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Münchner kunsttechnische Blätter — 9.1912/​1913

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Nr. 2
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Das "Deutsche Farbenbuch"
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Die chemische Erkennung alter Gemälde
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https://doi.org/10.11588/diglit.36589#0012

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8

Münchner kunsttechnische Biätter.

Nr. 2.

punkte eingehend begründeten, wurde (Bertin, am
29. Juni 1912) foigende Vereinbarung geschiossen:

„Vereinbarung.
1. Die Kommission für das Deutsche Farbenbuch
und der Schutzverein der Lack- und Farbenindustrie
werden zusammen auf Grundiage der vom Verband
deutscher Farbenfabriken bereits herausgegebenen
Farbeniiste, unter Benutzung der darin enthaitenen
Rubriken, eine neue und erweiterte Farbeniiste (Farben-
buch) aufsteiien.
2. Diese neup Farbeniiste (Farbenbuch) soii spezieii
die nachstehenden Körperfarben:
Chromrot Barytweiss (Bianc-Fix)
Bieimennige Zinkweiss
Zinnober Antimonweiss*
Antimonzinnober* Kadmiumgeib
Jodzinnober* Kadmiumorange
Kobaitbiau Grünspan*
Bremerbiau Chromoxydgrün
Pariserblau Cyankupferbraun
ais soiche kennzeichnen, weiche technisch rein ge-
iiefert werden müssen, auch ohne dass sie aus-
drückiich ais rein besteiit werden. Diese Liste
kann nach Vereinbarung der Parteien weiter ergänzt
werden. Bei Nichteinigung der Parteien über ein in
diese Liste aufzunehmendes Farben- oder Maimateriai
soii ein aus zwei Sachverständigen bestehendes gemäss
der Zivilprozessordnung zusammenzusetzendes Schieds-
gericht in Beriin die Frage entscheiden. Einigen sich
die zwei von den Parteien ernannten Schiedsrichter
nicht über die Person des Obmanns, so erfoigt dessen
Ernennung durch das Materiaiienprüfungsamt in Gross-
Lichterfeide.
3. Unter „technisch rein" wird verstanden, dass
keine anderen Stoffe, ais die zur Hersteiiung benötigten,
benutzt worden sind. Verunreinigungen durch fremde
Stoffe dürfen nicht beanstandet werden, wenn sie
bei reinen Farben:

a) für Teerfarbstoffe 0,05%
b) für andere Stoffe 1,00
bei nicht reinen Farben für Teerfarbstoffe
0,03"). nicht übersteigen.
4. Bei Erdfarben geiten nur diejenigen als ohne
andersstoffiiche Zusätze hergesteiit, bei deren Handeis-
namen das Wort „naturecht" beigesetzt ist. Ein
solcher Zusatz braucht jedoch nicht gemacht zu werden
bei foigenden Erdfarben:
Champagner-Kreide
Venezianische Kreide
Cyprische Umbra
Itaiienische Terra di Siena
Französische Ocker
Beigische und Böhmische Grünerde
5. Die Unterzeichneten Vertreter der Kommission
für das Deutsche Farbenbuch werden dafür eintreten,
dass auch die Vereinigung deutscher Farben- und Mai-
mitteiinteressenten zu München und die sonstigen
Interessenten den heutigen Beschiüssen beitreten,
weichen Beitritt sie zu Händen des Vorsitzenden des
Schiedsgerichts, Herrn Geh. Justizrat Prof. Dr. Riesser,
baidmögiichst schriftiich erktären wird.
Ebenso werden die Unterzeichneten Vertreter des
Deutschen Schutzvereins der Lack- und Farbenindustrie
dafür eintreten, dass auch der Verband Deutscher
Farbenfabriken und der Verband Deutscher Lack-
fabrikanten und die sonstigen Interessenten dieser
Vereinbarung beitreten, weicher Beitritt gieichfaiis zu

*) Anmerkung. Die mit den Sternchen versehenen
Farben werden fast nicht benützt, sie finden sich auch
nicht einmai in der „Farbeniiste" des Verbandes deut-
scher Farbenfabriken verzeichnet. D. H.

