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Münchner kunsttechnische Blätter — 9.1912/​1913

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Nr. 5
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Berger, Ernst: Zur Neuausgabe von Leonardo da Vincis Traktat von der Malerei
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Baringer, W.: Die Fabrikation der Lacke, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36589#0022

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Münchner kunsttechnische matter.

Nr 5.

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und beachtenswert ist, dabei sich seine Regeln nach
reiflicher Ueberlegung selbst macht, muss auch
heute ebenso vorbitdhch wirken wie vor Jahr-
hunderten. Und darin hegt wohl auch die zwin-
gende Kraft von Leonardos Traktat, das Geheimnis,
dass dieses Buch immer noch als erstes genannt
werden kann, wenn es sich um die Theorie der
Kunst handelt: es überzeugt durch seine klare
Gedankenarbeit.
Nur darf man freilich bei der Lektüre dieses
klassischen Werkes niemals vergessen, in welcher
Zeitperiode es geschrieben wurde, man muss sich
stets vor Augen halten, was zur Zeit der Nieder-
schrift Leonardos an Vorarbeiten schon geleistet
war, und daran kann man ermessen, was Leonardo
neues geschaffen und neues ersonnen hat. Die
Herausgeberin der neuen Ausgabe hat es gut
verstanden, den Leser auf alles Wichtige in dieser
Hinsicht aufmerksam zu machen, und der moderne
Leser wird ihr gewiss Dank wissen für ihre
Wegweiserschaft in die schwerer verständlichen
Leonardoschen Abschnitte, die ihrer mitunter
polemischen Natur wegen nur an der Hand eines
Kommentares verständlich gemacht werden könnten.
Aber auch so gibt es noch viele Klippen, die
ein Eindringen in Leonardos Traktat erschweren.
Um dieses zu ermöglichen, hat ein trefflicher Kunst-
gelehrter, W. vonSeidlitz*), eine Zusammen-
stellung seines Inhalts gemacht, die als eine Ein-
führung in Leonardos Malerbuch vorzügliche
Dienste leisten dürfte. Im Zusammenhang mit
der obigen Neuausgabe sei auf dieses kleine
Werk besonders hingewiesen, das als Vorstudium
für das grosse Werk Leonardos den Kunstbe-
flissenen, vor allem den jungen Künstlern, aufs
angelegentlichste empfohlen sei. E. B.
Die Fabrikation der Lacke.**)
Von Dr. W. Baringer.
Es gibt wohl wenige Körper, die sich einer so
ausgebreiteten Anwendung erfreuen wie die Lacke
und Firnisse. Der Zweck des Lackierens liegt nicht
allein darin, dem betreffenden Gegenstände ein ge-
fälliges und ansehnliches Aeussere zu verleihen, son-
dern es soll auch dazu dienen, die schädliche Ein-
wirkung der Atmosphäre zu verhindern.
Die Haupterfordernisse eines guten Lackes sind
Elastizität, Glanz und Dauerhaftigkeit. Diese Anfor-
derungen werden am besten durch die sog. fetten
Lacke erfüllt, und zwar je nach der Güte der ange-
wandten Materialien. Doch auch der beste Kopal-
oder Bernsteinlack widersteht den Einflüssen der
Atmosphäre nur auf eine gewisse Zeit.
Die fetten Lacke sind Auflösungen von Harzen
in trocknenden Oelen (hauptsächlich Leinöl). Gewöhn-
lich wird dieser Auflösung noch Terpentin zugesetzt,

*) Leonardo da Vinci, Malerbuch. Vollstän-
dige Zusammenstellung seines Inhalts von Wo Idem ar
von Seidlitz. Mit 13 Abbildungen. Berlin !9to.
Verlag von Julius Bard. Preis geh. 3 Mk.
**) Nach Wochenschrift „Fortschritte der Industrie"
(Verlag Paul Werther, Berlin).

