Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstwart und Kulturwart — 27,1.1913

DOI Heft:
Heft 1 (1. Oktoberheft 1913)
DOI Artikel:
Schmidt, Karl: Gedanken für eine neue Ausstellung
DOI Artikel:
Grupe, Margot: Verzierungskunst in der Nadelarbeit
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14287#0039

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
alle Speisen in vorbildlicher Zubereitung, aber alle mechanisch und fabrik-
mäßig in der bisherigen Art behandelten und bereiteten Speisen und Ge-
tränke müßten vermieden werden. Die Mehrzahl der modernen Menschen
will vou den großen, langweiligen „Diners" nichts mehr wissen^ viel Salate,
Gemüse, große Schüsseln Früchte und Sauerbrunnen müssen auf den Tischen
stehen. Selbstverständlich dars es keinen Alkoholzwang geben. Auch Ruhe-
räume sind unentbehrlich.

Statt Dienern führen junge Kunstgewerblerinnen die Aufsicht, die alle
geschmackvoll gekleidet sind. Sie müssen vorher gut unterwiesen und
vorbereitet werden, so daß das Publikum verständnisvolle Auskunst erhält,
möglichst auch englisch und französisch. —

Einer der grundlegenden Denker auf diesem ganzen Gebiet ist Berlage.
Lr hat drei Vorträge in französischer Sprache über diese Frage in Brüssel
gehalten. Vielleicht ließe er sich veranlassen, diese Vorträge ins Deutsche
zu übersetzen und als Propagandaschrist für die Ausstellung umzuarbeiten.
Damit bekäme man eine ebenso erlaubte, wie wirksame Reklame für
die Zeitungen. Diese braucht man um Ausnahme kaum zu bitten, denn all
diese Fragen interessieren ja jeden Leser und somit jede Schriftleitung.
Man sollte auch Männer wie Avenarius, Behrens, Robert Bosch, Karl
Bücher, Theodor Fischer, Lornelius Gurlitt, Adolf Hildebrand, Ioseph
Hoffmann, Krupp, K. Lamprecht, Muthesius, Friedr. Naumann, Ostwald,
Bruno Paul, Rathenau, R. Riemerschmid, Schuhmacher, Stinnes, Adolf
Vetter um ein kurzes Gutachten über die Idee, Typen zu schaffen, ersuchen,
mit der Bitte, dieses in den Zeitungen veröffentlichen zu dürfen.

Während der Hygieneausstellung in Dresden haben dort etwa 200 Kon-
gresse stattgefunden. Auch zu dieser Zukunftsausstellung muß man so viele
Tagungen ziehen, als möglich. Gelingen kann das aber nur, wenn alle
Körperschaften die Ausstellung für wichtig genug halten. Doch meine
ich, eine solche Ausstellung, wie unsere Zeit sie verlangt, müßte ein Er-
eignis von großer Tragweite werden und zugleich ein Schritt auf dem
Wege zu einem deutschen Stil. Man wird von diesen Gesichtspunkten
aus der deutschen Werkbundausstellung Köln mit besonderen Er-
wartungen entgegensehen dürfen.

Hellerau KarlSchmidt

Verzierungskunft in der Nadelarbeit

>^-^.enn mir von einer Familie lobpreisend erzählt wird, was sie für
H^wunderbare Handarbeiten macht, „alles bei ihr ist voll der schönsten
-^^^Stickereien^, dann vermeide ich mit Sorgfalt die Bekanntschaft dieser
Leute, während ich mir eine Häuslichkeit sehr sympathisch ausmale, deren
Mutter seufzend sagt: „Meine Töchter haben leider so gar keine Lust zur
Handarbeit." Denn es ist dringend zu vermuten, daß jene erste Familie
in jeder Sofaecke ein Prunkkissen hat, das geschont werden muß, eins
Bauernblumen, eins Rokokoschnörkel, über der Chaiselongue einen Wand-
behang mit Seerosen im Iugendstil oder auch gemischte Iapan- und
Naturmotive. Sie hat Tischläufer, die zwischen leckeren Früchten die
Gastlichkeit in Reimen preisen, und Kaffeemützen, die zur Erklärung ihres
Daseins mit einer Tasse bestickt sind, sie hat Brotbeutel, die mit einer
Brezel, und Schuhtaschen, die mit einem Pantoffel verziert sind. Die
Wohnung der stickenden Familie ist eine Modenschau der letzten zehn
Iahre. Bei der nichtstickenden dagegen schaut es nicht so nerven- und
 
Annotationen