vcrschmilzt und sie durch Drehen
beim Erhitzen in eine spiralige Form bringt. Auf ähnliche Weise kann man farbige
Bänder emschmelzen und formen. Auch das Gravieren und Schleifen dient der Glaü-
veredelung, um auch hier nur der Techniken zu gedenken, die für unseren Fall in
Betracht kommen.

Das dickwandige Kristallglas, ursprünglich ein billiger Ersatz für das kostspielige
Bearbeiten des Bergkristalls, ist eine Erfindung dcs 17. Jahrhunderts. England
brachte im sogenannten Flintglas eine neue Note in das Kristallglas, indem es durch
einen besonderen Zusatz und prismatischen Schliff regenbogenfarbige Wirkungen er-
zielte. Wir lieben diese Art weniger. Das Surrogat des Kristallglases ist das mo-
derne PreßglaS. Wie aller billige Ersatz erstrebt es auf grobe und harte Art sein
Vorbild, dessen klare Lichte und Glanz es so wenig errcicht wie seine stumpfen For-
men der fchnittigen Präzision deS Kristalles nur annähernd gleichkommcn.
Kompottgarnitur — die kleineren Schalen i,zo—i,Zv M., die größeren
Z—L M. Aller natürliche Reiz des Hohlglases kommt hier zur Geltung: die span-
nig bewegte Linic unö Fläche, der Glanz und die Durchsichtigkeit wie daü Reflex-
vermögen; die feinen Lasurbänder betonen den Rand und schließen die Form kräftig
ab. Das Weitflächige und doch Behältermäßig-sich-Wölbende, das Verhältnis von Höhe
und Weite ist glücklich gegriffen wie der geschmeidige Kontur der gesamten Form. Wke
viel vornehmer, leichter und repräsentativer sind solche Stücke gegenüber Metall- und
Tongefäßen; auch der einfachste Haushalt gewinnt dadurch eine besondere Zier.
Ziergläser — die hohen Stücke 6—6 M., die Kugelform 2,cso M., d!e übrigen
12—16 M. Man ersieht schon auS unserer Zusammenstellung, welch lichte, frohe,
leichte Erscheinung solch eine Glasgruppe ist, welche Kontraste sie ermöglicht, wie
sie auch außer Gebrauch, als bloßes Formgebilde, das Auge erquickt, wie jedes Stück
zu einer feinfingerigen Behandlung auffordert. Besonders schön gefügt sind die
 
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