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Kunstwart und Kulturwart — 27,1.1913

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Heft 1 (1. Oktoberheft 1913)
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Panzer, Friedrich: Jacob Grimm
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Nidden, Ezard: Ignorabimus
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https://doi.org/10.11588/diglit.14287#0022

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lichen Ursprungs sich rnoderner Forschung bestätigt. In der Sprachwissen-
schaft beruft eine neue Bewegung, die neben den Wörtern die Sachen mehr
berücksichtigen möchte, sich ausdrücklich auf seinen Namen. Auch wenn,
vor allem, gegenwärtig wieder ernsthafte Versuche gemacht werden, die
germanistische Wissenschast über die Erforschung von Sprache und Literatur
hinaus zu einer umfassenden Deutschkunde zu entwickeln, die alle Lebens-
äußerungen uuseres Volkes gleichermaßen würdigen möchte, so dars sie
auch da nur in den Spuren des großen Mannes wandeln, der uns zuerst
ein breites und genaues Bild unsres Wesens und unsrer geistigen Ge-
schichte gezeichnet hat. Rnd in seinem Namen wird es geschehen dürfen,
daß eine solche Deutschkunde im Nnterrichte der höheren Schulen unsrer
Iugend wieder ein großes, begeisterndes völkisches Ideal darreicht an
Stelle jenes sachte verblassenden, das früheren Geschlechtern die Antike ge-
geben. „Ich bin des sesten Glaubens," so sprach Iakob Grimm, „selbst wenn
der Wert unsrer vaterländischen Güter, Denkmäler und Sitten weit ge-
ringer angenommen werden müßte, als wir ihn gerecht und bescheiden
voraussetzen dürfen, daß dennoch die Erkenntnis des Einheimischen unser
die würdigste, die heilsamste und aller ausländischen Wissenschaft vorzu-
ziehen wäre. Auf das Vaterland sind wir von Natur gewiesen, und nichts
anderes vermögen wir mit unseren Gaben in solchem Maße und so sicher
begreifen zu lernen." Friedrich Panzer

Jgnorabirnus

^W^ubois-Reymond, der berühmte Forscher, Physiologe und Biologe
>-H^der Berliner Nniversität, hielt s872 in Leipzig vor Ärzten und
Naturforschern jene weithin schallende Rede, deren Ende war:
was Kraft und Materie seien und wie das Denken sich zu ihnen verhalte,
nie würden wir es wissen. Ignorabimus! Sein dichterisches Abbild,
Pros. vr. Dusroy-Rsgnier, Wirklicher Geheimer Oberregierungsrat, Exzel-
lenz, Rektor der Friedrich-Wilhelm-Nniversität, bildet eine der sünf Ge-
stalten, die Arno Holzens neues Drama tragen.* Nnd um das Leit-
wort des berühmten Mannes, das eine Lebens-, eine Weltanschauung
birgt, wütet der kurze aber von unerhörter Gewalt des Temperaments
und des Forscherdranges getriebene dramatische Kamps. Dusroy-Rsgniers
Gegner sind sein greiser Stiefbruder, sein Schwiegersohn und seine Tochter,
die Zwillingschwester der verstorbenen Gattin des Schwiegersohnes, zu-
gleich das Medium in dessen spiritistischen Sitzungen und Lxperimenten.
Dunkle alte, von Generationen her ererbte Geschicke lasten innerlich auf
den Personen, deren gemeinsames Kennzeichen geistige Regsamkeit, bei
den jüngeren geistige Verfeinerung und Lnergie, verbunden mit über-
zarter Nervenanlage ist. Entsetzliche Geheimnisse steigen aus der Ver-
gangenheit auf, Selbstvorwürfe, endloser tzaß, blindes Begehren wirken
nach. Der Tag des Dramas soll dem verwitweten Schwiegersohn des
Prosessors Dusroy, Prosessor Dorninger, die letzte endgültige Bestätigung
bringen für seine neue Auffassung der Tatsachen, worin das Vorhanden-
sein „übernatürlicher" Kräfte und rein spiritueller Geschehnisse den Angel-
punkt bilden. Mit zäher Leidenschast hat er Experiment an Experi-
ment gereiht, Schritt für Schritt sich ins Nnbekannte gewagt, und nun,

* „Ignorabimus"; Berlin. Die Wende einer Zeit in Dramen. (3. Teil).
Dresden, Verlag L. Reißner, sM. ^5^ Seiten, geb. 7,50 M.
 
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