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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 43,2.1930

DOI Heft:
Heft 9 (Juniheft 1930)
DOI Artikel:
Lesskow, Nikolai: Der ungetaufte Pope, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.8888#0211

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Einundzwanzigstes KapiLel

Der Pope Ssawwa, sagke sie, ist überhaupt kein Pope und kein Ssawwa,
sondern ein ungetaufter Mensch, und um diese Sache weiß ich allein in der
Welt. Alles fing dann't an, daß sein verftorbener Vater, der alte Dukatfch,
sehr böse war; niemand liebke und alle fürchteten ihn, und als ihm ein Sohn
geboren wurde, wollke niemand Gevatter sein, um sein Kind zu taufen. Der
alte Dukatfch lud den jungen Herrn vom Gericht und die Tochter unseres ver-
ftorbenen geiftlichen Vakers, niemand aber kam. Dann wurde der alke Dukatfch
noch böser auf das ganze Volk und den geiftlichen Vaker selbft, und wollte ihn
selbst nicht um die Taufe bikken: Jch komme, sagt er, ganz allein aus, ohne
sie einzuladen. Er rief seinen Neffen Agapka, der als Waise bei ihm wohnte
und ein Tölpel war, und ließ ein Paar Pferde anspannen und lud mich zur Ge-
vatterin: fahrt ihr, sagt er, Kerassiwna und Agap, in das fremde Dorf und
tauft mir heute mein Kind. Ilnd er fchenkte mir einen Pelz, aber Gott mit
ihm, ich habe jhn nach jenem Fall überhaupt nicht mehr angezogen; dahängterauch
jeHL noch ganz heil nach all diesen dreißig Jahren. llnd eines gebotmirDukatfch,
gib acht, sagt er, da Agap ein dummer Menfch ift, der nichts zn machen ver-
fteht, so fchau zu, richte es gut mit dem Popen ein, damik er dem Iungen, wo-
vor Gott uns behüte, nicht aus irgendeiner Bosheit einen unchriftlichen, fchwie-
rigen oder moskowitifchen Namen gebe. Wir haben grade Barbaratag, und
das ift sehr gefährlich, denn grade neben Barbara wohnk Ntkola, und Nikola
ift der Hauptmoskowit und will uns Kosaken nie eine Hilfe leißen, sondern
hilft immer ziehen auf der Moskauer Seite. Was da auch immer gefchehen
möge, auch wenn das Recht auf unsrer Seite ift, er aber geht und fchwaht
Gott dieses und jcnes vor und dreht alles den Russen zuliebe und wird seinen
Moskowitern heraushelfen und sie unterftühen, und die Kosaken kränken. Gokt
bewahre uns davor, daß wir unseren Kindern seinen Namen geben. Nun
wohnt aber hier neben ihm der heilige Ssawka. Dieser i'ft ein Kosak und will
uns sonderlich wohl. Mag er da sein wie er will, wenn auch nicht sehr an-
gesehcn, für seine Kosaken aber wird er einftehen.

Jch sage: Das ift so, nur ift er machtlos, der heilige Ssawka!

Dukatfch aber sagt: Tut nichts, daß er machtlos ift, dafür ift er aber äußerst
durchtrieben; wo es seiner Kraft nnßlingk, da wirft er sich auf die Schlauheit
und haut seine Kosaken fchon irgendwie heraus. Seine Kraft aber können wir
selbft ihm ftärken: wir ftellen ihm Kerzen auf und halten eine Messe ab; Gott
wird sehen, daß die Leute auch den heiligen Ssawka hochfchähen, und wird
ihm selbft Mnk einflößen und dann wird er auch Kraft gewinnen.

Ich versprach alles, um was Dukatfch mich bat. llnd wickelte den Kleinen in
den Pelz, hing nn'r sein Kreuz um den Hals, und wir sehten uns das Fäßchen
mit Pflaumenfchnaps zu Füßen und fuhren fort. Kaum aber waren wir eine
Werft weik gefahren, als der Schneefturm losbrach — man kann einfach nicht
fahren, sieht die Hand vor den Augen nicht.

Ich sage zu Agap: Wir können nicht fahren, laß uns umkehren.

Er aber hatte Angft vor dem Onkel und wollte um keinen Preis zurück. Mit
Gottes Hilfe, sagt er, kommen wir hin. Ob ich aber erfriere, oder der Onkel
nnch Lotfchlägk, ift mir einerlei.

llnd er Lreibt immer die Pferde an und wie er es sich in den Kopf gesehk, dabei
bleibt er auch.
 
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