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Kunstwart und Kulturwart — 27,1.1913

DOI Heft:
Heft 5 (1. Dezemberheft 1913)
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Schmidt, Leopold: Meyerbeeriana
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Popp, Joseph: Vom Kaufen und Schenken edler Ware
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https://doi.org/10.11588/diglit.14287#0431

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ihn hat Meyerbeer nnr selten verstoßen, mag er auch in den Konzessionen
an den Musiker weiter gegangen sein als andere. Vergleicht man ihn mit den
Opernkomponisten seiner Zeit, so bedeutet sein Schaffen — z. B. den Italienern
gegenüber — einen entschiedenen Fortschritt nach der Seite des Dramatischen.
So auch nur konnte er seine reichen Sonderkünste der orchestralen Farben-
gebung, des pathetischen oder frei deklamatorischen Gesanges, der formalen
Meisterschaft im Aufbau großer Ensembles der späteren Lntwicklung frucht-
bar machen. Aber auch wenn wir die ihm folgende Epoche und die Gegea-
wart vorurteilslos prüfen, sehen wir die „dramatische Wahrheit" häufig
genug am Wesen der Oper scheitern. Das Meyerbeertum, über das man
den Stab gebrochen, lebt noch heute unter den Schaffenden weiter. Mancher
von ihnen, der den Meifter vielleicht am lautesten schmäht, hat ihm die Mittel
entwendet und kämpft, bewußt oder unbewußt, mit denselben Waffen.

Nein, nicht Theorien und Anfchauungen haben den Schöpfer der „Huge-
notten" überwunden, sondern die alles vertilgende Zeit. Nicht weil er un-
ehrlich oder dramatisch unwahr ist, gehört er nicht mehr zu den Helden des
Tages, sondern weil wir seinen musikalischen Stil nicht mehr mögen, weil
die Lntwicklung andere Ausdrucksformen an die Stelle der seinen gesetzt hat.
Damit ist freilich gesagt, daß er nicht einer von denen war, die alle Zeiten
überdauern. Wo es ihm aber vergönnt war, einen Gipfel zu erklimmen, wie
etwa im vierten Akt der „Hugenotten", wo sich seine seltene melodische Gabe,
die Genialität seiner Einfälle und sein sicherer Bühneninstinkt mit seiner tech-
nischen Meisterschaft in einer Stunde der Infpiration verbanden, da entstan-
den Dinge, die noch heute mit unverminderter Kraft wirken und ihn neben
die großen Erfinder stellen. Auch das ist nicht zu übersehen, daß in der
Mehrzahl seiner Werke ein stark ethischer Geist waltet. Das Frivole wird
wohl dargestellt, aber im Gegensatz zum Göttlichen, das es richtet. Dieser
Zug stimmt überein mit dem, was wir von der menschlichen Persönlichkeit
Meyerbeers wissen. Sonderbarerweise ist noch nie darauf hingewiefen, wie
er, der mit schwärmerischer Verehrung an seiner Mutter hing, auch in der
Musik als SLnger der Mutterliebe (im „Robert" wie im „Prophet") auftritt.

Meyerbeer hat in seinem Leben Erfolge wie kein zweiter deutscher Kom-
ponist seiner Zeit geerntet. Die Nachwelt hat ihn dafür in den Schmutz ge-
zogen. Allgemach aber sollte man es aufgeben, Vorurteile und leere Phrafen
nachzubeten, die dem Parteigeist ihren Arsprung verdanken, man sollte die
Stellung Meyerbeers in der Geschichte und seinen Einfluß ruhig anerkennen
und sich die Freude an dem Schönen und Bedeutenden, das er geschaffen,
nicht weiter rauben lassen. Das Dejnkmal, das vorurteilslose Männer und
ein Rest dankbarer Verehrer ihm jetzt in seiner Vaterstadt errichten wollen,
wäre besonders freudig zu begrüßen, wenn es für das Anbrechen einer
solchen Zeit gerechterer Würdigung zeugen dürfte. Leopold Schmidt

Vom Kaufen und Schenken edler Ware

^^^urch die Macht, die der KLufer in seiner Nachfrage und Auslese des
^-F^Gebotenen ausübt, kann heute jeder, vom Reichsten bis zum bescheiden-
^^sten Arbeiter, mithelfen unsere Geschmackskultur zu heben und unsere
Produktion zu der Edelware zu steigern, die allein eines gebildeten Volkes
würdig ist, und die allein uns auch weltwirtschaftlich sördern kann, weil nur
der Edelware die Zukunft gehört.
 
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