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Münchner kunsttechnische Blätter — 9.1912/​1913

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Nr. 7
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Wie die Japaner ihren Lack bereiten
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Struck, Hugo: Künstlerische Erziehung, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36589#0031

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Kn 7-

Münchner kunsttechnische Blätter.

27

Verzierungen wieder sichtbar werden, und zwar
so, dass das Muster sich jetzt in Goid zeigt und
das reine Weiss des Eierschaienpuivers den Effekt
hervortreten iässt. Eine endgüitige Abreibung
wird jetzt mit einer besonderen Art Kohle, unter
dem Namen Hozumi bekannt, vorgenommen, weiche
eine ausgezeichnete Oberfläche ergibt. Aber um
sie noch giänzender zu machen, wird jetzt noch
eine Schicht von sehr feinem Lack aufgetragen,
der ais Tsuya urushi bezeichnet wird. Hiermit
ist die Arbeit vollendet, die mit Recht in der
ganzen Weit bewundert wird.
(F. Hd. in „Deutsche Maierzeitung".)
Künstlerische Erziehung.
Von Herrn Hugo Struck geht uns toigende Zu-
schrift mit dem Ersuchen um Abdruck zu:
Auf den Artikei „Ueber künstierische Erziehung"
des Herrn Geheimrat Prof. Dr. Friedrich von Thiersch
in Heft 46 vom 9. September 1912 der „Werkstatt
der Kunst" gestatte ich mir ergebenst fotgendes zu
erwidern.
Ich habe diesen Artikei mit grosser Freude ge-
lesen, und ich muss sagen, dass es mich mit grosser
Genugtuung erfüllt, dass endiich jemand, der einer
Akademie angehört, über dieses Thema offen und
ehrlich der Wahrheit die Ehre gibt und die Dinge
beim richtigen Namen nennt, so dass sich Anknüpfungs-
punkte für eine ernsthafte Diskussion daraus ergeben.
Der geehrte Herr Verfasser streift die Dinge so
naheliegend, dass es mich fast verwundert, wenn er
zum Schlüsse seiner Betrachtungen sagt: „Die Er-
ziehung zur Kunst ist ein schwer zu lösendes Pro-
blem!" — Er sagt unter anderem, dass die Jugend,
welche sich der Kunst zuwendet, noch wenig Fühlung
mit den grossen Leistungen alter Zeiten hat. Damit
ist aber eigentlich schon alles gesagt, was wir zu wissen
brauchen, um nun zu wissen, wo wir den Hebel anzu-
setzen haben, um eine bessere Erziehung zur Kunst
herbeizuführen, — der jugendlichen Selbstüberhebung
einen Dämpfer aufzusetzen und sie dem Banne der
allermodernsten Erscheinungen zu entziehen.
Wenn man jemand nichts über die Kunst, ihre
Aufgaben und Ziele zu sagen weiss, wie es bei uns
Malern an den Akademien wohl bei allen mehr oder
weniger der Fall gewesen ist, so braucht man sich
doch schliesslich nicht darüber zu verwundern, wenn
der junge Künstler sich dazu berufen fühlt, da er
nichts anderes kenntj — der Welt seine eigene Kunst
zu offenbaren. Hilfswissenschaften gab es bis jetzt
für die Malerei speziell überhaupt nicht.
Das mag ja bei den Herren Architekten anders
sein! —
Ehe jemand aber zur eigenhändigen Betätigung in
der Malerei auf der Akademie zugelassen wird, sollte
man unbedingt dafür sorgen, dass er ganz genau weiss,
was überhaupt an hoher Kunst in der Malerei vor ihm
bereits existiert hat, warum diese oder jene Kunst die
höchste war und welche Gesichtspunkte die Maler zur
Ausübung so hoher Kunst befähigt haben, — damit er
soviel Fühlung mit den Leistungen alter Zeiten be-
kommt, dass ihn die Modernen und Allermodernsten
nicht mehr in ihren Bann schlagen können, und damit
er bescheiden und demütig wird vor den Aufgaben
seiner Kunst, die die Natur von ihm fordert. Hierzu
tst im Grunde genommen weiter nichts erforderlich,
als ihm die nötigen Bücher in die Hand zu geben, aus
denen bereits die alten Meister ihre Kunst gelernt
haben, da ihnen keine anderen Lehrmittel, weder