um dem Lacke die gewünschte Konsistenz zu ver-
leihen.
Handelt es sich um die Herstellung von Kopal-
und Bernsteinlacken, so müssen die Harze einer
trocknen Destillation unterworfen werden, da sie sich
sonst nicht mit dem Leinöl verbinden. Diese Operation
wird gewöhnlich „Schmelzen" genannt und bewirkt
dieselbe eine teilweise Zersetzung des Harzes, wäh-
rend der grösste Teil des ätherischen Oeles sich ver-
flüchtigt.
Die Schmelzung des Harzes geschieht auf zweier-
lei Art:
r. Schmelzen in offenen Gefässen, wobei die flüch-
tigen Produkte der Destillation verloren gehen,
2. trockene Destillation der Harze, bei der die
flüchtigen Anteile als Nebenprodukte gewonnen
werden und eine weitere Verarbeitung finden.
Je nach der Sorte des angewandten Kopals muss
das Schmelzen längere oder kürzere Zeit fortgesetzt
werden. Genaue Angaben in bezug auf die Dauer
dieser Operation lassen sich nicht machen. Jedenfalls
darf das Schmelzen nicht eher unterbrochen werden,
als bis sich das Harz mit dem Leinöl verbindet, ohne
beim Erkalten eine Trübung zu zeigen. Leppert in
Warschau hat den Verlust, der beim Schmelzen ent-

steht, in Prozenten angegeben:
Manila-Kopal, hart Splitter. . . :r,7—r3,3°/.
.. „ Stücke.14,6—15,8 „
„ .. ausgewählt . . . 12,3—16,3 „
Angola-Kopal, rot, naturell. . . 2t,5 „
, „ gewaschen ... :6,6 „
Sierra-Leone-Kopal. 17,2 „
Sansibar-Kopal. 32,0 „
Bernstein. 30,0 „

Das Schmelzen wird gewöhnlich in kupfernen
Kesseln vorgenommen, die von den reichlich sich ent-
wickelnden sauren Dämpfen angegriffen werden und
so eine Grünfärbung des Lackes bewirken. Man ver-
wendet daher in manchen Fabriken emaillierte Kessel,
in denen sich sehr helle Lacke herstellen lassen; leider
besitzt diese Emaillierung nur geringe Haltbarkeit. In
einigen englischen Fabriken sind schon seit einiger
Zeit Kessel im Gebrauch, bei denen nur der untere
Teil aus Kupfer besteht, während das übrige aus
Eisen hergestellt ist.
Die Beschaffenheit der Feuerung und die Art der
Ableitung der Dämpfe sind Dinge, auf die der Fabri-
kant vor allem seine Aufmerksamkeit richten muss. In
grösseren Betrieben werden stets gemauerte Oefen
verwendet, bei denen sich die Feuerung gewöhnlich
unterhalb dem Niveau des Bodens befindet. In einigen
Fabriken sind die Oefen mit einer Vorrichtung ver-
sehen, welche ein Ausziehen des Feuers aus dem
Herde gestattet. In der Fabrik von Herrn. Schwarz
in Magdeburg geht das Feuer durch Kanäle flach unter
der Erde. Die Herdöffnung wird von dem Kessel voll-
ständig verdeckt, so dass dieselbe nicht bemerkt
werden kann. Durch einen Exhaustor werden die
Dämpfe abgesaugt und in Wasser geleitet.
Die Art der Feuerung hat hauptsächlich einen
grossen Einfluss auf die Farbe der Lacke. Der Kessel
sollte nicht mit einer Flamme in unmittelbare Berüh-
rung kommen. Schon vielfach ist der Vorschlag ge-
macht worden, die Kessel durch überhitzten Wasser-
dampf oder Luft zu heizen. Ob dieser Gedanke
schon praktische Anwendung gefunden hat, vermögen
wir nicht anzugeben.
Baumeister in Dülmen will ein Schmelzverfahren
erfunden haben, bei welchem die Harze nicht über
freiem Feuer, sondern in Bädern geschmolzen werden.
Bei Anwendung dieses Verfahrens sollen keine Dämpfe
entstehen (?) und das Schmelzen kontinuierlich statt-
finden. Näheres über dieses Verfahren ist uns leider
nicht bekannt.
 
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