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Münchner kunsttechnische Blätter — 9.1912/​1913

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Nr. 6
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Gerhardt, Paul: Der heutige Zustand des Abendmahlbildes Leonardo da Vincis im Refektorium von S. Maria delle Grazie in Mailand
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Baringer, W.: Die Fabrikation der Lacke, [2]
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22

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr 6.

mahibiid mit einer Temperafarbe auf Mörtelgrund
gemalt hat, also nicht al fresco.
Die Zerstörungserscheinungen bei derartigen
Malereien, die bei ihrer Entstehung bereits tech-
nische Unvollkommenheiten besassen, treten im
allgemeinen in gleicher Weise auf. Das Binde-
mittel schwindet aus der Farbe durch Verwesung
desselben, die Farbe bleibt pastellartig lose an
der Wand hängen oder sie löst sich in Blättchen
von der Wand ab, um beim geringsten Luftzug
oder leichter Erschütterung abzufallen. Wo die
Farbe abgefallen ist, wird der Untergrund sicht-
bar und es entstehen die obenerwähnten un-
zähligen weissen Flecken, die in den dunklen
Stellen am unangenehmsten in die Erscheinung
treten. Hier muss also ein neues Bindemittel
eingeführt werden, ein Bindemittel, das atmo-
sphärischen Einflüssen grossen Widerstand ent-
gegensetzt, das die Farbe fest mit dem Unter-
grund verbindet und den Farbton nicht verändern
darf. Und dieser für ein im Stadium der Zer-
störung begriffenes Bild einzig richtige Weg hat sich
sowohl bei den Wiederherstellungsarbeiten an den
Rethelfresken im Rathause zu Aachen, die 188/
durch meinen Vater Fritz Gerhardt-Düsseldorf
begonnen wurden, als auch bei der IQ08 erfolgten
Wiederfestigung des Abendmahlbildes durch Prof.
Cavennaghi bestens bewährt. Auch für die An-
bringung einer ausreichenden Luftzirkulation hinter
und vor der Wand, die das Abendmahlbild trägt,
sowie in der Wand selbst durch Anbringung von
Luftkanälen ist in erdenklich bester Weise Sorge
getragen worden. Für die Erhaltung des grossen
Meisterwerkes ist auf Grund praktischer Erfahrungen
alles geschehen, was geschehen konnte. Allerdings
ist es notwendig, dass das Bild unter ständiger
sachverständiger Aufsicht bleibt. Dies wäre für
jedes Wandgemälde zu empfehlen, selbst für die-
jenigen aus neuester Zeit, und am vorteilhaftesten
von ihrer Entstehung an. Die atmosphärischen
Verhältnisse sind heute schlechter als je durch
die Verunreinigung der Grossstadtluft infolge der
Kohlenverbrennung und der daraus entstehenden
schwefligen Säure, dem gefährlichsten Gegner
nicht allein der Steinbauwerke, sondern erst recht
der Malereien.
Dies ist nun die heutige Beschaffenheit des
Abendmahlbildes. Für die Erhaltung ist genügend
Sorge getragen worden. Zuwenig, scheint mir,
hat man für die Gesamtwirkung des Bildes getan,
die den ruhigen und reinen Genuss des Beschauens
erlaubt. Die vielen weissen Flecken, die durch
die herabgefallenen Farbblättchen hervorgerufen
worden sind, zerreissen die Einheitlichkeit des
Bildes und zeitigen Gerüchte vom völligen und un-
aufhaltsamen Zerfall des Bildes. Gewiss, es soll unter
keinen Umständen gemalt werden. Technisch hat
man das Bild wiederhergestellt, ästhetisch aber nicht.
Der helle Wandton darf doch nicht in herrschender

Weise hervortreten. Man denke sich nur in einem
altehrwürdigen, architektonisch feingegliederten
Bau bunte, helle Bilder. Sie würden jede Einheit
der Architektur zerreissen, ebenso wie die hellen
Mörtelstellen die Einheit und Gesamtwirkung des
Abendmahlbildes ausschliessen. Zunächst sollte
man wohl dazu übergehen, tiefere Lücken in der
Oberfläche mit einem der umgebenden Malerei
angepassten, neutral getönten Mörtel auszukitten.
Damit wären nicht allein die weissen Flecken
für den Beschauer unsichtbar gemacht und Schlag-
schatten vermieden, sondern auch die umgebende
Malerei noch weiter gefestigt. Ebenso sollte man
die kleinen offenen Mörtelstellen neutral be-
handeln, etwa eine Patina der Zeit künstlich an
diesen Stellen hervorrufen. Die natürliche Patina
kann nur die Risskante erreichen, da die Flecken
eben Lücken sind und tiefer liegen. Geschieht
dies nicht, werden mit der Zeit die Flecken schein-
bar grösser werden, da sich der Staub nur an der
Oberfläche absetzen kann, und die Vertiefungen
treten dann erst recht hervor.
Bei einer solchen Behandlung, die dem Bilde
nichts von seiner Originalität nimmt, würde nicht
nur die Gesamtwirkung bedeutend gewinnen, nicht
allein dem Beschauer erhöhte Freuden des Ge-
niessens gegeben werden, sondern auch den will-
kürlichen Meinungen von einer fortschreitenden
Zerstörung des Werkes die Grundlagen genommen
sein. Die Aachener Fresken verdanken nicht
wenig dieser Behandlung, dass sie heute unbe-
rührt erscheinen, und dieselbe Behandlung lässt
der Maler Silvetro mit demselben Erfolg den
wunderbaren Fresken zuteil werden, die er in
S. Pietro in Gessato zu Mailand unter der Tünche
hervorgeholt hat.
Die Fabrikation der Lacke.
Von Dr. W. Baringer.
(Schluss.)
Zur Hersteliung von alkoholischem Kopalfirnis löst
man 60 Teile Kopal in einem Gemisch von 60 Teilen
Alkohol (98"/,), :o Teilen Aether und 40 Teilen Ter-
pentinöl. Bisweilen quillt der Kopal nur auf, ohne
sich zu lösen. Es ist deshalb ratsam, denselben vor
der Verarbeitung auf seine Löslichkeit zu prüfen.
Azeton kann ebenfalls als Lösungsmittel für Kopal
verwendet werden. Geistiger Kopalfirnis zeichnet sich
vor anderen flüchtigen Lacken durch grössere Dauer-
haftigkeit und Elastizität vorteilhaft aus. Im allge-
meinen zeigen die Weingeistfirnisse nur geringe Wider-
standsfähigkeit gegen atmosphärische Einflüsse. Die-
selben trocknen zwar sehr rasch, werden aber leicht
rissig. Durch Zusatz von Mastix, Elemi und Terpentin
kann man ihnen eine gewisse Zähigkeit verleihen.
Die Zahl neuer Lackkompositionen, die in letzterer
Zeit auf dem Markte erschienen sind, ist Legion. Wir
wollen uns darauf beschränken, diejenigen zu er-
wähnen, die sich bereits in der Praxis bewährt haben.
J. M. Lamb und D. Boyle in Manchester stellten
einen Lack her, welcher aus 20—80°/, Fuselöl, Hüch-
 
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