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Kunstwart und Kulturwart — 27,1.1913

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Heft 5 (1. Dezemberheft 1913)
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Unsre Bilder und Noten
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https://doi.org/10.11588/diglit.14287#0562

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freilich vor allen. Ls wäre die Frage, ob man ihn im Sinne dessen, was
wir heut unter Zeichnung verstehen, einen Meister der Zeichnung nennen
könnte. Seine „Hand" — darunter verstanden, was schon Dürer drunter
verstand, als man die bekannte Notiz unter Raffaels geschenkte Studie
setzte —, seine „Hand" ist weder leicht noch an sich ausdruckgewaltig, ist
eher ein wenig zag und erstrebt auch durchaus nicht den berühmten „großen
Strich". Von welchem Adel aber ist seine Auffassung! Der Vorgang
der Vergeistigung ist schon mitten im Arbeiten. Wir erkennen die sanften
Züge der Lucia sosort wieder, aber der Geist'des Griechentums wohnt schon
in ihnen. Das Haar, das Wenige von Gewandung, das zu sehen ist, vor
allem die Haltung, alles durchfließt und wandelt er fein, aber bewältigend
um. — Das Bild ist eine Verkleinerung nach unsrer Feuerbach-Mappe.

Rudolf Schäfers „Wir wollen seine Krippe schmücken" gehört zu
einer Anzahl Schäferscher Blätter, die jetzt von der Gustav Schloeßmann-
schen Verlagsbuchhandlung in Hamburg zusammen mit guten Sprüchen
als Wandsegen herausgegeben sind. Wir empfehlen sie; unsre Leser wissen
ja, was wir von Schäfers Zeichnungen halten, und zwar ganz besonders
von diesen älteren.

Lin andres Bild zeigt dann Peter Philippi. Vielleicht ist es nicht
einmal so gut, wie die in der „Philippi-Mappe" des Kunstwarts ge-
sammelten Köstlichkeiten, man braucht's aber nur näher anzusehen, dann
findet man auch aus ihm jene humorvolle Liebe zum Ding, die Philippis
Schilderungen des altväterlichen Kleinbürgertums so geradezu einzig macht.
Die kaufende Madam: dieser Hut, dieser Mantel mit dieser Manteltasche,
dieser Schirm, dieser gefältelte Rock — ja, da ist er, der Philippi. Hinten
die Frau, die in die wärmende Tasse pustet, vor ihr das Holzroß usw. —
freilich, das ist er.

Mit Ernst Penzoldt stellt der Kunstwart dieses Iahr wieder einen
neuen Schattenschneider mit einer besonderen Mappe dem verehrlichen
Publico vor. Wir kommen auf diesen vielseitigen Künstler noch zurück,
geistig genommen, wenn man so will, einen Vetter der Stamm. Anser
„Berg" spricht für sich selber. Die Mappe „Allerlei Humore" kommt sicher
noch vor Weihnachten heraus.

Streubilder im Text bringen wir dieses Mal, abgesehen von den Losen
Blättern, wo sie in dem Zusammenhang mit dem Text gehen, nicht gar zu
viele, damit das Heft sein Gesicht als Kunstwartheft nicht verliere. Das
von Rbbelohde, die „Iungfrau mit dem Bart" am Kreuz, ist eine Probe
aus Grimmschen Sagen, wie sie jetzt bei Abel und Müller in Leipzig
erschienen sind. Die köstliche „Begegnung" hat Wilhelm Stumpf so
für die „Alpenmärchen" des Holbein-Verlages gezeichnet. Die Schatten-
bildchen von MinnaSaalwächter gehören zu den RückerHchen Märchen
des Wanderer-Verlags in Magdeburg. Durchs Heft gestreut sind eine
Anzahl Vignetten von Alphons Woelfle, die den bei Albert Langen
schon früher erschienenen „Vergessenen Liedern und Versen" entnommen
sind, die unser Weihnachtskatalog anzeigt. Auch die Bildchen aus der
neuen Brillat-Savarin-Ausgabe des Insel-Verlags werden unsre Leser
erheitern.

c^nsere Notenbeilage bringt heute das Lied eines lebenden, doch dem Be-
^wußtsein der Sffentlichkeit entschwundenen Komponisten. Peter Gast ist
still und stiller geworden, nachdem er einst in den musikalischen Wettbewerb
tapfer miteingegriffen hat. Er lebt in der Erinnerung als der Freund
 
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