Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 43,2.1930

DOI Heft:
Heft 10 (Juliheft 1930)
DOI Artikel:
Strauß, Ludwig: Feuer
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.8888#0292

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Da erinnerte sie sich, wie sie als Kind ost so vor dem Herde gehockk und ins
Feuer geschaut hatke. Über alle Spiele liebke sie dies, nnd wenn die Gluk ihr
zu gering war, schleppke sie ihr Nahrung herbei, Holz, Papier und Lappcn,
ja einmal ein keures Spielzeug, ein hölzernes Pferdchen, das bunk bemalk
und stolz gezäumk den Weg in die Flamme ging. Jmmer schalk die Mukker
und strafke sie manchmal hark für das gefährliche Spiel, aber nach vielen
guken VorsäHen und Gelöbnissen kam auch immer wieder die Skunde, wo die
Lockung übermächkig wurde: Maria saß vor dem Feuer und sah Berge und
Burgen darin, Geflalken und Märchen, schmerzliche lliikergänge und wun-
derbare Verwandlungen. Sie machke sich ein Glückszeichen daraus, ob das
schon löschende Feuer noch einmal am neuen Skoff aufzulodern vermochke,
jammerke, wenn es qualmend versagke, und erwarkeke Fesle und Überraschun-
gen, wenn es doch sich belcbke. Auch im Hof, wenn sie allein war, oder im
Feld schleppke sie Skroh und Reisig zusammcn und ließ es flackern und freuke
sich, wenn der Wind ihre Flamme annahm und damik spielke. 2llö all dies
lange Vergessene wieder in ihr aufging, wußke sie auch, was für Erinnerung
beim großen Brand sie erfüllk hatke, und sie wünschke nun nichks anderes, als
die lebendige Gluk wieder im Herd leuchken zu sehn.

Der Base half Maria in der Küche. Die gewohnke Arbeik behagke ihr,
aber in Ungeduld warkeke sie auf den Augenblick, da sie mik dem Herd allein
blieb. Dann ließ sie sich vor ihm nieder, öffneke seine Tür und labke Auge
und Ohr am Wechsel der Flammen und am Prasseln des Holzes. Mik Men-
schen war sie immer workkarg gewesen, jehk war sie es mehr noch als früher;
mik dem Feuer redeke sie verkrauk und lange und sang halblauk die Lieder
ihrer Kindheik hinein. Manchmal Lräumke sie vom Brand, dann erwachke
sie und es likk sie nichk im Bekk. Sie schlich zur Küche, zündeke Feuer an
und gab sich ins Schauen. Hinhockend verfiel die Übermüde in Halbschlaf,
ihre Reden verwirrken fich, daß sie aufschreckend sich nichk verstand, aber
dann war es, als häkte das Feuer die irren Worke begriffcn, und gekröstek
schlich sie in ihre Kammer zurück und konnke schlafen.

Haus, Scheune und Skall standen wachsend in den Gerüsten, so wie Maria
es sich gewünschk hakke; doch sie nahm wenig Ankeil daran und überließ,
alles einzelne zu bestimmen, dem Sohn, der die Gleichgülkigkeik der Mukker
und ihr veränderkes Wesen bekümmerk und hilflos gewahrte. Der Brand,
hieß es bei Verwandken und Nvchbarn, habe Maria schwcrmükig gemachk.
Hfkers am Tage und cinmal in der Nachk, vom Geräusch der schleichenden
Schrikke erweckt, hakke die Base sie murmelnd vor dem Herd siHen sehen; da
sie aber ihre Arbeik vernünfkig kak, auch manchmal wie früher mit sicherem
Work am Gespräch Leilnahm, wurde aus dcr Wunderlichkcik nichk vicl We-
sens gemachk, und man erwarkeke, daß dic Zeik und die Wiederherstellung
des vernichkeken Hausstandes Marias Sinn schon zurechkrücken würden.

Es Lrieb Maria, dcm Feuer im ostenen Land ein Fest zu geben, wie sie als
Kind gekan hakke. Sie wolle die Schwester besuchen, sagke sie, die einige
Wegstunden enkfernk in einem benachbarken Tale wohnke und die sie lange
nichk gesehen hakke. Der Weg führke über einsame Waldhöhe, die in Schluch-
ten und Lichkungen Skäkken genug für die Flamme bok. An dem Einödhaus,
das auf dem Bergkamm lag, war Maria schon vorüber, als ihr in dcn Sinn

2^6
 
Annotationen