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Münchner kunsttechnische Blätter — 9.1912/​1913

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Nr. 24
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Berger, Ernst: Ludwig Kainzbauers Buch über die Wiederherstellung der Gemälde
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https://doi.org/10.11588/diglit.36589#0099

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Manchen, i$. Sept. 1913.

Beilage zur „Werkstatt der Kunst" (E. A. Seemann, Leipzig).
Erscheint )4tägig unter Leitung von Maier Prof. Ernst Berger.

IX. Jahrg. Nr. 24.

Inhait: Ludwig Kainzbauers Buch über die Wiederhersteiiung der Gemäide. VonE.B. — Winke für Aquareii-
maier. Von Ch. Mangoid. (Schiuss). — Sickativ ais Trockenmittei der Maierfarben. Von J. M. —
Inhaitsverzeichnis der im IX. Jahrg. abgedruckten Artikei und Abhandiungen.

Ludwig Kainzbauers Buch über die Wiederhersteiiung der Gemälde*).

Von dem in Graz lebenden Maier L. Kainz -
bauer ist kürzlich ein Buch erschienen, das durch
seinen reich gegliederten Inhalt Anspruch macht,
eingehender besprochen zu werden und das ge-
rade deshalb manchem Kollegen willkommen sein
dürfte, weil es die Fragen der Restaurierung von
Bildern aller Art in leicht fasslicher Form be-
handelt und über manche Dinge Aufschluss gibt,
die sich auf die Erkennung, Reinigung und Wieder-
instandsetzung der Malereien beziehen.
Den Lesern der Münchn. kunstt. Blätter ist
Kainzbauer kein Fremder; im 4. Jhg. Nr. 8 dieser
Blätter hat er sich zur Frage der Restaurierung
und Konservierung aiter Gemälde geäussert, und
in Nr. 10/II desselben Jahrganges hndet sich
sein Name als Verfasser eines Aufsatzes über
die „Physikalische Bedingung der Gemälde-
erhaltung", woraus gefolgert werden mag, dass
sich Kainzbauer schon seit längerer Zeit mit den
Fragen der Restaurierungskunst befasst hat, und
als Resultat seiner langjährigen Erfahrungen und
Versuche bietet er in seinem Buche eine Zusammen-
stellung alles dessen, was er mitzuteilen für wich-
tig und angemessen hält.
Darin glauben wir auch den Hauptwert der
Arbeit zu erkennen, dass der Autor eben nichts
beschreibt, was er nicht selbst zu vielen malen
erprobt hat und keine Verrichtung oder kein Re-
zept einfach von anderen übernommen hat, ohne
deren wahren praktischen Zweck durch eigene
Anschauung und Versuche geprüft zu haben. Ob
es sich nun um abbröckelnde BildoberHäche, über

*) Die Art, Behandlung und Wiederherstellung der
Oel-, Tempera- und Freskogemälde sowie der
Aquarelle, Pastelle, Miniaturen, Handzeichnungen und
Bilddrucke. Von Ludwig Kainzbauer. Mit 32 Ab-
bildungen. A. Hartlebens Verlag, Wien und Leipzig
19:3. Preis geh. M. 2.—.

den Verfall des Untergrundes bei Leinwand- oder
Tafelbildern, bei morscher und schlechter Lein-
wand oder andere Schäden der Unterlagen handelt,
er gibt stets gute und verlässliche Ratschläge;
er behandelt das Reinigen der Bilder mit grösster
Ausführlichkeit, nicht minder wie das Abnehmen
des Firnisses, und beschreibt das Regenerations-
verfahren nach Pettenkofer vollkommen klar und
sachlich.
Wenn auch ein guter Teil des Gelingens bei
solchen Arbeiten von der Geschicklichkeit und
der Uebung mit derartigen Manipulationen ab-
hängt und in erster Linie die langjährigen Er-
fahrungen ausschlaggebend sind, so sind die Auf-
gaben , die dem gewissenhaften Bilderrestaurator
zugeteilt sind, im einzelnen dennoch wieder ver-
schieden, und er steht dem „Falle" ebenso gegen-
über, wie ein Arzt am Bette eines Fieberkranken,
bei dessen Krankheitsverlauf sich der Heilungs-
prozess auch nicht gleich von Anfang an be-
stimmen lässt. Und wie der Arzt auf die Wieder-
erlangung und Erhaltung der Gesundheit seiner
Patienten bedacht sein muss, so wird auch der
Bilderrestaurator für die Dauerhaftigkeit seiner
Arbeit besorgt sein und nichts verabsäumen, was
für diesen Zweck geeignet sein könnte.
Man mag vielleicht in einzelnen Punkten, wie
z. B. über die Art des Firnisabnehmens, nicht
ganz mit Kainzbauers Verfahren übereinstimmen,
aber sie ist jedenfalls, mit Vorsicht angewendet,
viel unschädlicher als ein Verfahren, das vor
einiger Zeit als angebliche „Verbesserung" des
Pettenkoferschen empfohlen wurde, bei dem das
„Krepieren" des Firnisses nach dessen Erweichen
in der Regenerationskiste eine Rolle spielt. Es
ist verwunderlich, dass unsere maltechnischen
Lehrbücher dagegen nicht Front gemacht haben
und sogar von einer „Weiterentwicklung" des
 
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