Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Münchner kunsttechnische Blätter — 9.1912/​1913

DOI issue:
Nr. 9
DOI article:
Zeichenunterricht in der Volksschule
DOI article:
Literaturanzeige
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.36589#0040

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
36

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. 9.

Zeichenunterricht in der Volksschule.
Es ist vielleicht zu keiner Zeit so viel für die
Hebung des Zeichenunterrichts in unseren Elementar-
schulen geschehen wie jetzt, wo die Dreikäsehoch mit
Zeichenstift, Pinsel und Farbe alle möglichen Uebungen
ausführen müssen. „Die Kunst in der Schule" soll
schon auf der untersten Stufe einsetzen, um Erden-
bürger zu erziehen, die später für alle Aufgaben des
Lebens gerüstet seien, entweder als Arbeiter oder als
Geniesser. Welche Erfolge auf diese Art erzielbar
sind, hat die im letzten Sommer gelegentlich des
4. Internationalen Kongresses für Kunstunterricht zu
Dresden zugänglich gemachte grosse Ausstellung der
hauptsächlichsten Zeichenschulen der zivilisierten Welt
deutlich vor Augen gestellt. Schon allein aus dem
Katalog mit seinen Hunderten von Abbildungen kann
man sehen, bis zu welchen Höchstleistungen es unsere
Jugend bringen kann, wenn sie die richtige Anleitung
bekommt.
Vor uns liegt das schon kurz angezeigte Heft:
Zur Reform des Zeichenunterrichts des Züricher
Zeichenlehrers H. Stäuber*). Er tritt darin für ein
möglichst mit dem Schulbesuch zu beginnendes Lehr-
system ein, das hauptsächlich auf das Erinnerungs-
und Anschauungsvermögen des Schülers fusst. Aus
der Uebung des Sehens wird die Vorstellung des
Naturvorbildes abgeleitet, so dass auf das Gedächtnis-
zeichnen schon von allem Anfang an das Hauptgewicht
gelegt werden soll.
Viele Kinder haben die natürliche Anlage dazu,
dass sie in ihren primitiven Zeichnungen nach der
Natur schon schöpferisches oder produktives Talent
bekunden. Dieses weiterzubilden, ist die Aufgabe,
die unsere Pädagogen lebhaft beschäftigt.
Die vorliegende Schrift ist eine hierhergehörige
Studie, die den erfahrenen Schulmann und gewiegten
Praktiker in seinem Fach verrät.
Sie bietet eine Fülle von Anregungen und An-
leitungen für den Zeichenunterricht, der hier von der
untersten Stufe der Elementarschule bis zum Eintritt
in die gewerblichen Fachschulen stufenweise geschil-
dert ist.
Wenn mancher auch über verschiedene Punkte
nicht ganz mit dem Autor einig gehen wird, so sind
doch die Vorschläge, die er macht, so, dass sie einem
rationellen Zeichenunterricht, wie er nach den An-
forderungen der Pädagogik und vom Standpunkt der
Erziehung unserer Jugend zur Kunst und zum Kunst-
gewerbe erspriesslich ist, die Wege weisen.
Dem gleichen Zweck und hauptsächlich zur Uebung
der rein manuellen Fertigkeit dienen die Vorbilder
zum „Pinselzeichnen" von Wilh. Balmer**). Von
dem Standpunkt ausgehend, dass nur die Uebung den
Meister macht, und dass die Hand der Intention leicht
und willig folgen muss, hat der Autor diese Blätter
entworfen. Sie sollen für Lehrer und Schüler ein
Ansporn zu weiteren Kombinationen auf dem orna-
mentalen Gebiete sein. Durch Einführung des Pinsel-
zeichnens wird zugleich auch die Grundlage für die
Aquarellmalerei gelegt. Bei ernsthafter Durchführung
werden Augenmass und Sicherheit der Hand sowie
die Willenskraft bedeutend gefördert, da ein vielfaches
Radieren unmöglich ist. Auch die Japaner zeichnen

