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Münchner kunsttechnische Blätter — 9.1912/​1913

DOI issue:
Nr. 17
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Buchner, Georg: Malerfarben und Kolloidchemie, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36589#0071

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HBnchen, 12. Mai 1913.

Beilage zur „Werkstatt der Kunst" (E. A. Seemann, Leipzig).
Erscheint t4tägig unter Leitung von Maier Prof. Ernst Berger.

II. Jahrg. Nr. 17.

Inhalt: Malerfarben und Kolloidchemie. Von Georg Büchner-München. — Zur Neuauflage des Bandes „Mittei-
aiter" von Bergers Beiträgen zur Entwicklungsgeschichte der Maitechnik. (Schiuss.) — Gibt es farben-
biinde Maier? — Schutzmanns neue Feldstaffelei „Monachia".

Malerfarben und Koiioidchemie.
Von Georg Büchner-München.

In einem Vortrage „Einiges aus der Chemie
der metallischen Farben" („Bayer. Industrie- und
Gewerbeblatt" 1893, S. 441 u. f.) führte ich aus,
dass bei den sog. Erdfarben, beispielsweise bei
den Ockern, die Farbe und Deckkraft neben der
vorhandenen Menge des färbenden Bestandteils,
hier also des Eisenhydroxydes, auch von dem
molekularen Zustand, also von der besonderen
Struktur dieses Stoffes abhänge, und dass dieser
Zustand eine bedeutende Rolle spiele, so dass
z. B. zwei Ocker mit dem gleichen Gehalt an
Eisenhydroxyd dennoch ganz verschiedene Farben-
nuancen aufweisen können.
Unter „Struktur" dachte ich an einen ver-
schiedenen molekularen Aufbau in der Richtung
der Polymerie und der polymorphen Stoffe, an
das Vorhandensein verschieden grosser Molekular-
aggregate usw.
Als einen ganz wesentlichen Faktor des Fort-
schrittes naturwissenschaftlicher Erkenntnisse kann
man, als Ergebnisse experimenteller Forschungen,
die Verfeinerung unserer Auffassung bezüglich des
Mechanismus des stofflichen Geschehens älteren
gröberen Anschauungen gegenüber bezeichnen.
Wir haben in den letzten Zeiten ganz andere
Einblicke in die subtileren Vorgänge der stoff-
lichen Aenderungen uns zu eigen gemacht, als
das vor kurzer Zeit noch möglich gewesen war.
Es handelt sich um den Fortschritt der physiko-
chemischen Forschungen, insbesondere um
die Ionenlehre und die Koiioidchemie.
Es ist für mich zweifellos, dass für mancherlei
Veränderungen der Malerfarbstoffe, und ge-
rade für die zu den beständigsten gerechneten,
z. B. für die Erdfarben, in erster Linie die Ocker,
ein besonderer Zustand, in dem sie sich befinden,
verantwortlich gemacht werden muss; ich meine

den kolloidalen Zustand. Die neueren kolloid-
chemischen Forschungen bringen in dies bislang
dunkle Gebiet klare Vorstellungen und sind be-
rufen, unsere Kenntnisse von den mineralischen
Farben wesentlich zu erweitern.
Von den vielen Zustandsänderungen, welche
bei den Malerfarben in Betracht kommen, haben
diejenigen, welche sich auf die Verhältnisse kolloi-
daler Systeme beziehen, meines Wissens noch
kaum Beachtung gefunden.
Unsere diesbezüglichen neuen Erkenntnisse
hängen zusammen mit den durch F. Cornu ange-
bahnten Arbeiten bezüglich der Bedeutung der
Kolloidchemie für die Mineralogie. Dieser
Forscher macht darauf aufmerksam, dass sich eine
grosse Zahl von natürlichen Mineralien dem Aus-
sehen und den Eigenschaften nach als Gele (mit
deren besonderen Eigenschaften) erweisen, und
dass die Gele eine viel grössere Verbreitung in
der Natur haben, als bisher angenommen wurde.
Ehe ich mich über diese bedeutenden Erkennt-
nisse etwas näher verbreite, muss ich, um den
nichtfachmännischen Lesern verständlich zu wer-
den, einiges in Kürze über die Natur und die
allgemeinen Eigenschaften der Kolloide erklären.
Es wird dies am besten gelingen, wenn ich
die Natur der Lösungen voranstelle. Im all-
gemeinen kann man eine Lösung irgendeines
Stoffes im Gegensatz zu den groben Zerteilungen,
die man Suspensionen nennt (z. B. in Wasser auf-
geschwcmmtes Mehl oder Erdfarbe u. dgl.), als
homogenes, also gleichartiges Gemisch oder Zer-
teilung definieren. Man hat nun gelernt, zwischen
den Lösungen feinere Unterschiede zu machen,
und bewertet einerseits die wahren Lösungen,
andererseits die falschen Lösungen, mit anderen
Worten, die Lösungen der Kristalloide und die
 
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