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Münchner kunsttechnische Blätter — 9.1912/​1913

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Nr. 20
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R. M.: Farbstoff früherer Zeiten
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Fachliteratur
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https://doi.org/10.11588/diglit.36589#0086

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82

Münchner kunsttechnische matter.

Nr. 20.

den Maiern foigende Farbstoffe bekannt: Biau:
Indigo, ägyptisch Biau, Azurit, PHanzenblau; Rot:
Ocker, Bieirot, Zinnober, Drachenbiut, Krappiacke,
Kermesiacke und andere PHanzenrote; Geib: Ocker,
Bieigeib, Auripigment, geibe PHanzenfarben; Grün:
Maiachit, Grünspan, Grünerde, grüne PHanzenfarben;
Weiss: Kaik, Gips, Bieiweiss; Schwarz: Schwarzkaik,
Hoizkohie, Lampen- und Knochenschwarz; Purpur:
Tierischer Purpur aus Murexschnecken, Pflanzenpurpur.
Hierzu kam im 9. Jahrhundert nach dem Lucca-
Manuskript noch Kunstzinnober (Vermiiion). Im 13.
und 14. Jahrhundert findet man in Schriften zuerst
erwähnt Naturuitramarin, rote Lackfarben aus Brasil-
hoiz, im i 5. Jahrhundert bei Cennino Cennini Neapei-
geib und nach Boiogneser Handschriften künstiiches
Biei- und Antimongeib. Nach der Zeit der Eroberung
Mexikos, [523, Mitte des 16. Jahrhunderts, wur-
den Cocheniiieiacke bekannt, zuerst bei Matthioii, 1549,
beschrieben. Smaite wird zuerst von Borghini 1584
erwähnt, Preussischbiau erfand 1720 Diesbach, Chrom-
gelb wurde zuerst 17S1, Zinkweiss 1797 dargesteiit,
bekannt wurden künstiiches Ultramarin 1828, Kobait-
blau 184t, Kadmiumgeib 1846, Kobaitgeib (Aureoiin)
1862, Chromgrün 1872.
Laurie betont in seinen weiteren Ausführungen,
dass es schwierig ist, von alten Gemälden Proben
der darin verwendeten Farbstoffe zu entnehmen
und dieseiben geeigneter Prüfungen u. a. auch mikro-
skopischer Betrachtung, zu unterziehen, da es sich
natürlich nur um sehr kleine Probemengen handeln
kann und diese, um den eigentlichen Farbstoff zu er-
halten, geeignet vorbehandelt werden müssen.
An einem Beispiel zeigt Laurie sein Verfahren.
Ein kleines Muster einer blauen Farbe, angenommen
ein Blau mit Bieiweiss gemischt, ist von einem alten
Oelgemälde entnommen worden und wird in Paraffin
eingebettet. Es werden nun dünne mikroskopische
Schnitte angefertigt und auf Präparatengläser gelegt,
dann das Paraffin weggelöst, so dass eine dünne
Schicht des betreffenden Farbstoffes auf der Glas-
unterlage zurückbleibt, welche durch die anwesende
kleine Menge, vom alten Maler als Bindemittel be-
nutzten, Leinöls zusammengehalten wird. Die Schicht
behandelt man nun mit verdünnter Essigsäure, Biei-
weiss löst sich darin leicht auf, der blaue Farbstoff
bleibt ungelöst zurück. Ist Ultramarin anwesend, so
wird dieses durch die Essigsäure gebleicht, es handelt
sich dann nur noch darum, zu ermitteln, ob natürliches
oder künstliches Ultramarinblau vorliegt. Natürliches
Ultramarin (Lapis lazuli) enthält ausser dem blauen
Farbstoff noch andere ungefärbte Mineralbestandteile,
welche von der Essigsäure nicht gelöst werden, dem-
nach unter dem Polarisationsmikroskop untersucht
und erkannt werden können. Finden sich derartige
Mineralkristalle nicht, so liegt künstliches Ultramarin
vor. Tritt ferner durch das Behandeln der Schicht
auf der Glasunterlage mit verdünnter Essigsäure wohl
ein Herauslösen des Bieiweiss, doch kein Bleichen
des blauen Bestandteiles, sondern ein teilweiser An-
griff desselben ein, so ist auf Azurit oder Bremerblau
zu schliessen, welche durch weitere chemische Reak-
tionen voneinander getrennt und bestimmt werden
können. Man sieht aus diesemBeispiel,welcheSchwierig-
keiten bei Untersuchungen von Farbstoffen auf Ge-
mälden und aus Manuskriptbildern zu überwältigen
sind. Laurie führte eine Reihe schön gefärbter Mikro-
photogramme von Farbstoffen und Farbstoffgemischen
vor, welche von alten Zeiten an bis auf die Neuzeit
von Malern benutzt worden sind und grösstenteils von
alten Gemälden und von in alten Handschriften be-
findlichem Bitderschmuck stammten.
Laurie bemerkt ferner hinsichtlich der Färb lacke,
dass die alten Mönche ihre Farblacke in den ersten
Zeiten selbst auf sehr einfache Art bereiteten. Sie

