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Kunstwart und Kulturwart — 27,1.1913

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Heft 5 (1. Dezemberheft 1913)
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Zum Weihnachtsmarkt
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Vom Heute fürs Morgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14287#0543

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zeugnisse, welche die Phantasie unter im Grunde der einzige Weg> das

der Angst vor der Konkurrenz ge- Elend jener Heimarbeit aus der Welt

schaffen hat, kläglich ausnehmen- er zu schaffen. Und es ist zugleich ein

sollte auch Wert legen auf gediegene, Weg, unsre Ausfuhr an Spielzeug

feste Arbeit und dafür getrost ein und Christbaumschmuck wertvoller zu
Markstück mehr ausgeben. Es ist das machen.

Vom Heute fürs Morgen

Für die Zeit des Schenkens

(vr>ir Menschen wünschen Feste, um
^^aus dem Gleicherlei des Daseins
auf besondre Höhen zu treten. Alle
Lebenserhebung will aber erarbeitet
werden, und dabei strauchelt manches
aufrichtige Streben an der Mißach-
tung unscheinbarer Tatsachen. Auch
die Kunst des Feierns und Beglückens
hat psychologische Gesetze, wir könnten
manchemMißlingen vorbeugen, wenn
wir uns auf einige der einfachsten
besinnen wollten.

Die wirksamste Art, festliche Stim-
mung zu erzeugen, besteht ja zweifel-
los darin, daß wir Liebe und Zu-
neigung bezeugen durch Geschenke,
welche dann das Symbol unserer Ge-
sinnung sind. Lin Symbol erfüllt
aber nur seinen Zweck, wenn es der
Ausdruck innerer Aufrichtigkeit ist,
andernfalls wirkt es peinlich oder
lächerlich. Gib also zu festlicher Ge-
legenheit nichts in der Form von
Geschenken, was nicht aus der Ge-
sinnung des Schenkens kommt. Die
Wurzel von sehr viel Verstimmung
ist das „Getu". Hast du sogenannte
Geschenke zu leisten, die in Wahr-
heit pflichtgemäße Abgaben sind, so
gibst du sie am besten auch nur in
rein sachlicher Weise, nicht mit Zutat
von erheucheltem „Gemüt".

Sodann: Die Neigung des Näch-
sten hat nur dann Wert für mich,
wenn sie mir eine innere Bereicherung
bietet. Blinde Zuneigung ist ja nur
lästig. Das Geschenk, mit dem ich
meine Zuneigung symbolisch bekunde,

soll ihm gleichzeitig zeigen, daß ich's
mir nicht nur an Geld habe „etwas
kosten lassen", sondern auch an Be-
mühen, mich in die Persönlichkeit des
andern einzuleben, damit ich als der,
der ich eben bin, ihm förderlich sei.
Wie manche kostspielige Gabe läßt
kalt, während wie manche unschein-
bare Wärme ausstrahlen kann!

Schenken ist für den andern Emp-
fangen. Oft ist das Nehmen noch
schwieriger als das Geben. Eine
kleinliche Seele fühlt sich durch eine
größere leicht betroffen, dann stellt
sie sich zur Verteidigung auf ihre
kritischen Füße. Sie wägt den Geld-
wert des Geschenkes ab und überlegt,
wie sie sich „revanchieren" müsse oder
aber, beim Austausch, ob man auf
seine Kosten gekommen ist. Ein weit-
herziger Sinn dagegen nimmt jede
Gabe als das, wovon sie zeugt, er
freut sich also vor allem über den
Geber. Mangel an Verständnis für
die Bedeutung des Geschenks ist für
den Geber ebenso verletzend wie das
Abschlagen einer hilfreich dargebo-
tenen Hand, denn jedes aufrichtige
Geschenk ist ein Symbol der Opfer-
willigkeit. Wir wollen in freund-
lichen Gaben suchen, bis wir darin
die Seele des Spenders erkennen.

Die Gefühle und Stimmungen, mit
denen ein Geschenk vorbereitet wurde,
haften dem Gegenstande an wie ein
feines Fluidum. Deshalb erzeugen
lange vorbereitete und selbst gear-
beitete Sachen beim Verständnis-
vollen die reinste Freude, während
Geschenke, die in letzter Stunde in
 
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