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Münchner kunsttechnische Blätter — 9.1912/​1913

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Nr. 2
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Berger, Ernst: Neue Gutachten über die römisch-pompejanische Wandmaltechnik, [8]
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Wedepohl, Theodor: Die Perspektive in der Bildnismalerei, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36589#0014

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Münchner kunsttechnische Biätter.

Nr 3.

zum Schmieren und Glätten dient, ais Vehikel
für das Giätten versuchten, es der letzten Mai-
schicht und den Farben beimischten, beide mit
heissem Eisen (das sie von jeher auch bei der
Enkaustik [Kausis] verwendeten) zu giätten
strebten? Weshalb durchaus nach Surrogaten
für die Kalkseife suchen, zumal wenn sich ihre
Verwendung im alten Stukkolustro bis heute
erhalten hat? Nur war damals die Verwen-
dung minder handwerksmässig als die der heu-
tigen Italiener; die alte Technik ist reich und
wechselnd.
Man findet in Pompeji reines Fresko —
nur mit punischem Wachs geglüht — neben
heissgebügeltem Stukkolucidogrund; die Orna-
mente sind sowohl „unter Glasur" wie „über
Glasur" gemalt. Aber nie aufs Trockene —
denn auf der trockenen polierten Fläche saugt
sich die Farbe nicht an und läuft. Daher die
Stärke des Putzes, der mindestens 2 Wochen
nass bleibt und die gleiche Tonwirkung behält.
Für blosse Ornamente und Linien bleibt er 2,
auch 5 Tage traktabel. Um das Laufen zu
hindern, setzte man den über Glasur zuletzt
aufgesetzten Ornamenten noch Ei, Kasein, Leim,
Harzemulsionen, organische steife Bindemittel
zu — gleichviel, welche, wenn sie sich nur mit
der Wassertechnik verbanden.
Und hier möchte ich noch Berger contra
Berger in Schutz nehmen!
Sie zögern (in einer der letzten Kontroversen),
die Technik einfach als „poliertes Fresko" zu
bezeichnen. Ich lasse ihre Ansicht von fett-
saurer — statt kohlensaurer — Bindung dahin-
gestellt. Aber so viel ist zweifellos, dass die
kohlensaure Bindung durch die Kalkseifenschicht
nicht ausgeschlossen, nicht einmal gehemmt
wird. Die heissgebügelte Putzfläche „schwitzt"*)
so stark wie reines Fresko, bildet die gleichen
Tropfen, die gleiche Kristallschicht. Und vor
allem: sie bindet vollkommen alles, was rein
al fresko ohne Bindemittel über die Politur
gemalt wird.
Es ist das Ganze also in der Tat poliertes
Fresko, trotz des Zusatzes, der eine Bereiche-
rung bildet für gewisse Zwecke.
Das „Schwitzen" macht die anfangs blanke
Bügelfläche beim Trocknen wieder ganz trüb.
Deshalb dient als „Schlussfirnis" der Ueberzug
von punischem Wachs, der mit dem Kohlen-
becken (heute besser mit der Stichflamme) ein-
gebrannt wird. Die Prozedur kann später immer
*) Auf diesen Punkt behalte ich mir vor, später
im Zusammenhänge nochmais zurückzukommen. Meiner
Ansicht nach ist gerade dieses „Schwitzen" die Folge
der allzu mächtigen und zu nassen Bewürfe; es sollte
besser vermieden werden, weil die Schönheit der
Flächen darunter leidet und die unvermeidlichen Flecken
nur durch mühselige Retuschen ausgeglichen werden
könnten. E. B.

wiederholt werden. Als Bindemittel kommt
punisches Wachs wohl nie in Betracht, ausser
mit Zusätzen und auf Holz.
Ich habe die Technik mit einem Freunde
— dessen ev, Aeusserungen ich nicht vorgreifen
will — gründlich und häufig versucht; jener hat
(ca. igoo) in Berlin eine Villa damit ausgemalt
— ich selbst habe zeitlebens den antiken Putz
verwendet. Ob es der einzige Weg der Alten
ist, lässt sich nicht sagen; sie haben wohl viele
Weisheiten gehabt — jeder Künstler findet
neue. Aber so viel steht wohl fest, dass das
Stukkolucidoverfahren das einzige ist, was
zur Erklärung der alten Wandtechnik zurzeit
überhaupt in Frage kommen kann.
Mit kollegialem Gruss bin ich
Ihr aufrichtig ergebener
Hermann Prell.
Die Perspektive in der Biidnismalerei.
Von Theodor Wedepohl.
(2. Fortsetzung.)
Lässt das Format sehr wenig Raum (Hintergrund)
rings um die gemalte Gestalt übrig, so wird sie ein-
geengt und wirkt plump. Ist zuviel Raum vorhanden,
so verliert sie sich in demselben und wirkt winzig.
Breite. Ein nicht zu hohes, aber ausgiebig breites
Format ruft die Vorstellung der Gedrungenheit hervor,
die sich vom Format auf die Gestalt überträgt. Um-
gekehrt erscheint die Gestalt in einem schmalen (je-
doch nicht einengenden Format) schlanker als in jenem
breiten.
Höhe. Wenn über dem Kopf der Gestalt sehr
viel Raum ist, so „drückt" dieser auf jene und lässt
sie klein erscheinen. Man erinnert sich, dass ein
grosser Mensch, der durch eine Tür schreitet, fast mit
dem Kopf oben anstösst, der kleinere hat noch Platz
zwischen Kopf und Türrahmen. Auch beim Brustbild
spricht diese Erfahrung mit, selbst hier, wo man vom
Körper so wenig sieht, kann man die Grösse des Dar-
gestellten durch die grössere oder geringere Entfer-
nung vom oberen Rand zum Eindruck bringen. — Ge-
rade hierin sieht man Anfänger oft irren, indem sie
viel Raum über dem Kopf fälschlich für vorteilhaft
halten. — Uebrigens ist dieses Mittel sehr brauchbar,
wenn man ungleich grosse Gestalten in Pendants dar-
zustellen hat. Ihren wirklichen Grössenunterschied
kann man gewöhnlich nicht darstellen, wohl aber lässt
sich durch die Stellung im Format zeigen, dass die
Grösse verschieden ist.
Ebenfalls nach unten hin heisst es richtig be-
grenzen. Auch im Brustbild kann Stattlichkeit gezeigt
werden, wenn es nicht zu kurz ist. Eine Dame, die
mit ihrer starken Gestalt unzufrieden war, wollte die-
selbe nicht im Bilde sehen und verlangte vom Maler,
dass er sein Format gleich unterhalb der Schultern
abschneiden sollte. Dieses war dadurch niedriger ge-
worden als wünschenswert, und so hatte man erst
recht die Vorstellung der Gedrungenheit.
Halbügur oder Hüftstück kann ein vorteilhaftes
Format sein, aber ein zu kurz abgeschnittenes Knie-
stück lässt die Gestalt wiederum gedrungen erscheinen.
Wirklich am Knie die Grenze zu nehmen, ist das
günstigste, — geht man tiefer hinab, so kommt leicht
eine falsche Grössenvorstellung. Beim sitzenden Knie-
stück ist es nicht vorteilhaft, unterhalb des Sitzes noch
viel sehen zu lassen.
 
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