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Münchner kunsttechnische Blätter — 9.1912/​1913

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Nr. 15
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Eibner, Alexander: Zum Nachdunkeln von Oelbildern, [3]: oelunechte Mineral- und Erdfarben
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Zur Neuauflage des Bandes "Mittelalter" von Bergers Beiträgen zur Entwicklungsgeschichte der Maltechnik, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36589#0064

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6o

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. ,5.

das Bleiweiss stark braune Flecken verursacht, zwischen welchen sich weisse Stellen befinden, werden
bei Zinkweissauflage grössere und zusammenhängende Flächen in schwächerem Ton angefärbt. Die
Färbung hängt von der betreffenden Umbrasorte ab, aber nicht wesentlich von ihrer Tontiefe. Von
zwei gebrannten italienischen Umbren schlug die dunkle mit sepiabraunem Ton durch, die andere,
eine helle Sorte mit schön sienabraunem, aber keineswegs schwächerem Ton. Helle deutsche Umbren
erwiesen sich im ungebrannten Zustande ebenso ölecht wie die eingangs erwähnten englischen. Doch
sind diese Töne nicht so begehrt wie die der cyprischen und italienischen Umbren.
Aus diesen Untersuchungen geht hervor, dass die erwähnten Gerüchte über das Nachdunkeln
von Erdfarben auf der Tatsache beruhen, dass unter diesen ölunechte Typen Vorkommen. Man ist
also genötigt, diese auszuscheiden, um die Erdfarben auch weiterhin als Normalfarben gelten lassen
zu können; oder aber es ist, wenn man das Ausscheiden gerade der schönsten warmtonigen Sorten von
Erdfarben aus der Künstlerpalette wegen nachgewiesener Oelunechtheit ungerne sieht, nur der andere
Weg gegeben, durch geeignete Massnahmen diese Oelunechtheit nicht bis zum Durchschlagen
kommen zu lassen. So hat denn die nach von Künstlern gemachten Beobachtungen einsetzende
wissenschaftlich-maltechnische Forschung mit einer erneuten Beunruhigung des Künstlers hinsichtlich
der Qualität seiner bisher als einwandfreieste betrachteten Materialien geendet, gleichzeitig aber die
Mitte! zur praktischen Beseitigung dieses Uebelstandes gegeben. Sie liegen in der sachgemässen
Anwendung der Malmitte!. Für den Vertreter der Naturwissenschaft bedeutet dieser Vorschlag zur
Abhilfe nicht das Ende seiner Verpflichtung als Forscher und Förderer der bildenden Kunst. Die
Namen Ocker, Siena, Umbra, Englischrot, Caput mort. haben aufgehört, Eigennamen für ebensovielc
Normalfarbentypen zu sein. Sie sind Sammelnamen für Gruppen von Farbstoffen mit verschiedener
Verwendungsfähigkeit als Künstlerölfarben hinsichtlich der vorkommenden Oelunechtheit. Es ist
erneute Gruppenteilung in ölechte bzw. ölunechte Ocker, Sienaerden, Umbren usw. zu veranlassen.
Hier ist es am Platze, daran zu erinnern, dass Pettenkofer im Jahre 1863 die Forderung der
Schaffung einer Wissenschaft der Maltechnik erhoben hat. Der Fall der Oelunechtheit bei Erdfarben
zeigt, dass diese Wissenschaft weit entfernt ist, ausgebaut zu sein. Eine der Ursachen des gegen-
wärtigen Zustandes dieser jungen Wissenschaft hat Gg. Büchner am Schlüsse eines im Jahre 1905
im Polytechnischen Verein in München gehaltenen Vortrages mit folgenden Worten gekennzeichnet:
„Wie sich die Wissenschaft von den Teerfarben ausgebildet hat, muss sich auch noch eine Wissen-
schaft von den metallischen Farben erst ausbilden, die alles in bezug auf diese Farben Wissenswerte
zusammenfasst. Die künftige Wissenschaft von den metallischen Farben, welche die Körper vor
allem in bezug auf die Farbe, die Farbenbeständigkeit, das Färbevermögen, Deckkraft, Verhalten zu
anderen Farben und den Bindemitteln betrachten wird, muss auch die Farben eingehend auf deren
Struktur und molekularen Aufbau, je nach Art der Herstellung, einem eingehenden Studium unter-
werfen. Diese Arbeiten sind mühevoll und die Fortschritte in dieser Beziehung nicht so in die
Augen fallend, als die mehr schöpferische Tätigkeit der Teerfarbendarstellung."
Diese Worte kennzeichnen denselben Standpunkt, auf den sich Pettenkofer versetzt sah, als
er vor die Aufgabe gestellt wurde, Mittel anzugeben, um die blind gewordenen Gemälde der Schleiss-
heimer Galerie zu restaurieren. Er erkannte, dass diese Aufgabe nicht mit chemischen Hilfsmitteln
zu lösen war, sondern unter Anwendung physikalischer Erkenntnisse. Ebenso reicht die rein chemische
Beurteilung von Farbstoffen und angeriebenen Farben nicht hin, um alle bei ihrer Anwendung auf-
tretenden Erscheinungen zu erklären. Es ist eine Errungenschaft der neuesten Zeit, Farbmaterialien
auch nach physikalischen Gesichtspunkten zu betrachten. Den Anstoss zu dieser Reform gaben
Vertreter des Kunstgewerbes und der Malerei. Der bisherige Mange! der Anwendung aller zur
Lösung maltechnischer Fragen nötigen wissenschaftlichen Erkenntnisse ist es, der das langsame
Vorwärtsschreiten der von Pettenkofer gegründeten Wissenschaft der Maltechnik verursacht hat.
Abhilfe kann hier geschaffen werden, wenn sich Wissenschaft und Kunst auf einer Mittellinie zu
gemeinsamem Handeln begegnen.

Zur Neuauilage des Bandes „Mittelalter" von Bergers Beiträgen zur Entwick-
lungsgeschichte der Maltechnik*).

Aus begreiflichen Gründen, die eine Besprechung
obigen Werkes in diesen Blättern untunlich erscheinen
lassen, bringen wir hier das Vorwort zur ersten
und das der neuen Auflage zum Abdruck:
Allgemeine Uebersicht über die
Quellenschriften und deren Wert für unsere
Maltechnik.
Der zweite Teil einer Arbeit, welche die Entwick-
lungsgeschichte der Maltechniken von den ersten kul-
turellen Anfängen bis zur höchsten Stufe der Voll-

endung durch Versuche und Erläuterungen zu zeigen
sich zur Aufgabe gestellt hat, liegt hier vor. Der zu
*) Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Mal-
technik. Herausgegeben von Ernst Berger, Maler.
Dritte Folge. Quellen und Technik der Fresko-,
Oel- und Temperamalerei des Mittelalters von der
byzantinischen Zeit bis einschliesslich der „Erfindung
der Oelmalerei" durch die Brüder Van Eyck. Mit
:6 Abbildungen im Text. 2. Auflage. München 1912,
Verlag von Georg D. W. Callwey. Preis geh. 7 Mk.
 
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