*) Zur Reform des Zeichenunterrichts. Von H.
Stäuber, Zeichenlehrer in Zürich. So Seiten. Gr -8°-
Format. Zürich 1911. Verlag: Art.InstitutOrellFüssli.
Preis 1,30 Fr. (1,20 Mk.).
**) Pinselzeichnen. Lehrmittel für den modernen
Zeichenunterricht. Von Wilhelm Balmer, Zeichen-
lehrer in Liestal. 60 Blatt (15^3X23 cm) in farbiger
Lithographie in Mappe. Zürich 1911. Verlag: Art.
Institut Orell Füssli. Preis 3 Fr.

bekanntlich nur mit dem Pinsel, und es ist sicher,
dass mit dem Pinsel ein Flächenornament besser und
schneller dargestellt werden kann als mit dem Stift.
Die in dem Heft enthaltenen Uebungen lassen sich
auf die verschiedenste Art, auch als reine Zeichen-
übung (als Vorarbeit des Pinselmalens) verwenden, sie
können sowohl in ihrer Zusammensetzung als auch
in ihrer Farbe in vielen Variationen ausgeführt werden.
Dem Kunstgewerbler werden diese Uebungen mancher-
lei Anregung bieten.
Im Zusammenhang mit den obigen beiden Refe-
raten kann hier noch einmal auf eine kurze Broschüre
aufmerksam gemacht werden, die betitelt ist: Ueber
Farbenblindheit, deren Bedeutung und Unter-
suchung. Von Prof. Dr. P. Hoffmann*).
Nachdem neuestens den Malübungen in den
Schulen so grosses Gewicht beigelegt wird, ist es sehr
angebracht, die Schüler auf ihre Fähigkeit des kor-
rekten Farbensehens zu untersuchen.
Prof. Hoffmann erörtert das Problem in kurzen
Hinweisen auf die Wichtigkeit einer solchen Unter-
suchung, weil bei Nichtbeachtung von Farbensehfehlern
viele Schüler wertvolle Zeit bei der Vorbereitung für
einen Beruf vergeuden, den sie normalerweise wegen
ihrer Farbenblindheit nicht ergreifen könnten. Die
hier zusammengesetzten Farbenkarten und Muster-
tafeln von Farbenaufstrichen dienen dazu, um eine
systematische Untersuchung auf Farbenblindheit (Rot-
und Grünblindheit) leicht vorzunehmen, wobei auf die
Farbentöne, die von Farbenblinden erfahrungsgemäss
verwechselt werden, in erster Linie Rücksicht ge-
nommen wurde. F. W.

Literaturanzeige.
In dem Unterzeichneten Verlag ist erschienen
und durch denselben oder den Buchhandel zu be-
ziehen:
BEITRÄGE

ZUR
ENTWICKELUNGS GESCHICHTE
DER MALTECHNIK

MIT UNTERSTÜTZUNG DES KÖNIGLICH FREUSSISCHEN
MINISTERIUMS DER GEISTLICHEN, UNTERRICHTS- UND
1MTTU7TNAL. ANGELEGENHEITEN

HERAUSGEGEBEN VON

ERNST BERGER
MALER

DRITTE FOLGE
QUELLEN UND TECHNIK DER FRESKO-, OEL-
UND TEMPERA-MALEREI DES MITTELALTERS
VON DER BYZANTINISCHEN ZEIT BIS EIN-
SCHLIESSLICH DER „ERFINDUNG DER ÖL-
MALEREI" DURCH DIE BRÜDER VAN EYCK
MIT 16 ABBILDUNGEN IM TEXT
ZWEtTE, DURCHGESEHENE AUFLAGE
PREIS BROSCHIERT M. 7.—
VERLAG VON
GEORG D. W. CALLWEY, MÜNCHEN

*) Mit Tafeln zur praktischen Untersuchung des
Farbensinnes. Insbesondere für höhere Lehranstalten
geeignet. Verlag von Dr. Fr. Schoenfeld & Co., Düssel-
dorf, Malerfarben- und Maltuchfabrik. Preis 2 Mk.
 
Annotationen