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Münchner kunsttechnische Blätter — 9.1912/​1913

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Nr. 16
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Zur Neuauflage des Bandes "Mittelalter" von Bergers Beiträgen zur Entwicklungsgeschichte der Maltechnik, [2]: allgemeine Uebersicht über die Quellenschriften und deren Wert für unsere Maltechnik
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Oelfreier Malgrund
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Neue Malmethoden
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https://doi.org/10.11588/diglit.36589#0070

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66

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. 16.

ästhetische und didaktische Seite der Kunst und be-
rühren das rein Technische nur nebenher; Lomazzo
z. B. gibt bei Oeimaierei nur an, dass die Farben mit
Leinöl, Nussöt- und anderen „Dingen" angerieben
werden; wie Matbretter oder Leinwand präpariert
werden, davon schweigt er vottends. Seibst Lionardo
da Vinci, der in bezug auf Technik ein Experimen-
tator, wenn auch kein Verbesserer gewesen, versäumt
es in seinem gross angetegten „Trattato" über Farben
und Technik genauer zu schreiben, obschon er es
selbst für wichtig hält und, wie er sagt, „dies nur aus
Mangei an Papier vorläufig Untertassen habe" („Quellen-
schr. f. Kunstgesch.", Bd. XVIII, S. :oo). Für einen
grossen Geist, wie es Lionardo war, mag es sehr
nebensächlich erschienen sein, Dinge zu beschreiben,
die ohnehin jedem Lehrling bekannt sein mussten, er
mochte vielleicht eingesehen haben, dass sich die
Hauptsachen der Technik nur durch fortgesetzte
Uebung erlernen lassen, weshalb er auf eine schrift-
liche Darlegung derselben vorerst verzichtete.
In den spärlichen Druckschriften der nordischen
Autoren erhält sich aber lange Zeit noch das Rezepten-
wesen. Boltz von Rufach rechtfertigt sich in der
Vorrede zu seinem „Illuminierbuch" (1562) vor seinen
Fachgenossen, dass er überhaupt Dinge veröffent-
liche, die eigentlich geheim zu halten wären, und tat-
sächlich war seit der Erfindung der Buchdruckerkunst
in Deutschland kein Werk darüber erschienen. Nach
Boltzens erstem Wagnis werden aber die Bücher mit
ausführlichen Rezepten immer häufiger, bis in dem
Nürnberger „Kunst-und Werkschui" (erste Ausg. 1707)
ein dickleibiges Sammelwerk erschien, das in seiner
Ausführlichkeit und Vielseitigkeit kaum mehr über-
boten worden ist.
Der Holländer Karel van Mander mit seinem
„Schilderboeck" (1604), ebenso wie Wilh. Beurs mit
„De groote Waereld int Kleen geschildert" schliessen
sich der Art der Italiener an und betonen mehr die
ästhetisch-optische als die rein technische Seite der
Kunst. Für die Kenntnis der spanischen Malart des
:6. Jahrhunderts wären noch Pachecos und Palo-
minos einschlägige Malbücher zu erwähnen. Ich
möchte diese nur in grossen Zügen gegebene Auf-
zählung der Quellenschriften für die Technik der
Blütezeit der Malerei nicht schliessen, ohne noch auf
das Manuskript des DeMayerne aufmerksam gemacht
zu haben, der durch den persönlichen Verkehr mit
Rubens, Van Dyck und anderen in die Lage kam,
über deren Technik in hohem Grade wichtige Details
zu hinterlassen; das Manuskript ist im IV. Teil dieses
Werkes veröffentlicht, so dass wir uns ein genügend
klares Bild über die Malweise der Zeit zu machen im-
stande sind.
(Schluss folgt.)

Oelireier Malgrund.
Jeder Maler hat bei Ausführung seiner Bilder,
Ornamente usw., welcher Farben er sich auch bedient,
mit einer grossen Schwierigkeit zu kämpfen. Er ver-
mag nicht den Glanz und den Effekt der Farben zu
erhalten, wie er sie beim Aufsetzen erzielt; vielmehr
werden dieselben stets vom Malgrund beeinflusst —
sie dunkeln in der Regel nach. Aber diese Einwirkung
des Grundes hängt natürlich wesentlich von der Grun-
dierung desselben ab, ja er ist in vielen Fällen sogar
unberechenbar.
Eine neue patentierte Erfindung von Emil Hasen-
kamp in Düsseldorf bezweckt die Schaffung eines öl-
freien Malgrundes, der das Einschlagen der frischge-
malten Farben möglichst verhindern soll, so dass sich
das fertige Bild hinsichtlich der Helligkeit möglichst
wenig von den aufgesetzten Farbtönen unterscheidet.

