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Münchner kunsttechnische Blätter — 9.1912/​1913

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Nr. 1
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Wirth, Albert: Maltechnische Betrachtungen, [1]
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München, 1. Okt. 1912.

Behage zur „Werkstatt der Kunst" (E. A. Seemann, Leipzig).
Erscheint t4tägig unter Leitung von Maier Prof.Ernst Berger.

!X. Jahrg. Nr.i

Inhait: Maitechnische Betrachtungen. Von Prof. Aib. Wirth-Berlin. — Die Perspektive in der Biidnismaierei.
Von Theodor Wedepohi. — Ueber die Hersteihing des Bieiweisses. — Zur Frage des Punischen
Wachses. Von E. B.

Maltechnische
Von Prof. Aib.
Motto: Prüfet alles und das Beste behaltet.
Viei ist schon geschrieben worden über Mittei
und Wege, die Lücken auszufüiien, weiche sich
bei den Künstiern zeigen in Beziehung auf Wissen
und Ausübung der praktischen handwerklichen
Technik des Malens.
Es ist nicht abzuleugnen, dass sich in letzter
Zeit doch manches gebessert hat durch Be-
mühungen der Hochschulen und Persönlichkeiten,
welche bestrebt sind, die vorhandenen Mängel
zu beseitigen sowie auch der Fabrikanten, welche
in ihrem eigenen Interesse Fühlung suchen mit
der Künstlerschaft.
Dass dies alles nicht so schnell geht und
auch nicht gleich die Art und Weise dazu ge-
funden wird, welche den schon lange im stillen
grassierenden Uebeln abhelfen soll, liegt in den
Verhältnissen der Jetztzeit.
Manche glaubten durch eine Rückkehr zum
Handwerksbetrieb, Lehrzeit und ähnlichem Ver-
hältnis die Garantie zu technischer Geschicklich-
keit zu finden.
Der Wunsch liegt nahe, aber unser heutiges
Kunststudium, unser ganzes System von heute
auf allen Gebieten, das System der getrennten
Arbeit, des Spezialfaches in jedem Beruf macht
dies einfach unmöglich. Die geteilte Arbeit hat
aber jedenfalls das gute, dass gerade auf den
Gebieten Bedeutendes geleistet wird.
Es ist auch im handwerklichen Fach so. Ich
erinnere mich noch aus meiner Lehrzeit (ich fing
als Malerlehrling an), dass der Dekorationsmaler
alles — lernen musste: Anstreichen, Holzmalen,
Marmormalen, Ornamentzeichnen und -malen, Schab-
lonenschneiden, Lackieren — Vergolden, Firmen-
schreiben usw.
Ich freue mich heute noch darüber, obgleich

Betrachtungen.
Wirth-Beriin*).
es mir nicht sehr angenehm war, vom Gymnasium
weg in den Handwerksbetrieb hineinversetzt zu
werden. — Allerdings waren in Süddeutschland
damals wenigstens die Hauptfächer getrennt, d. h.
es gab Tüncher, Anstreicher und Dekorations-
maler.
Es wurde viel gemalt, und da musste der
Dekorationsmaler der vielseitigste sein. Auch
unsere Exzellenz A. v. Werner schrieb noch vor
kurzem, dass ihm die Arbeit in der Lehrzeit
nicht geschadet hätte.
Als ich nun mit 18 Jahren in Paris mein
Glück versuchte, woselbst ich bei Tag als Deko-
rationsmaler arbeitete und abends eine Schule
besuchte, staunte ich, als ich den Betrieb ganz
anders fand. Was bei uns der Malermeister war,
war dort ein Entrepreneur (Unternehmer), der oft
gar kein Maler war. — Dieser hatte in jedem
Bau einen Contre-maitre (Parlier, Polier). Dieser
Contre-maitre teilte die Arbeiten ein. Zuerst
kam der Peintre en batiment (Anstreicher), dann
der Maler für Faux-bois (Holzmaler), dann der
Marbreur (Marmormaler), jetzt der Peintre-en-
decors (Ornamentist) und zuletzt der Peintre-
artiste (Kunstmaler) für Blumen und Amoretten.
Das war in den Jahren 1868 und 1869. Heute
ist es hier auch so.
Das hatte zur Folge, dass ausgezeichnete und
durchschnittlich gute Arbeit geliefert wurde; aber
auch, dass überall die Leistungen sich glichen,
wie ein Ei dem andern.
Auch heute können wir sehen, dass Maler-
*) Anmerkung. Herr Prof. Alb. Wirth, be-
kanntlich der Leiter des maltechnischen Unterrichts
an der Berliner Kunstakademie, hat uns den obigen
Aufsatz übersandt und seine weitere wertvolle Mit-
arbeit freundiichst in Aussicht gestellt.
 
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