kochten Farbholz aus und fällten aus dem Auszug den
Farbstoff. Solche Farblacke waren natürlich stumpf
und unrein. Vom 13. Jahrhundert an jedoch trifft man
überall auf schöne Lackfarben in mönchischen Hand-
schriften, welche anscheinend aus einerQuelle stammten
und nicht mehr von den schreibenden Mönchen selbst
angefertigt worden waren. Diese Farblacke kamen
zweifellos aus Indien über Marseille oder andere Häfen
und wurden in den Klöstern überall zu Bilder- und
Schriftzwecken benutzt.
Als frühestes bildliches Zeugnis der Verwendung
von Terpentinöl, Naphtha oder Spicköl als Binde-
mittel führte Laurie ein Manuskript des 13. Jahrhunderts,
etwa von 1480 an, welches Bilder mit Wachsfarben
gemalt enthält, so dass der Maler für seinen Zweck
ein Lösungsmittel des Wachses benötigte, wahrschein-
lich Terpentinöl. Am Schluss seines Vortrages zeigte
Laurie noch auf einem Diagramm die Verbreitung der
verschiedenen Farbstoffe in Europa in den verschie-
denen Zeitabschnitten, insbesondere in Mönchshand-
schriften. Zuerst benutzte man Goldstaub, dann Blatt-
gold in Gesellschaft mit Vermiiion, Bleirot, Malachit
und Azurit. Dann treten Kupfergrüne vom 8. bis
14. Jahrhundert auf, im 15. Jahrhundert verbesserte
sich das Ultramarin im Farbton allmählich, Farblacke
in schönen Farbtönen kamen in Anwendung, Krapp-
lack wurde in der letzten Hälfte des 13. Jahrhunderts
benutzt. Lapis lazuli kam wahrscheinlich zuerst aus
Bokhara nach Europa. Die Farbstoffe wurden auf den
Handelsstrassen, welche nach und nach alle Teile
Europas erschlossen, weiter verbreitet und fanden
mehr und mehr Benutzung durch alte Meister und
auch durch Laien in Klöstern und in Städten. R. M.
Fachliteratur.
(Nachtrag.)
Zu der in Nr. iS veröffentlichten Liste sendet uns
ein Leser einen Nachtrag, den wir mit besonderem
Dank für das damit bekundete Interesse hier folgen
lassen:
t. Allgemeines.
H. Taine, Philosophie der Kunst. 2. AuH. Jena 1907
(Eug. Diederich). M. 9.30.
W. Crane, Grundlagen der Zeichnung. 4. AuH. Leipzig
1903 (H. Seemann Nachf.-). M. 3.30 (antiquarisch).
-, Linie und Form. Leipzig 1901. Verlag und
Preis wie oben.
2. Anatomie.
P. Richer, Anatomie f. Künstler. DeutscheUebersetz.
v. C. Schmidt-Risse. Berlin 1912 (Spemann). M. 40.—.
A. Friede!, Mensch und Tier. Grundlagen einer
plastischen Anatomie für Künstler. München 1910
(E. Reinhardt). M. 3.—.
EHenberger, Baum und Dittrich, Handbuch der
Anatomie der Tiere. Leipzig (Dieterichsche Buch-
handlung, Theod. Weicher). Pferd, Rind, Löwe,
Hirsch, Reh, Ziege, Hund (jeder Band auch einzeln)
M. 9'So, 10.—, 16.— und 20.—. Textband M. io.—.
8. Technik des Bildhauers.
A.v. Hildebrand, Problem der Form. 7. AuH. Strass-
burg 1912 (J. H. Ed. Heitz). Preis M. 3.30.
Rud. Maison, Anleitung zur Bildhauerei. Leipzig [894
(J. J. Webers Katechismen Nr. 130). Preis M. 3.—.
Georg Büchner, Aetzen und Färben der Metalle.
Berlin 1911 (M. Krayn). Preis M. 2.50.
— —, Die Metallfärbung. 4. AuH. Berlin 1910 (M.
Krayn). Preis M. 7.30.
(Ein 9. Abschnitt über Graphische Techniken
wird demnächst zum Abdruck gelangen.)

Verlag der Werkstatt der Kunst (E. A. Seemann, Leipzig).
 
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