Der Erfinder stellte durch Versuche fest, dass man
zur Erreichung dieses Zweckes die sonst einzeln be-
nutzten Bindemittel, nämlich Leim und Stärke, zu-
sammen anwenden und im übrigen die bekannten Füll-
körper und hygroskopischen Stoffe zusetzen muss. Er
gibt z. B. folgendes Rezept an: Es werden ungefähr
2,500 kg Plumbum carbonicum oder Zincum carbonicum,
0,850 kg Zinkweiss, o,ioo kg Stärke, 0,350 kg Honig
und etwa 0,400 kg Leim mit etwa io 1 Wasser bei
entsprechender Erhitzung gemischt, worauf die Mischung
heiss aufgetragen wird. Dieser von Oel freibleibende
Malgrund besitzt in hohem Masse die gute Eigenschaft
des gewöhnlichen Kreidegrundes; die Farbe wird aber
auch nicht stumpf, tot oder schwarz, wie dies bei dem
üblichen Kreidegrund geschieht. Sie bewahrt ihre
ganze Leuchtkraft und Klarheit. Auch soll ein Ab-
bröckeln des Grundes, der sich fest mit der Leinwand
verbindet, gänzlich ausgeschlossen sein. Man kann
der Grundierung auch einen Farbenton zusetzen, der
aber nicht auf die übrige Masse zerstörend wirken
darf. An Stelle des Honigs kann als Zusatz Zucker,
Stärkesyrup, Glyzerin oder ein anderer hygroskopischer
Stoff, wie Magnesium- oder Kalziumchlorid, treten.
Diese neue Grundierung soll sich nicht nur für Oel-
farben, sondern ebensogut für Tempera-, Pastell-,
Aquarell- und Kaseinfarben eignen.
Wenn der Malgrund all die Vorzüge besitzt, die
ihm vom Erfinder nachgerühmt werden, wäre er ge-
radezu ideal. Die Erfahrung wird erst lehren, ob sich
der Malgrund nicht nur beim Ansetzen der Farben,
sondern auch dauernd gut bewährt.
(Südd. Malerzeitung.)

Neue Malmeihoden.
Dem „Berl. Tageblatt" wird aus Petersburg be-
richtet: „Der Maler Borawski hielt kürzlich einen
Vortrag in der Akademie der Künste über eine von
ihm erfundene neue Malmethode. Die dabei demon-
strierten Bilder waren mit besonderen Farben auf
durchsichtige Leinwand gemalt und zeichneten sich
durch stärkeres Hervortreten der Lichteffekte aus.
Borawski versicherte, dass seine Erfindung für Theater-
und Kirchenmalerei von weittragender Bedeutung sei,
wo ungleich fallendes Licht den Effekt der Malerei
ungenügend hervortreten lässt. Ueberall, wo anormale
Lichtverhältnisse seien, müsse seine Malerei angewandt
werden."
Damit im Zusammenhang dürfte die nachstehende
Notiz über „Doppelmalerei" von Interesse sein, die
in den Tagesblättern die Runde gemacht hat: „Eine
merkwürdige Erfindung, die in den Kreisen russischer
Theaterleiter grosse Beachtung findet, soll eine Moskauer
Malerin gemacht haben. Sie malt auf ein und dieselbe
Leinwand verschiedene Dekorationen. Bei einem
Wechsel der Beleuchtung erscheint bald die eine,
bald die andere. Auf der Bühne des Künstlertheaters
in Moskau bestand die Erfindung die Feuerprobe und
übte auf die anwesenden Bühnensachverständigen eine
verblüffende Wirkung aus. Es wurde ein Panneau
vorgeführt, das bei roter Abendbeleuchtung eine gol-
dene Herbstlandschaft zeigte, bei Mondschein dagegen
einen Dorfanger mit einer Nymphe. Die Erfindung
beruht auf den Komplementärfarben des Spektrums. (?)
Die Direktion der Pariser Grossen Oper, der einige
kleinere Dekorationsstücke von der Künstlerin zuge-
stellt waren, forderte diese auf, nach Paris zu kommen,
um die Erfindung an Ort und Stelle zu demon-
strieren."

Verlag der Werkstatt der Kunst (E. A. Seercann, Leipzig).
 
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