Akademien noch Malschulen, zu Gebote gestanden
haben.
Zum Beginn der Renaissance in Italien war die
Literatur der Griechen und Römer wieder aufgefunden
worden, wie es auch Albrecht Dürer in seiner Wid-
mung an Wilbald Pirkheimer*), in seinem Buche „Unter-
weisung der Messung" mitteilt mit den Worten:
„In was für Ehren und Würden aber diese Kunst
bei den Griechen und Römern gewesen ist, zeigen die
alten Bücher genugsam. Wiewohl sie in der Folge
gar verlohren und ob tausend Jahre verborgen gewesen,
und erst vor zweihundert Jahren wieder durch die
Welschen an den Tag gebracht ist worden. Denn gar
leichtiglich verliehren sich die Künst, aber schwehrlich
und durch lange Zeiten werden sie wieder gefunden."
Und wie es Dürer gesagt hat, so ist es gekommen.
Seit dem Dreissigjährigen Krieg ungefähr sind
diese literarischen Ueberlieferungen wiederum ver-
borgen gewesen. Seit einer Reihe von Jahren habe
ich mich bemüht, den wissenschaftlichen Ursprung der
Maltechnik der alten Meister wiederzufinden und einige
solcher alten Bücher ebenfalls (vgl. meine Broschüre
„Die Geheimnisse der alten Meister", die vor sechs
Jahren erschienen ist).
Es ist somit möglich, dass die Kunst sehr wohl
aus Büchern zu erlernen ist, denn gerade während
ihrer höchsten Blütezeit hat man nichts anderes ge-
kannt als theoretische Ueberlieferungen und Lehren,
also objektiv wissenschaftliche Bildung und nicht sub-
jektive Erziehung! — Und da diese Ueberlieferungen
heute noch vorhanden sind, so steht nichts im Wege,
es heute noch genau so machen zu können.
Solange dies nicht geschieht, kann man nicht
sagen, dass die Bildung resp. die Ausbildung des
Künstlers auf der Höhe der Zeit steht, und mit Recht
können sich ältere Kollegen über einen gewissen
Mangel an Bildung beklagen. Ein persönliches Gefühl
und Temperament kann ein anderer nicht mit uns
teilen, und der Kunstliebhaber steht infolgedessen der
Kunst des Ausübenden, auch wenn er noch so Be-
deutendes leistet, stets mehr oder weniger fremd
gegenüber.
Es existiert somit keine allgemeine Kunstkenner-
schaft und Bildung, und das erschwert das Verständnis
zwischen dem kaufenden Publikum und dem Künstler
ganz ausserordentlich.
Unsere ganze Kunst- und Naturanschauung muss
einer eingehenden Revision unterworfen werden, wenn
wir solche Uebelstände beseitigen wollen.
Man kann ewig unumstössliche Naturgesetze nicht
willkürlich umgehen und nach Massgabe der eigenen
Anschauung durch seinen Instinkt ersetzen wollen, wie
es jetzt allgemein geschieht — und nicht allein seitens
der jungen Anfänger! — Wenigstens bei der Malerei
ist es so. — Nur das gute Beispiel erzieht, alle Rat-
schläge sind in den Wind gesprochen, wenn der
Schüler nicht sieht, dass der Meister seine eigenen
Ratschläge auch selbst befolgt. Es müssen wieder
einheitliche Kunstanschauungen und Ideale geschaffen
werden, wie es zu allen grossen Zeiten der Fall ge-
wesen ist, um aus der Verwirrung durch die allzu
grosse Vielseitigkeit der Ansichten herauszukommen,
damit Lehrer und Schüler sowie Künstler und Kunst-
liebhaber sich durch bessere Verständigung wieder
nähertreten können zu aller Wohl! — Das ist die vor-
nehmste Aufgabe, die wir im Interesse dieser guten
Sache zu erfüllen haben! —
Gewiss, die Kunst ist schwer! — Es gehört sehr
viel dazu, sich eine umfangreiche Bildung in dieser
Beziehung anzueignen! Aber grosse Künstler, Kunst-
*) Verlag Süddeutsche Monatshefte G. m. b. H.,
München 1909. Auf Veranlassung und mit einem Vor-
wort von Hans Thoma.
 
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