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Kunstwart und Kulturwart — 27,1.1913

DOI Heft:
Heft 1 (1. Oktoberheft 1913)
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Schmidt, Karl: Gedanken für eine neue Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.14287#0038

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mit ihnen neuerdings verbündeten Händler vorbereiten, sowie die Gegen-
stände selbst. Alle Waren in Schokoladen-, Kakao- und Getränksabriken
werden nur in wirklich geschmackvollen Packungen und Flaschen geboten.

Die Schaufenster werden ganz einfach behandelt, so wie es etwa vor
sOO Iahren geschah, nur farbiger und dekorativ wirksamer. Für ihre Aus-
schmückung zieht rnan die geübtesten Leute, Frau Oppler, Fräulein von
Hahn, Lucian Bernhard usw. heran.

Wie reizvoll kann Material gezeigt werden, zum Beispiel Bücher, zu
denen man schreibt: dieses Buch ist 600 Iahre alt und hat gekostet . . . .
Mark, nach dem heutigen Wert kostet es .... Mark. Dieses Buch ist
300 Iahre alt und hat gekostet, dieses sOO, und dieser Schund ist zwei
Iahre alt und hat gekostet .... Mark. — Dann Holz: Eichenholz in ver-
schiedener Güte von ssO Mark bis s80 Mark, Mahagoni in Preislagen
von 80—300 Mark usw. — Holz, naturfarbig, neu, nach 5 Iahren, nach
sO Iahren, Holz, gebeizt, neu, nach 5 Iahren, nach sO Iahren, Holz, ge-
gerbt, neu, nach 5 Iahren, nach sO Iahren. Ein besonderes charakteristisches
Brett und zu seiner Maserung die Geschichte des Baumes, von dem
es stammt. Entsprechend mit Leder, Bucheinbänden, Stofsen usw. Line
Maffei-Lokomotive, einen guten Bahnwagen, ein ausgezeichnetes Automobil
und eine schöne Flugmaschine. Als anregende und unterhaltende Zutat:
die Gebrauchsgegenstände eines vornehmen Griechen, eines Deutschen aus
dem Mittelalter und die eines modernen Mannes, einschließlich Auto usw.

Rm das unverstandene und gefälschte Fremde, „Historische",
Modische in seiner Wertlosigkeit zu zeigen, stellt man einen Gegenstand
aus Paris aus, wo er noch in einem geschichtlichen Stil gemacht wird, da-
neben einen derselben Art, aber einen guten, modernen deutschen. Eine
italienische Kitsch-Marmorfigur, wie sie in Brüssel noch hundertfach von
„klassisch gebildeten" Deutschen gekauft wurden, daneben eine herbe, schöne,
gediegene,- auch einen Submissionsgegenstand, wie ihn das Königreich
Preußen und andere Länder für irgendwelche Zwecke kaufen, daneben den
gleichen Gegenstand in anständiger Arbeit, wie er aussehen sollte; dazu
die Preise.

Wie reizend könnte ein Variets sein, in dem alles geschmackvoll und
taktvoll wäre. Wir haben Künstler, die sich trefflich zu einer solchen Aus-
stattung eignen, zum Beispiel Lucian Bernhard, Campbell. Ein geeigneter
Anternehmer führt es während der Ausstellung, um nachher damit zu reisen.

Noch eine wichtige Abteilung: „Güte der Ware und Arbeitslohn",
um Sozialpolitiker und Arbeiter zu überzeugen, daß gute Arbeit das
richtigste und wirtschaftlichste ist. Die Gegenstände werden in verschie-
denen Ausführungen ausgestellt und mit Preisen, Löhnen usw. versehen.
Ahnlich wie es der Stahlwerksverband in Leipzig getan hat, werden Tafeln
aufgehängt mit „Materialergiebigkeit der Erde", „jährlicher Verbrauch
an Rohmaterial", um zu veranschaulichen, wie die Gegenstände teurer
werden müssen, als sonst nötig, wenn man zu viel Material, und wenn
man es schlecht verarbeitet und damit Raubbau für die Zukunft treibt.

In den Wirtschaften der Ausstellung gibt es nur tadelloses Geschirr,
Speisekarten in gutem Deutsch, Angestellte in vorzüglicher Kleidung. Auf
den Tischen stehen gute, verkäufliche Vasen, vorbildlich mit Blumen gesüllt.
Wenn man den geeigneten Mann findet, wäre es ein empfehlenswerter
Versuch, in einer Wirtschast nur beste Lebensmittel zu bieten: hausbacken
Brot, hausschlachtene Wurst, eine wirklich gute Bauernbutter, reinen Honig;

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