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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 43,2.1930

DOI Heft:
Heft 8 (Maiheft 1930)
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Stoessl, Otto: Erinnerung an Anton Faistauer
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https://doi.org/10.11588/diglit.8888#0103

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gemein als führenden österreichjschen Maler anerkannt und in einer sonst allen
Künsten ungünstigen Zeit auch wirtschasklich sichergestellt.

2lber zwischen diesen leHken zwei Jahren nnd der Mürzger Zeit lagen schlim-
mere. Ein altes Lungenleiden war wieder aufgetreten und nökigke Faistauer,
zwei Winter im Süden zu verbringen, wo er sich scheinbar ganz ausheilte.
Rcich war der Ertrag dieses Aufenthalts in Südtirol, an der Riviera, in
Ajaccio, zulcht im Sommer und Herbst in Ztalien. Die wnnderbare goldige
und silberige Lust, das sanste Mittelmeerklima lösten seine alpine Massigkeik,
lösten cine gewisse bisherige Starrheit seiner Flächen; über seinen Berg- und
Meerlandschasten, über seinen Bildern vom Gardasee, vom Marseiller
Hasen, von Städten und Landwinkeln des Südens, in venezianischen Beduken
liegt ein flüssiger Hauch, eine leichtc slrahlende, glückliche Akmosphäre, ein
zartes Hinüber und Hinaus der Räume, liegt eine unsägliche Transzendenz des
Ausdrucks „halkyonischer Tage". Aus dieser Zeit stammen auch seine besten
Stilleben, worin eine echt malerische Erotik der Farben die einfachen zusam-
mengcbrachten gewöhnlichen Dinge: Früchte, Blumen, Schalen, Gläser
leidenschastlich zum Wunder der Eristenz steigert und zusammenfaßt. 2luch
seine weiblichen Bildnisse atmen diese lyrische Fülle und enthusiastische Sansk-
heit, ohne wcichlich, ohne empfindsam zu werden. Zmmer bleibcn sie holdeste
Fdyllen der Frauendarstellung mit einem virgilischen 2lnklang und 2lusdruck
von Bukolik auch bei städtischen Wesen. Weniger kann ich mich mit seinen
Männcrporträks besreunden, sür die seine undramatische 2lrt nicht genug
innere Kraft und Divination seelischer Kämpse, geistiger Nöte mitbringt.
Nmr wo ein Gesicht, eine Figur feste Geborgenheit animalischer ITatur und
Stetigkeit ausdrückt, gerät ihm die Wiedergabe leicht und ganz. Er legke sich
manchmal auch durch gewisse Posen des Modells, wie etwa durch eine Prosil-
stellung, eine uunötige malerische Einschränkung auf, indem er die Wirkung
und Durchdringung des voll zugewendeken Gesichts, der charakteristischen
2lsymmetrien, dcr seelischcn Durcharbeikung, eben der dramatischen Spannung
vou vornherein zugunsten einer pragmatischen „Haltuug" hintansetzke. Bei
dem Bildnis Hofmannstals in der Wiener modernen Galerie zum Beispiel
benimmt er sich gewisse höchste Möglichkeiten der Wirkung, indem er dem
Modell, einer Halbsigur, den Hut aufsetzk. Dadurch entzieht er sich und uns
die volle 2lnsichk der Kopfsorm, des Zusammenspiels der Kräske einer
Physiognomie. 2lndere Znhalte, etwa Farbe, Mükeri'al des Hutes und die
durch ihn mikverursachte Färbung des Gesichts, verdrängen das cigentliche
Problem der Darstellung, und der Dichter bekommt einen gewissen modisch-
konvcntionellen Zug. Man muß sich nnr dem gegenüberhängenden weiblichcn
2lkt* zuwenden, um gleich wieder ins Freie der Natur, der Faistauerschen
Natur und seiner malerischen, menschlichen 2lussassung zurückzusinden. Es ist
wohl dcr schönste weibliche 2lkt, den Faistauer gemalt, und einer der schönstcn
überhaupk, dcn ein echter Kolorist, ein leidenschaftlich „Malverliebter", ein
Farbenmensch vollenden kann. Im warmcn bräunlichen Goldton des hoch-
ausgestützten Fraucnkörpers glühk venezianische Fülle.

In scinem leider viel zn wenig bekannten Buche „Mue Malerei in Hster-
reich"** hat Faistauer inik all sciner vorzüglichen Begabung auch sür den

vgl. unsere Abbildung. " Amalthea-Derlag, Wien.

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