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Kunstwart und Kulturwart — 27,1.1913

DOI Heft:
Heft 3 (1. Novemberheft 1913)
DOI Artikel:
Schmidt, Leopold: Ein Chopin-Buch
DOI Artikel:
Bestelmeyer, German: Industriebauten und Industrieland
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https://doi.org/10.11588/diglit.14287#0251

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ihm im einzelnen zustimmen oder nicht: unleugbar bleibt Weißmann in
seiner Art den Stoff zu behandeln immer fesselnd und anregend und ver--
liert über der Fülle des Gedankenmaterials nie sein Ziel aus den Augen,
uns ein klares, liebevoll und doch vorurteilslos gezeichnetes Bild des
Meisters zu geben. Weniger eine Biographie im schulmäßigen Sinne
ist dieses Buch als eine geistreiche Improvisation, in der jedoch mehr als
in andern Büchern, die über den Komponisten geschrieben sind, der Geist
Chopins selber lebendig wird. Leopold Schmidt

Jndustriebauten und Jndustrieland

^2^-s hat sehr lange gedauert, bis der Allgemeinheit die gähnende Ode
I^)^der Fabrikbauten überhaupt zum Bewußtsein gekommen ist, und
noch länger, bis sie erkannt hat, daß diese Häßlichkeit keine selbst«
verständliche Notwendigkeit war. Seit aber in allerletzter Zeit auch durch
die Tat das Gegenteil bewiesen wurde, ist überraschend schnell die For--
derung, daß Ingenieurbauten ästhetischen Ansprüchen genügen müssen,
für weite Kreise zur Selbstverständlichkeit geworden.

Am den neuen Bedürfnissen des Industriebaus zu genügen, sind wir
zu einer reinen Zweckmäßigkeitsform gelangt, sie ist das einende
Element, über das hinweg sich Kunst und Industrie versöhnt die Hand
reichen könnten. Die Fabrikbauten der Peter Behrens, Muthesius, Riemer--
schmid, Pölzig und andere sind Merksteine in der Entwicklung der
Industriebaukunst: wir können in ihnen das Problem des heutigen In--
dustriebaues als gelöst betrachten.

Im Zusammenhang einer großstädtischen Amgebung oder mit andern
industriellen Anlagen wirken solche Bauten ohne weiteres überzeugend.
Aber wie wirken sie im Dorf? In einem alten, gut erhaltenen Dorf mit
charakteristischer Bauweise? Wir brauchen das nur zu fragen, um die
Schwierigkeiten zu sehn. Der Gegensatz zwischen der nüchternen Zweck--
mäßigkeitsform der Industriebauten und den alten Bauernhäusern ist un-
vermittelt, ist unerträglich hart. Besonders wenn auch noch die Verschieden--
heit der Größenverhältnisse drückend sür das Alte dazukommt.

Bei Lösung dieser Seite des Problems wird zunächst die Wahl des
Materials, die gerade beim Industriebau zur Lösung im Sinne eines
Materialstils hindrängt, wichtig sein. Hierbei kann wirklich aus die Land--
schaft oder die ortsübliche Bauweise der Gegend ohne Schaden der Ent--
wicklung einer gesunden Industriebaukunst gebührende Rücksicht genommen
werden. Wenn ihr gelingt, unbeschadet der Zweckmäßigkeit im wesentlichen
mit den Materialien der bodenständigen Banweise ihre Bauten auszu-
führen und durchzuführen, so ist für den harmonischen Zusammenklang
mit der Amgebung schon viel gewonnen. Dies liegt ja auch im Vorteil
der Industrie selber. Denn die bodenständigen Materialien der orts-
üblichen Bauweise entsprechen der Rücksicht auf das Klima und sind
meist aus der Nähe, also auch billiger, zu beziehen.

Heimatschutz verlangt also vom Industriebau, daß er schon in seiner
Gesamtdisposition den Fabrikationsgedanken von vornherein klar zum Aus-
druck bringe und daß dabei, soweit dies mit diesem Prinzip vereinbar
ist, auf das maßstäbliche Verhältnis zur limgebung und auf die Boden-
ständigkeit der Bauweise gebührend Rücksicht genommen werde. In den
Kreisen der Industriellen hat die Berechtigung der Heimatschutzbewegung
 
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