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Kunstwart und Kulturwart — 27,1.1913

DOI issue:
Heft 3 (1. Novemberheft 1913)
DOI article:
Bestelmeyer, German: Industriebauten und Industrieland
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https://doi.org/10.11588/diglit.14287#0252

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ja auch verstandnisvolle Anerkennung gefunden. Man hat dort wie ander»
wärts erfaßt, daß den Industriellen selbst aus dem Zusammenwirken mit
den Künstlern sowohl bei ihren Fabrikationserzeugnissen wie bei der Anlage
ihrer Bauten die größten Vorteile erwachsen. Für den Fabrikherrn ist
eine gut in die Ilmgebung passende Fabrik mit prägnant sich dem Ge-
dächtnis einprägender Silhouette sicher auch eine bessere, eine nachhal-
tigere Reklame, als sie ausdringliche Reklameschilder an einem öden Fabrik-
bau bieten könnten. Sie gewährt einen Eindruck, der dem Beschauer er-
freulich ist, und der ihm bleibt.

Aber auch vom sozialen Standpunkt aus bedeutet eine ästhetische Lösung
für den Fabrikbau im Sinne des Heimatgedankens einen großen Fort-
schritt. Auch der einsache Arbeiter wird bei dem jedem Menschen inne-
wohnenden Schönheitsdrang eine belebende Wirkung verspüren, wenn ihn
seine Arbeitstätte nicht schon durch ihr Außeres abstößt und wenn eine
künstlerische Hand dafür gesorgt hat, auch dem inneren Organismus eines
solchen Fabrikbaues Schönheitswerte aufzuprägen.

Die Zeiten sind vorüber, da das Errichten von Industriebauten ohne
weiteres das Verderben dieser Gegenden mit sich bringen mußte. Man
kann schon sagen, daß gute Industriebauten einer Gegend ästhetische Werte
verleihen können. Kommen dazu vernünstig angelegte maschinelle An-
lagen, die in ihrem Maschinenstil an sich oft von eigenartigem Reiz
sind, so kann eine Gegend dadurch sogar ein künstlerisch sehr reizvolles,
eigenartiges Gepräge erhalten. Ob einem solchen Bilde dann das Prädikat
„schön" verliehen werde, das hängt davon ab, wie weit man in der
Genußfähigkeit des Neuartigen fortgeschritten ist.

Aber das ist so wichtig, daß wir's ja nicht vergessen dürfen: es eignet
sich nicht etwa jede Gegend für industrielle Anlagen. Es gibt Gegenden,
die bei Anlage selbst der besten Industriebauten für den Genuß der
erholungsbedürftigen Menschheit verloren gingen. Es gibt ferner durch
historische Bauwerke und Erinnerungen uns wertvolle Gegenden und
Städtebilder, wo schlechterdings ein moderner Industriebau wie ein greller
Mißton den Wohlklang des Gesamtakkordes vernichten würde. Bei diesen
Fragen des Heimatschutzes stehen alle, die sich als moderne Menschen
fühlen und denen es doch um die Erhaltung schöner Flecke unserer Heimat
zu tun ist, vor dem schwierigsten Problem.

Der Ruf nach gesetzlichem Schutz wird laut. Aber von der andern
Seite antwortet man ihm: das bedeute eine Knebelung, und die zerstöre,
auf die Dauer angewendet, die Entwicklungsfähigkeit unsrer Industrie.

Seit Iahren geht man der Frage vor allem auch in England nach:
wie der Beeinträchtigung der Umgebung der Fabriken durch Rauch- und
Abfallprodukte und Abwässer der Industrie begegnet werden kann. Schädigt
doch zum Beispiel der Rauch eines größeren Fabrikwerks auf mehrere
Kilometer im Bmkreis die Nadelholzwaldungen empfindlich, und die Ver-
unreinigung der Abwässer, die dann unsere Flüsse verpesten, hat sich
zu einer Kalamität schlimmster Art ausgewachsen. Technik und Gesetz-
vorschriften arbeiten gemeinsam daran, diese Znstände zu bessern. Wenn
erst die Technik der Lösung dieser Aufgaben ganz gewachsen sein wird,
wird auch der gesetzliche Schutz der Anwendung solcher Abwehrmittel
kräftiger ausgebaut und durchgreifend gehandhabt werden können.

Die Beseitigung all dieser mißlichen Begleiterscheinungen wird natürlich
Geldmittel erfordern. Sie aufzubringen, wird der Industrie noch leichter
 
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