Händen des vorgenannten Vorsitzenden des Schieds-
gerichts baidmögiichst schriftiich zu erkiären ist."
Die Farbenbuchkommission hat nunmehr der „Ver-
einigung deutscher Farben- und Maimitteiinteressenten"
den obigen Entscheid des Schiedsgerichts vorgeiegt,
und diese ist, wie es ja nicht anders vorauszusehen
war, von dem Ergebnis einigermassen enttäuscht ge-
wesen. Die getroffenen Vereinbarungen „entsprächen
den Anforderungen, weiche die Kommission hinsicht-
iich der Maierei erheben müsse, durchaus noch
nicht voiikommen", so dass wieder neueriich wei-
tere Verhandiungen nötig seien. Insbesondere sind
Bedenken bezüglich der Annahme von Ziffer 3 erhoben
worden.
Es ist überdies nicht verständiich, warum gerade
die kieine Zahi von 16 Körperfarben „technisch rein"
geiiefert werden soiite, nicht aber die vieien übrigen,
für die nicht minder Substanzbezeichnungen bestehen,
wie z. B. Bieiweiss, Uitramarin, Krappiack, Aiizarin-
krapp, Biaugrünoxyd, Barytgeib, Deckgrün (Schwein-
furter Grün) usw. ? Und wenn sich die Kommission
wegen jeder einzeinen Farbe, die „technisch rein" ge-
iiefert werden soiite, erst durch abermaiige Verein-
barungen und Schiedsgerichte wird zu einigen haben,
dann besteht wenig Aussicht, dass das Farbenbuch,
von dem sich vieie eine Gesundung der Beziehungen
zwischen Fabrikanten, Händiern und Konsumenten
versprechen, in absehbarer Zeit wirkiich zustande
kommt.
Die chemische Erkennung alter Gemälde.
Der engiische Chemiker Mr. A. P. Laurie, den
Lesern dieser Biätter ais Fachmann bestens bekannt,
hat, wie wir der „Vossischen Zeitung" vom 30. August
entnehmen, vor der Royai Society in Edinburg einen
Vortrag über aite und neue Farbstoffe und ihre Er-
kennung auf Gemätden gehaften. Er weist die Mitte]
nach, aite und neue Gemälde an Farben voneinander
zu unterscheiden, und daher auch Fäischungen mit
Sicherheit aufzudecken. Im Veriauf der Kunstgeschichte
ist nämiich die Natur von Farben, die von den Maiern
benutzt wurden, vieien Wechsein unterworfen gewesen,
die eine ganz genaue Feststeiiung noch nicht erfahren
haben. Der römische Schriftsteifer Piinius hat aus-
führiiche Angaben über die zu seiner Zeit gebrauchten
Farben gemacht, und Laurie hat nun untersucht, weiche
davon noch heute auf der Paiette des Maiers zu finden
und weiche ganz verschwunden oder durch andere
ersetzt worden sind. Die Prüfungen an Gemäiden
seibst iassen sich ohne deren Beschädigung vornehmen.
Wo nicht eine mikroskopische Besichtigung ausreicht,
können winzige Proben der Farben mit einem beson-
deren Apparat vom Gemäide seibst entnommen wer-
den, ohne dass dieses eine überhaupt sichtbare Ver-
ietzung erfährt. Diese Proben werden dann auf Pa-
raffinwachs gebracht, in noch kieinere Stückchen ge-
schnitten und unter ein kräftiges Mikroskop geiegt.
Die Natur des Farbstoffs kann dann entweder un-
mittelbar oder durch Anwendung von potarisiertem
Licht ermitteit werden. Das wichtigste Materiai für
die Feststeiiung der genauen Zeiten, in denen die
einzeinen Farbstoffe benutzt wurden, sind aite Manu-
skripte, die mit Maierei ausgestattet sind, denn ihr
Aiter ist gewöhniich aus dem Inhait oder aus anderen
Gründen genau bekannt. So hat dann auch Laurie zu
seinen Forschungen eine grosse Zahi iilustrierter Manu-
skripte verschiedener Zeiten und Länder aus dem
Britischen Museum benutzt. Dadurch hat er nachzu-
weisen versucht, wann die verschiedenen Farbstoffe
zuerst in Gebrauch genommen wurden und weiche
Verbreitung ihre Anwendung im Laufe der Zeit er-
fahren hat.

Verlag der Werkstatt der Kunst (E. A. Seemann, Leipzig).
 
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