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Münchner kunsttechnische Blätter — 9.1912/​1913

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Nr. 17
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Gibt es farbenblinde Maler?
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Schutzmanns neue Feldstaffelei "Monachia"
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https://doi.org/10.11588/diglit.36589#0074

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Münchner kunsttechnische Biätter.

Nr. 17

Gibt es farbenblinde Maier?
„Der Maier muss farbenbiind sein!" Wie oft
hört man diesen Ausruf vor Werken moderner und
modernster Künstier, auf denen koioristische Ein-
drücke anders wiedergegeben sind, ais der Laie sie
sich vorsteiit. Ueber die Bedeutung dieser Farben-
biindheit, die ein bestimmtes Krankheitsbiid des Auges
darsteiit, sind wir uns freiiich bei soichen Aeusse-
rungen keineswegs im kiaren. Doch ist Farbenbiind-
heit bei verschiedenen Maiern, ja sogar bei ganzen
Vöikern, von der Wissenschaft angenommen worden.
In einem soeben bei Paui Cassirer erschienenen Buche,
„Die Wirkiichkeit und ihr künstierisches Ab-
bild", untersucht Dr. Aifred Guttmann auf Grund
jahreianger Beobachtungen und Studien das Probiem
derFarbenbiindheit und Farbenschwachheit bei Maiern
und gewährt damit einen tieferen Einbiick in die
Physioiogie und Psychoiogie der Kunst.
Dass eine ganze Nation farbenbiind gewesen
sei, und zwar das so hervorragend künstierisch ver-
aniagte Voik der aiten Griechen, ist erst in jüngster
Zeit wieder auf Grund hauptsächiich sprachwissen-
schaftiicher Beweise behauptet worden. Nun ist es
aber durchaus fatsch, dass Farbenempfindungen und
Farbenbezeichnungen einander entsprechen müssen.
Vieie Personen, besonders weniger Gebiidete, Kinder,
primitive Völker haben keine Worte für manche
Farbennuancen, die sie sehr gut unterscheiden. Der
Verfasser hat das besonders bei Schuikinderunter-
suchungen, die er in grossem Massstabe ansteiite, be-
obachtet. Auf die Frage: „Weiche Farbe hat der
Esei?" wussten nur wenige Kinder zu antworten, und
sie nannten neben grau auch schwarz oder weiss und
sogar „schwarz mit weiss gefleckt". Dagegen geiang
es durch den Hinweis auf einen grauen Fiizhut die
Bezeichnung „grau" ohne weiteres auszuiösen. Wie
man bei den Griechen aus soichen Fehischiüssen die
so seitene Biau-Geib-Biindheit herieiten woiite (Das
Unsinnige eines soichen Fehischiusses wurde iängst
von Ernst Krause nachgewiesen. D. Schrift!.), so
hat man auch behauptet, dass besonders viei Farben-
bünde unter den Juden Vorkommen. Auch diese
Hypothese hat Guttmann durch seine Untersuchungen
ais hinfäiiig erwiesen. Ueberhaupt hat man das Vor-
kommen von anormaiem Sehen viei zu zahireich an-
gegeben. Nach den statistischen Aufstehungen des
Verfassers ergaben sich solche Anomaiien bei 3 bis
4 "Jo unter etwa 4000 Personen. Da aiso die Farben-
blinden so seiten sind, soiite es da gerade unter
Maiern Farbenbiinde geben? Guttmann verneint
diese Frage entschieden. Er hat sehr vieie Maier
mitteis genauer Methoden im Physioiogischen Institut
zu Beriin untersucht, darunter auch solche, deren
Farbenzusammensteiiungen besonders auffäilig waren,
Sezessionisten, unter ihnen Leistikow, Liebermann und
Sievogt, und Neoimpressionisten. Aucii nicht ein
einziger war farbenbiind. Ein Farbenbiinder kann
überhaupt nicht Maier werden. Er wird schon bei
den ersten Versuchen, wenn er ein rotes oder braunes,
ein rosa, graues oder geibes Objekt maien soii, eine
grüne oder irgendeine andere, jedenfaiis aber fatsche
Farbe wählen und dann von jedem Lehrer darüber
aufgekiärt werden, wie ungeeignet er für diesen Beruf
ist. Solche Farbenbiinde können dann ais Graphiker
oder Biidhauer Bedeutendes ieisten, wo sie in ihrem
Schaffensdrang durch ihre Anomaiie nicht gestört
werden.
Gibt es so keine farbenbiinden Maier, so kommt
doch Farbenschwäche bei ihnen vor. Guttmann
hat drei soicher Maier gefunden, die bei Kritik und
Pubiikum hohes Ansehen gefunden haben, von denen
zwei grünschwach und einer rotschwach sind. Dies
sind jedoch grosse Ausnahmen, und die meisten Maier
besitzen einen normaten Farbensinn, wie ihn 93°/.

