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Das neue Frankfurt: internationale Monatsschrift für die Probleme kultureller Neugestaltung — 3.1929

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Craemer, H.: Was können wir Ingenieure zur Gesundung der Baukunst beitragen?
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https://doi.org/10.11588/diglit.17291#0009

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Auch die Werke des Architekten find heute überwiegend Zweckbauten;
befonders dem Wohnungsbau, der heute die Erfüllung höchfter Zweckmähig-
keit bei allergeringften Mitteln fordert, kommt diele Eigenfchaft in noch
höherem Mafje als dem Induftriebau zu. Ich glaube daher, dafj diejenigen
Architekten durchaus auf dem richtigen Wege find, die fich die fachliche und
fchlichte, meinetwegen nüchterne Arbeitsweife des Bau-Ingenieurs zu eigen
gemacht haben, der, vom Bauprogramm und den konduktiven Möglichkeiten
ausgehend, feine Löfung findet und die fich dabei ergebende äuhere Form
als zwangsläufig ohne viel Widerfpruch hinnimmt.

Wie das Huhn, das vom vorübergehenden Wanderer erfchreckt, flügelfchla-
gend auf- und abrennt und das Loch im Zaun nicht findet, fo haben auch
wir Jahrzehnte hindurch immer aufgeregter nach der neuen Form gefucht,
ohne fie zu finden. Verzichten wir dagegen vorläufig auf alle Formfuche, wie
es der Ingenieur von jeher getan hat, fo wird die neue Form ganz von felbft
zu uns kommen. Unfere heutige Aufgabe ift daher mehr oder minder nur
negativ; fie befteht in der Reinigung von allem Gekünffelfen und Gefuchten,
im Abftreifen des Spielerifchen und Launenhaften und dadurch in einer Bo-
denbereitung für die kommende Baukunft.

Die fo entgehenden Werke find allerdings profaifch; aber ehe wir wieder
dichten können, müffen wir zunächft die in der babylonifchen Verwirrung der
letjten Zeit verloren gegangene Fähigkeit wieder gewinnen, gute Profa zu
fchreiben. Dah gute Profa ihre äfthetifchen Qualitäten hat, wird niemand

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