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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 43,2.1930

DOI Heft:
Heft 10 (Juliheft 1930)
DOI Artikel:
Strauß, Ludwig: Feuer
DOI Artikel:
Alverdes, Paul: Über einige neuere Novellen
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https://doi.org/10.11588/diglit.8888#0293

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kam, wie still es dort gewesen war. Sie kehrke um, pochke an die Tür, ging
urns Haus und rief den Nnrnen der Bäuerin, noch im Gedanken, die einsl
Gefreundeke zu begrüßen, da aber keine Ankwork kam und sie begrisf, daß
niemand daheim war, mußke sie mik hämmerndem Herzen eine Weile an die
Wand gelehnk ßehen bleiben, bis sie ihr Tun begann. —

Sie war noch nichk lange im Tal bei der Schwester, als die Glocken läukeken,
daß alles aufsprang und auf die Gasse lief. Die Einöde auf dem Berg
brenne, rief man, und während die Männer aus den Häusern und von den
Feldern herbeieilken, um zur Hilfe zu fahren, sammelken die Frauen sich am
Dorfrand, den Brand zu sehen. Vom Höhenkamm leckke gegen den fchiefrigen
Himmel breik das roke Gezüngel, und Massen dicken Rauches wälzken sich
hinauf, schwärzlichere, wandelbarere Wolkcn vor den festm grauen. Regungs-
los wie beim Brand ihres Hauses stand Maria und grüßke aus der Seele,
die im erstarrken Leibe ihr Lanzke, schwesterlich das befreike Elemenk.

Zehn Höfe noch im Dorf und im Tal umher gingen in den Wochcn, die nun
kamen, in Flammen auf. Zmmer stand Maria, jauchzend unker der Ber-
steinerung, dem Brand gegenüber. Das lchke Feuer nahm den fast ferkigen
Neubau ihres cigenen Hauses hin. Zm ganzen Tal ging raklose Fnrchk um;
niemand erriek, wer der Brandstifker war, bis es auf enksehliche Weise osten-
bar wurde.

Zns Dorf fuhr ein hochbeladener Heuwagen ein, obenauf die schwahenden und
lachenden Mägde, und kam am Haus von Marias Bafe vorüber. Er war
noch nichk viel weiker, als aus der Tür, eine lodernde Fackel in Händen,
Maria lief, in rasenden Sprüngen das Gefährk ereilke und den Brand in
die dufkende Frachk fchlug. Während die Mägde schreiend vom Wagen
sprangen, der Knechk die Pferde zu halken und auszuspannen sich mühke, hakke
sie dic Höhe der Heulast erklommen, stand oben und schleuderke Arme voll
brennenden Hcus auf die Leuke, die herbeieilken, sie zu fassen, auf den Knechk
und die Pferde und rief zwischen Lachen und Sköhnen herab: „Meinen Hof
hab ich verbrannk, die Einöd auf der Höh hab ich verbrannk"; und weiker die
Rkamen aller niedergebrannken Höfe der Gegend; „und jeHL verbrenn ich das
ganze Dorf". Darüber hakken die Pferde, wild vom Feuer, zu laufen be-
gonnen, halblockcr im Geschirr vor dcm brennenden Wagen, und jagken mik
der schreienden, Brände werfcnden Frau durch die Gasse, bis dcr Wagen
stürzke, die Tiere sich losrissen und ins Feld stürmken, die Frau, Flammen
in Kleidern und Haaren, im Bogen geschleuderk an eine Mauer schlug, noch
einmal lauk aufschrie und verstummke.

Über einige neuere Z^ovellen

I.

^udwig Skrauß hak in seiner Novelle „Der Reiker"* einen außerordentlichen Dor-
^^wurf gestaltek. Es ist das uralte Menfchheits-Thema von der Bermessenhei't deg
Nicht-Berufenen, Nicht-AuSerwählten und von semer Bestrafung durch die freventlich
befchworenen aber nicht beherrschtcn Geister — das Schicksal eines Zauberlehrlings also
tverm man will, des Zauberlehrlings Naftali Hakvhen aus priesterlichem Stamme
der Ostjuden. Allerdings ist es nicht Knaben-Derwegenheit, die ihn dazu treibt, auch

Rükten Loening, Bcel., Frankfurt a. M.
 
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