Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstwart und Kulturwart — 27,1.1913

DOI Heft:
Heft 5 (1. Dezemberheft 1913)
DOI Artikel:
Geschenkgaben für größere Kinder
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14287#0441

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Geschenkgaben für größere Kinder

/^^ür Kinder bis zu zehn, zwölf Iahren macht die Auswahl von Weih--
^-M^nachts- und Geburtstagsgeschenken selten Schwierigkeiten, obwohl die
Wünsche oft ganz eigenartig sind. Da möchte das Madel von Herzen
gern eine Fußbank, genau so eine, wie die Mutter hat; und der Iunge,
der immer eine Menge Spielsachen bekommt, eine dicke Rolle Bindfaden.
Ein solches Bürschlein bestellte sich ein Stückchen Butter. Die Mutter
hatte Herz und Verstand genug, sie gab's. Und als es vom Weihnachts-
tisch lachte, war der kleine Kerl ganz selig. Warum sollte man so harmlose
Wünsche nicht erfüllen, auch wenn sie uns Große ein wenig komisch an-
muten?

Schwieriger wird's, wenn die Kinder „schon alles haben" oder wenn sie
ansangen, übers eigentliche Spielalter hinauszuwachsen. Dann kommen
Lltern, Onkel und Tanten, trotzdem die Industrie eine schier unerschöpfliche
Fülle von Weihnachtsgaben Hervorgebracht hat, nicht selten in Verlegen-
heit, was sie eigentlich schenken könnten. Für diesen Fall wollen wir
hier eine Reihe Dinge vorschlagen; aber nur solche, die die Iugend nicht
bloß erfreuen, sondern apch in der Entwicklung fördern.

In gewissen Iahren erwacht fast in jedem Kinde, besonders in jedem
Iungen» mehr oder minder heftig der Trieb zum Sammeln. Der Er-
zieher darf ihn nicht unbeachtet lassen; denn dieser Trieb kann ausarten
zu leidenschaftlicher Sammelwut mit all ihren bedenklichen Begleiterschei-
nungen; gut geleitet kann er aber auch gutes wirken. Ist der Trieb einmal
da, soll man ihn nicht unterdrücken, mag er auch seltsame Blüten treiben.
Auf keinen Fall sollten wir ohne weiteres Sammlungen zulassen oder gar
unterstützen, die mit Eingriffen in die lebendige Natur verbunden sind,
wie die von Vogeleiern, Schmetterlingen, Kafern und Pflanzen. Gerade
die gedankenlose Sammelwut der Iugend ist mit Schuld daran, daß
in der Nähe großer Städte Wiesen, Felder und Raine an Blumen und
Schmetterlingen immer ärmer, Bäche und Tümpel immer leerer von Fischen,
Salamandern, Libellen und anderem Getier werden. Dagegen wäre nichts
einzuwenden gegen eine Stein-, eine Blätter- oder eine Knospen-
sammlung. Blätter gibt's ja im Äberfluß, und sie erfreuen durch ihren
Reichtum an Formen und Farben. Knospensammlungen, die man auch
und gerade im Winter fördern kann, verlangen Maßhalten, weil sie an
Zweigen sitzen, regen aber sehr gut den Blick fürs Intime an. Pflanzen-
pressen, Herbarien, Schmetterlingsnetze und andere Fang- und Präparier-
geräte sollte man nicht als Weihnachts- oder Geburtstagsgaben wählen,
darüber müßten wir uns klarer werden, als die meisten sich schon sind.
Besser ist's, man lenkt den Sammeleifer der Iugend mehr auf Dinge, die
immer wieder ersetzt werden können, wie Brief- und Stempelmarken, Post-
karten oder Handschriften (Albumblätter). Durch ein gutes Sammelalbum
dieser Art — etwa für Ansichtskarten — kann man das Wissen der Iugend
auch bereichern und ihren Geschmack bilden. Nun gilt's, darauf zu achten,
daß die einzelnen Albumblätter aus gutem Papier hergestellt sind, daß
sie gute neutrale Farben (etwa graue, braune oder graugrüne Töne) als
wirksamen Hintergrund, aber keine aufgedruckten, verschnörkelten Um-
rahmungen haben. Nmrahmungen sind überhaupt überflüssig, zum mindesten
müssen sie so einfach in Form und Farbe sein, daß sie die Bildwirkung
nicht stören. Am besten läßt man sich eine Sammelmappe (oder einen

357
 
Annotationen