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Münchner kunsttechnische Blätter — 9.1912/​1913

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Nr. 9
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Berger, Ernst: Neue englische maltechnische Literatur, [2]
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Mangold, Chr.: Ueber neuzeitliche Techniken im Maler- und Anstreichergewerbe, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36589#0038

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34

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. 9.

„wäre deren anerkannt grosse Dauerhaftigkeit
schwer zu begreifen, ja seibst wenn, wie ange-
nommen wird, ein wenig Kalk mit den Pigmenten
gemischt würde, ist es kaum glaublich, dass da-
mit dennoch eine haitbare Malerei zustande ge-
bracht werden könnte."
Wir sehen mithin Laurie in diesem Punkte
deutlich auf dem Wege des Rückzuges!
Besonders ausführlich behandelt der Autor die
Stufen der Wandmaltechnik von der Zeit der
Byzantiner bis Cennini, die Malweisen des Theo-
philus und die Miniaturtechnik auf Pergament des
Mittelalters.
Sehr wichtig sind die Abschnitte über die Her-
stellung der Lackfarben bei den alten Meistern.
Hier sehen wir eine Methode befolgt, die von
mir schon vor bald 20 Jahren als geeignet emp-
fohlen wurde, sich über das Material der alten
Meister Rechenschaft geben zu können, nämlich
möglichst genaues Befolgen einzelner besonders
hervorstechender Rezepte für Farbenerzeugung.
Leider hatte ich damals von seiten der Chemiker
wenig Beistand gefunden, weil entgegnet wurde,
die alten Angaben seien ohnedies wertlos, da sie
von niemandem recht verstanden würden. Laurie
hat aber den Weg doch beschritten und ist so
zu interessanten Ergebnissen gelangt, die zur Er-
klärung der Haltbarkeit oder Unhaltbarkeit be-
stimmter früher benutzter Farbstoffe den eigent-
lichen Schlüssel bilden.
Auf dem nämlichen Wege des Experiments
hat Laurie gewisse Erscheinungen zu erklären
versucht, die auf die Erhaltung der Farben, be-
sonders der leicht veränderlichen Kupferfarben,
Einfluss haben müssten, und er hat gefunden, dass
z. B. Verdegris (Grünspan), eine von den alten
Meistern vielverwendete Farbe, nur dann gegen
Einflüsse der schwefelhaltigen Gase geschützt
werden könnte, wenn diese Farbe mit Balsamen
(Terpentinbalsam, Canadabalsam) vermischt an-
gerieben worden war. Aus der trefflichen Er-
haltung dieser Kupferfarbe in alten Bildern schliesst
Laurie auf die Verwendung derartiger Harz-
mischungen zum Bindemittel oder zur Firnis-
bereitung.
Es ist sehr interessant, den chemisch-tech-
nischen Argumentationen des Autors zu folgen,
aber es dürfte zu weit führen, hier auf Einzel-
heiten einzugehen. Sehr zu bemerken ist dabei,
dass Laurie den Schlussfolgerungen Eastlakes hin-
sichtlich der Van-Eyck-Technik nicht zustimmen
kann und vielmehr der Ansicht zuneigt, dass die
allgemein verbreitete Meinung, die Van Eycks
wären die Organisatoren einer neuen technischen
Methode, falsch sei, und dass im Gegenteil ihre
Technik sowie die ihrer Nachfolger den Höhe-
punkt einer traditionell nordischen Malweise ein-
schliesslich der Anwendung gewisser Firnispräpa-
rationen darstelle, geradeso wie wir etwa Fra

Filippo Lippi und Botticelli als höchste Vertreter
der altitalienischen Temperatechnik ansehen (s.
Vorrede).
Diese Ansicht stimmt wohl auch mit den Er-
gebnissen der mikrochemischen Analyse überein,
die bei uns durch Prof. Raehlmann-Weimar in
grösserem Umfange angestellt worden ist, und
der man auch in England, wie die Notiz in Nr. 2
dieses Jahrgangs über „Die chemische Erkennung
alter Gemälde" bezeugt, neuestens berechtigtes
Interesse entgegenbringt.
Zu den Vorzügen des Laurie'schen Buches
ist noch der Anhang zu zählen, der wohl die um-
fassendste Bibliographie der maltechnischen Lite-
ratur aller Zeiten enthält, die bis jetzt zusammen-
gestellt worden ist und vor allen wohl am voll-
ständigsten die englische Literatur berücksichtigt.
Aber wir finden auch sehr ausführlich alle früheren
Ausgaben der Quellenwerke und die Übersetzungen
in andere Sprachen angegeben, so bei Vasari,
Leonardo da Vinci u. a.
Diesen Ueberblick über die neuere englische
Literatur für Maltechnik kann ich nicht schliessen,
ohne noch des vortrefflichen Buches von A. H.
Church: „The Chemistry of Paints and Painting",
das in mehreren Auflagen erschienen ist, zu ge-
denken. Es ist ein in seiner Anlage und Durch-
führung mustergültiges Werk. Da wir von diesem
Buche eine deutsche Uebersetzung haben*), so
genügt dieser Hinweis, um zu zeigen, dass die
moderne englische Literatur für Maltechnik nicht
nur hinsichtlich der historisch-technischen, sondern
auch der chemischen Seite immer noch in die
erste Linie gestellt werden muss, wenn von un-
seren heutigen maltechnischen Büchern gesprochen
wird.
Ueber neuzeitliche Techniken im Maler-
und Anstreichergewerbe.
Von Ch. Mangold.
(Fortsetzung statt Schluss.)
Zu den geraden und wellenförmigen Linien dient
der selbstgefertigte Kamm, der dann später auch bei
den kreisförmigen Verzierungsarten seine Verwendung
findet, indem am Ende desselben ein durchgeschla-
gener Nagel als Stütz- und Drehpunkt dient.
Für einfache Kreise, die nur aus einer Linie be-
stehen, benützt man am besten einen Zirkel, der statt
dem Bleistifteinsatz ein Stückchen Hartgummi ange-
bunden bekommt.
Wie man sich seine Kämme selbst herstellt, so
richtet man sich auch seine Liniale her. An den
Enden derselben bringt man einen Nagel an, dass die
Fläche desselben nicht auf der frischen Masse ruht,
sondern ein Stück darüber hinwegragt. In der Mitte
des Lineals kann man noch einen Handgriff anbringen.

*) Farben und Malerei von A. H. Church. Nach
der 3. Auflage von „The Chemistry of Paints and
Painting" übersetzt und bearbeitet von M. und W.
Ostwald. München :9o8 (Verlag von Georg D. W.
Callwey).
 
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