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Münchner kunsttechnische Blätter — 9.1912/​1913

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Nr. 2
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Berger, Ernst: Neue Gutachten über die römisch-pompejanische Wandmaltechnik, [8]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36589#0013

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Manchen, 28. Okt. 19%.

Behage zur „Werkstatt der Kunst" (E. A. Seemann, Leipzig).
Erscheint <4tägig unter Leitung vcn Maier Prof. Ernst Berger.

IX. Jahrg. Nr. 3.

Inhait: Neue Gutachten über die römisch-pompejanische Wandmaitechnik. VI. Mitgeteiit
Perspektive in der Biidnismaierei. Von Theodor Wedepohi. (2. Fortsetzung.) -
der Anatomie. Von Fr. Ph. Schmidt. — Literatur.

von E. B. — Die
- Ein Meisterwerk

Neue Gutachten über die römisch-pompejanische Wandmaltechnik. V!.*)
Mitgeteiit von E. B.

Von Herrn Geh. Hofrat Prof. Herrn. Preli,
Dresden, bekanntlich einer unserer hervorragend-
sten Freskomaier, ist mir foigendes Schreiben zu-
gegangen:
Dresden, den 20. September I$12.
Sehr verehrter Herr Kollege!
Die schwere Sommerarbeit im neuen Rat-
haus ist erledigt; ich iese sehr verspätet Ihre
neuen Kämpfe um das antike Fresko in der
„Werkstatt der Kunst"; wiil nach dem Süden,
habe weder Ruhe noch Zeit, um für Sie die
Lanze zu brechen, zu der mich das alte ge-
meinsame Interesse verbindet. Dennoch erleichtert
es vieiieicht Ihren Stand, wenn ich ausspreche,
das ich zu völlig gleichen Resuitaten
gelangt bin, wie Sie in Ihrer vorzüg-
lich begründeten Theorie von der
Stukkoiustrotechnik.
Die Gegner derselben kommen immer wie-
der auf das Schwierige, Spröde der Fresko-
technik zurück. Keiner von ihnen ist Fresko-
maler; keiner kennt genügend diese geschmei-
tgste, willfährigste, vieiseitigste aiier Wand-
techniken, und die geheimnisvollste. Giotto hat
sie benutzt wie die Maier katexochen Tizian,
\ eronese. Surrogate sind immer wieder aufge-
geben worden. Spezieli das antike ist durch
nichts zu eri eichen. Tempera lässt sich lackieren,
aber nie in dem Masse glätten und polieren;
geglättete und geriebene Wachsfarbe ist immer
branstig und ölig; beiden fehlt der Charakter
..spiegelnden Steins" der Pompejifresken
durchaus.
Natürlich kann man in jeder Technik alles
*) Vgl. die Gutachten in Nr. 4, 5, [4, 16, 18 und
24 des vorigen Jahrgangs dieser Biätter.

imitieren, zumal auf kleinen Proben; aber wo-
zu findet sich in Pompeji ausnahmslos der
6—8 cm starke Putz, der doch zu nichts
anderem als zum lange Masshalten der Wand-
Häche dienen konnte? Denn die Annahme,
er habe Ungleichheiten der Wand auszugleichen,
ist doch wohl zu naiv! Man konnte wohl vor-
züglich mauern damals!!
Der alte Donner von Richter — schein-
bar Ihr Gegner, in Wirklichkeit nur der Vor-
läufer — hatte recht, wie er die 6 Schichten
schilderte, die, richtig hergestellt, das Wasser
wie Bimsstein aufsaugen und als Kalkhydrat
wieder abgeben. Die Wandverkleidung sollte
schnell hergestellt und im ganzen bemalt wer-
den; der Mörtel brauchte zum Binden keinen
Zusatz, erhärtete mit leichtem Glanz*). Ansätze
wurden durch die Kelle unsichtbar verrieben.
Er hatte auch mit der Beobachtung recht,
dass die meisten der grösseren figürlichen Bil-
der eine feine Fuge ringsum zeigen. Seine et-
was komplizierte Erklärung („eingeputzt, aus-
geputzt, üb er geputzt") trifft nicht ganz das
Richtige. Aber er hat wenigstens fein bemerkt,
dass die Bilder nicht in gleichem Zug mit den
Wandornamenten gemalt sind. (Hierüber be-
halte ich mir Weiteres vor.) Nur in bezug auf
die spiegelnde Glätte bleibt er die Antwort
schuldig. Denn das Glätten auf kaltem Wege
ist unzureichend und mühselig.
Weshalb nun soll man den Alten, diesen
raffinierten Technikern, immer wieder bestreiten,
dass sie Oel bzw. Oelseife, die doch überall
*) Die Theorie meines alten Freundes Gerhardt sen.
vom Milchzusatz gibt zwar sehr harten Mörtel, macht
aber die Freskoverbindung ganz unzuverlässig und un-
gleich. Versuche von Ludovico Seitz und mir 1905.
 
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