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Kunstwart und Kulturwart — 27,1.1913

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Heft 5 (1. Dezemberheft 1913)
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Zum Weihnachtsmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.14287#0542

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Münchner Bund mit Firmen aus
vier großen händlerverbänden ver-
einigt haben, um den besten Arbeiten
der deutschen gewerblichen Produktion
auch den besten Absatz zu verschassen,
sie hat ihre ersten Ausschüsse nun be-
reits bei der Arbeit. Auch bei eisrig-
ster Bemühung wird aber das „Deut-
sche Warenbuch" erst im nächsten Iahr
erscheinen können, und der Vertrieb
in den angeschlossenen Geschäften
kann ja erst dann eingerichtet werden.
Bis dahin wird die „Gemeinnützige
Vertriebstelle deutscher Qualitäts-
arbeit" in Dresden-Hellerau im we-
sentlichen auf Rechnung der Dürer-
genossenschaft den Absatz guter Waren
vermitteln. Zu ihrem großen allge-
meinen Kataloge ist jetzt noch ein be-
sondrer über Spielsachen gekom-
men, der für 50 Pf. zu beziehen
ist. Wir bitten unsre Freunde, bis
die Dürergenossenschaft selber öffent-
lich arbeiten kann, die „Gemein-
nützige Vertriebstelle deutscher Qua-
litätsarbeit" in Dresden-Hellerau
recht viel zu benutzen. Ausstreuungen
unsrer guten Freunde haben zwar
teils behauptet, teils angedeutet, daß
auch damit von uns Dürerbund-
leuten Privatgeschäfte gemacht wür-
den, aber auch das ist eben Schwin-
del: Es ist satzungsgemäß festgelegt,
daß von einem etwaigen Gewinn-
anteil des Dürerbundes auch nicht
eine Mark einem einzelnen Beteilig-
ten, daß alles bis auf den letzten
Pfennig restlos für gemeinnützige
Arbeiten verwendet werden muß.

Weihnachtenund die deutsche
Ausfuhr

Auch etwas über Spielsachen

m Iahre W2 ist aus dem Deut-
schen Reich für mehr als 92
Millionen Mark an Kinder-
spielzeug und Christbaum-
schmuck ins Ausland verkauft und
nur für wenig über eine Million
Mark eingeführt worden. Die größ-

ten Abnehmer für diese Waren sind
die Vereinigten Staaten von Nord-
amerika, sie kauften uns für etwa
28 Millionen Mark ab, ferner Groß-
britannien mit fast 23 Millionen
Mark. In weitem Abstand folgt
Frankreich mit sechs und einer halben
Million, Österreich-Ungarn, das selbst
viel Spielzeug herstellt, mit fast vier
Millionen. Die kleine Schweiz mit
über zwei Millionen bezieht von uns
fast ebensoviel Spielzeug und Lhrist-
baumschmuck wie das ganze Italien.
Siedelungsländer, in denen viel
Deutsche wohnen, kaufen gleichfalls
eine verhältnismäßig große Menge
von deutschen Spielwaren und von
Ehristbaumschmuck: nach Argentinien
wanderte für 2335 000 Mark, nach
Brasilien für s 709 000 Mark. Bei
den Deutschen und den Angelsachsen
ist Weihnachten ein Kinderfest, das
drückt sich in diesen Zahlen aus. Ilm
wieviel Millionen niedriger würden
die genannten Summen sein ohne
Weihnachten!

Ein großer, vielleicht der größere
Teil jener Waren ist Heimarbeit.
Und darin wieder steckt der Haus-
fleiß vieler armer Gebirgsdörfer.
Für diese Arbeiter ist es besonders
schlimm, daß ihre Erzeugnisse auf
einen großen Markt kommen und
damit von der Iagd auf den billigsten
Preis und nach dem „allerneusten"
Muster erfaßt werden. Wie sollen sie
den geringeren Preis durch „ver-
besserte Produktionstechnik" aus-
gleichen? Woher sollen sie immer-
fort „Neuigkeiten" nehmen? Sie
müfsen's aber, obgleich gerade auf
diesem Gebiet die Nouveautssucht am
allersinnlosesten ist. Für das Kind
sind ja doch die alten Muster an
jedem Heiligen Abend wieder neu.
Wer Verantwortlichkeitsgefühl für
sein Volk hat, sollte diesen Rummel
nicht mitmachen, sondern gerade Wert
legen aus die alten Muster, in
denen soviel freundliche Volksphan-
tasie steckt, gegen die sich die Er-

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