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Münchner kunsttechnische Blätter — 9.1912/​1913

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Nr. 10
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Friedel, Arthur: Die formalen Elemente des Gesichtes, [1]
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Malmaterialienkunde und Unterricht, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36589#0042

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33

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. ro.

platte, deren vordere Fläche zugleich etwas nach
oben gerichtet ist. Von dieser geht ein grosser
Teil des sogenannten Ringmuskels aus, an dem
H. Virchow 7 Portionen unterscheidet, von denen
als für die Plastik wesentlich nur die oberfläch-
lich gelegenen 3 im oberen Lid und 2 im Unter-
lid zu erwähnen sind.
Das feste Gerüst jedes Lides wird durch je
einen Lidknorpel gebildet, der unter jenem Ring-
muskel liegt und zwar, wenn man seine einzelnen
Portionen von oben nach unten zählt, wird der
obere Lidknorpel von Portion drei und der un-
tere von Portion vier bedeckt. Portion eins ent-
spricht der Deckfalte des Oberlides am offenen
Auge. So fällt also die Querfurche am oberen
Augenlid zwischen die erste und zweite Portion
des Ringmuskels.
Wichtiger als diese Querfurche, die nur bei
geschlossenem Auge in Erscheinung tritt, sind die
Furchen des unteren Augenlides, die ständig sicht-
bar sind und viel zum Ausdruck beitragen.
Neben der durch den Ansatz des Ringmuskels
am knöchernen Augenhöhlenrande bedingten Wan-
genlidfurche zeigt sich in der Regel im äusseren
Teile stärker als im inneren schon in der Jugend
eine zweite Furche, die wieder durch die Grenze
einer solchen Muskelportion bedingt ist und da
diese, wie wir sahen, mit dem Knorpel des Unter-
lides zusammenfällt, erscheint diese Furche gleich-
zeitig als Knorpelgrenze.
Dazu tritt öfter noch eine dritte mittlere Furche
auf, die als nicht ständig vorhanden nicht so ein-
fach zu erklären ist. Vielleicht hängt sie mit
einem dichteren Streifen des Unterhautgewebes
zusammen, zu dessen beiden Seiten, sowohl oben
wie unten sich leichter Fett ansetzt als gerade
an dem Streifen selbst. Dann wäre sie ein Zei-
chen von guten Tagen. Sind doch auch die Augen
die Verräter von schlechten Tagen, wenn der
Körper aus irgendwelchen Ursachen seine eigenen
Fettvorräte angreifen muss. Wir sprechen von
den „Ringen" unter den Augen. Durch das Schwin-
den des Fettes sinkt das ganze Auge in seine
Höhlung zurück und zwar in den Teilen am stärk-
sten, wo kein Widerstand vorhanden ist und einen
solchen bildet der Augapfel selbst, die Knorpel-
platten der Lider und die dreieckige Sehnenplatte
am inneren Winkel. Die oberste Furche im un-
teren Lide ist dann also je deutlicher von umso
schlechterer Bedeutung. Die Augenringe als tiefer
gelegen markieren sich durch den Schatten schon
natürlich auch als Farbwert. Gleichfalls als solcher
eher denn als Formbestandteil markiert sich eine
am inneren Augennasenwinkel senkrecht verlau-
fende Vene:
Die die Lider nach innen bekleidende Haut-
schicht, die Bindehaut, stülpt sich im inneren Win-
kel nach aussen vor und ist wie eine Insel im
sogenannten „Tränensee" oft für den Ausdruck

von Einfluss vor allem, da sie die besondere Mo-
dulierung des Oberlides bedingt. Mit der Tränen-
drüse hat diese Ausstülpung aber nichts zu tun.
Die Tränendrüse muss natürlich oben liegen, um
das ganze Auge benetzen zu können und zwar
liegt sie unsichtbar aussen oben.
Blieben noch die im oberen Lid stärkeren
Wimpern zu erwähnen, die nach dem inneren
Winkel zu das Lid freilassen, von allem, was für
die Form der Augenhöhle selbst von Bedeutung
ist, so verlangen die für den Ausdruck des gan-
zen Auges mindestens ebenso wichtigen Teiie der
Braue und der Nasenwurzel eine besondere Dar-
stellung. (Wird fortgesetzt.)
Malmaterialienkunde und Unterricht.
Von D. H.
Es wird in letzter Zeit wieder Klage geführt über
mangelnde Kenntnis der Malmaterialien von seiten
unserer Künstler, und es wird zur Abhilfe dieses für
die Dauerhaftigkeit der geschaffenen Bildwerke, wie
man meint, wichtigen Umstandes eine bessere Ein-
führung in die Chemie der Malerei und der Farben-
erzeugung gefordert.
Auch gelegentlich der Schiedsgerichtsverhand-
lungen in Sachen des „Farbenbuches" wurden die
„heutigen Mängel in der technischen Ausbildung des
Künstlers" gerügt, die darin zutage treten, dass der
Künstler, auf die üblichen Bezeichnungen der Farb-
stoffe und Farbmaterialien angewiesen, selten imstande
sei, reine Farben von verschnittenen zu unterscheiden.
Dabei hätte der die Verhandlung leitende Geheimrat
Dr. Riesser „sein Erstaunen darüber ausgesprochen,
dass die technische Ausbildung der Kunstmaler eine
so lückenhafte sein soll".
Ist es nun wirklich so schlecht bestellt, wie die
obigen Aeusserungen es vermuten lassen, oder liegt
es nicht vielleicht in der komplizierten Natur der
Sache, dass der Künstler von heute viel schwieriger
in den Besitz der wünschenswerten Kenntnis des von
ihm tagtäglich benutzten Materials gelangen kann, als
dies wohl früher der Fall gewesen ist? Worin liegt
der Grund, dass unsere Künstler ihre l'arben und Mal-
mittel weniger genau kennen als in fiüherer Zeit? Und
was liesse sich tun, um unseren Heranwachsenden
Künstlern das wünschenswerte Wissen zu vermitteln?
Das sind die Fragen, die sich zunächst aufdrängen
und die zu erörtern hier versucht werden soll. Als
weiterer Anlass tritt hinzu, dass ähnliche Forderungen
auch von Vertretern der kunstgewerblichen Malerei
gestellt werden und in diesen Kreisen zu lebhaftesten
Meinungsäusserungen geführt haben *).
Wenn die technische Ausbildung des Künstlers
eine derart mangelhafte ist, wie behauptet wird, so
müsste doch zunächst untersucht werden, woran denn
die Schuld an dieser angeblichen Tatsache gelegen ist.
Die Möglichkeiten, sich technische Kenntnisse anzu-
eignen, sind heute in verschiedener Art gegeben:
durch Vorträge über chemische Technologie der Ma-
terialien, wie wir solche an einigen unserer Kunst-

*) Dies schiiesse ich aus einem als Broschüre ge-
druckten Vortrag: „Die Materialienkunde für
Maler, ihre Methode und ihr Ziel", von Hugo
Hillig, Maler und Lehrer an der Staatlichen Kunst-
gewerbeschule zu Hamburg und an der staatl.-städt.
Handwerker- und Kunstgewerbeschule zu Altona, ge-
halten auf der XXI. Wanderversammlung des Deut-
schen Gewerbeschulverbandes zu Regensburg 1910.
 
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