aiier Männer und annähernd 100°/, aiier Frauen haben.
Bedeutende Unterschiede waiten freiiich unter diesen
Normaisehenden inderFeinheitdesFarbensinnes,
und hier sind die Frauen den Männern Überiegen.
Trotzdem gibt es nur wenige bedeutende Maierinnen.
Besondere Feinheit des Farbensinnes konnte der Ver-
fasser auch bei den Herren der Konfektions-
branche feststeiien, die ausnahmsios zwar keine ge-
steigerte Emphndiichkeit im Unterscheiden von ähn-
iichen Farbentönen, aber eine ganz ausserordentiich
gute Beobachtung von Heiiigkeitsabstufungen und einen
grossen Reichtum von Bezeichnungen aufwiesen.
Lehrreich ist ein Eriebnis des Verfassers
mit Leistikow. Er war mit dem „Maier der Mark"
im Motorboot nach einer weitveriorenen Ecke des
Kieinen Wannsees gefahren, wo Leistikow ein Motiv
suchte, und nach iangem Hin- und Herfahren fand.
„Ich muss gestehen, dass ich etwas enttäuscht war, —
so bedeutungsios erschien mir gerade diese Hache
Bucht, so nichtssagend die Waidsiihouette dahinter.
Ais ich nach zwei bis drei Stunden zu ihm ging, geriet
ich in ein Erstaunen. Ja, das war dieses Stückchen
Natur, an dem ich schon so oft ohne tieferes Interesse
vorbeigekommen war, — aber welch starke Empfindung
sprach nun aus der sanften Kurve der Wipfei, wie
wöibte sich derHimmei, in welch musikalischer Meiodie
und Harmonie zogen zarte Woikenbaiien drüber hin."
Aber Leistikow war noch nicht fertig, und erst eine
piötziiche Eingebung brachte den Schiussakkord. „Ein
Zurückbeugen des Oberkörpers, eine langsam aus-
hoiende, zieiende Bewegung des langen Pinseis von
rechts nach iinks, von iinks nach rechts, nochmais
nach iinks — und piötziich ein einziger sausender
Hieb, gerade durch die Wasserfläche des Biides, so
dass ich fast erschrak — das Biid war voiiendet:
dieser ietzte Streifen weisser Farbe hatte die tief
dunkeigrüne Spiegeiung des Waides von der iicht-
biauen des Himmeis mit einer richtung- und hait-
gebenden Zäsur getrennt. Das Dunkei hatte seine
Begründung und sein Gegengewicht im Heben ge-
funden." (Berk Tägiiche Rundschau.)
Schutzmanns neue Feldstatfelei
„Monachia".
In dem Bestreben, das Materiai des Künstiers
mehr und mehr zu vervolikommnen, ohne dabei der
Einfachheit und Handiichkeit Eintrag zu tun, bringt
die bekannte Firma A. Schutzmann in München so-
eben zu Beginn der Studienfahrten ihre neue Feid-
staffeiei, Marke „Monachia", heraus.
Diese Staffeiei, Nr. 44 und Nr. 440, wird zwei-
und dreiteiiig geiiefert, wiegt nur 1200 g, hat keine
einzige Schraube und kann durch einen kurzen Grift
in jeder Höhe beiiebig versteht werden.
Zur Aufstehung des Biides dienen neuartige Biid-
träger, weiche nicht nur Keiirahmen, sondern auch
Malpappen in jeder Stärke zu halten ermögiichen und
auch an anderen Feidstaffeieien angebracht werden
können.
Ein ebenfaiis neuartiger Rahmenhaiter kann seit-
iich abgenommen und für jede beiiebige andere Feid-
staffeiei verwendet werden.
Da heute jeder Künstier auch Photograph ist, so
sind diese neuen sowie die meisten Schutzmannschen
Feidstaffeieien mitNormaigewinde für photographische
Apparate versehen. Hierdurch wird jedes photogra-
phische Stativ überflüssig bezw. ersetzt; das iästige
Mitnehmen eines besonderen Stativs kommt in Wegfaii.
Da die Firma nur an Wiederverkäufer iiefert, ist
die obige Neuheit von den einschiägigen Speziaige-
schäften zu beziehen.
 
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