Der Präfident Prof. Mofer Gropius hält (ein Referat In den Reihen der Zuhörer
BILDER VOM II. INTERNATIONALEN KONGRESS FÜR
DISKUSSIONEN
DAS MUSEUM DER GEGENWART mente der Geftaliwerd ung unlerer Zeit zu verwirklichen haben.
Ich bejahe den Riezler'fchen Gedanken einer gefchloffenen und Das Depot oder Archiv wird aus rein praktifchen Gründen, da
fyltematifchen Veranfchaulichung aller „Dokumente der Geltalt- eigene Bauten vorläufig nicht vorhanden find, in einem Mufeum
werdung unferer Zeit", denn es kommt darauf an, dem öffentlichen aufbewahrt werden muffen, wo dann auch die wechselnden Aus-
Bewuhtfein mit aller Kraft einzuhämmern, daf3 diefe Geftalt unfer (tellungen ffattzufinden hätten. Am geeigneten dürften Samm-
Schickfal i(t und dafj es gilt, aus ihr mit allen Mitteln einer heroilchen, lungen vom Charakter des „Deutschen Muleums" in München (ein
ja falt tragifchen Anftrengung des Menfchengeiftes das Befte zu - doch fragt lieh, ob man gerade hier den Blick für das Entfchei-
machen — ftatt einer verfinkenden Welt fruchtlos nachzutrauern, dende haben wird, auf das es einem Riezler ankommt.
Vieles von dem, was Riezler einbeziehen möchte, weil es heraus- Kunftmufeen, und gerade auch folchen neuer und neueffer Kunft,
wächft aus der neuen fozialen wirtlchaftlichen Struktur der Gegen- auch kunltgewerblichen Muleen möchte ich das Archiv mit feinem
wart, fcheint mir freilich unanfehaulichen Charakters und läht fich Ausftellungswefen nicht eben gern angegliedert wiffen. Zum min-
jedenfalls in anderer Form beffer und direkter ftudieren als durch deften liegen hier Gefahren vor. Man wird fehr bald einlehen,
Befuch einer Ausftellung, einer Sammlung. Anfchaulich bleibt das dafj die „technifche Form" an fich mit Kunft noch garnichts zu tun
Reich der „technifchen Formen" und es ift zweifellos eine grofye hat. Die Verwechslung beider ift ein Irrtum, der uns eine Zeitlang
Aufgabe, ihren Gegenfafj zur handwerklichen Erfcheinung, ihre recht heilfam gewefen fein mag, der aber bereits modifch zu werden
immer reinere Selbftdarftellung, ihre immer exaktere Qualität und beginnt, indem er mit technifcher Eleganz, Uniformität und Maffen-
damit ihre foziale normative Funktion zu demonftrieren. konfektion den Ausdruck des eigentlich Menfchlichen — unver-
Aus der vorangegangenen Erörterung der Fachleute ift wohl rückbaren Mittelpunkt aller Kunft — verdrängen möchte. Das
fchon das eine deutlich geworden: dafj der Ausdruck „Mufeum" Technifche im univerfalften Sinn ift heute ein ftilbildender Faktor
tunlichft vermieden werden follte und dah es fich auch nicht um für neue Architektur und Gebrauchskunft, deren Erfcheinung
eine mufeumsarfige ftationäre Schaufteilung der gleichen Objekte „technoide" Züge anzunehmen beginnt. Es bietet Anregung
und ihre langfame fammlerifche Vermehrung handeln kann! In für Malerei, Plaftik und Graphik, ja als eine unheimlich entmenfeh-
Betracht kommen nur wechfelnde Ausheilungen, die den verfchie- lichte Objektivation des Rational-Mechanifchen fogar einen we-
denen Gebieten gerecht werden oder fie auch gelegentlich unter (entlichen Rohftoff für literarilchen und mulikalifchen Ausdruck
einen Generalnenner bringen. Die Ergebniffe diefer Ausftellung unferer Epoche. Nicht weniger, aber auch nicht mehr. Es fcheint
mögen in ein (dem Publikum unlichtbares) Depot fliehen, das mir nicht wünfehenswert, dafj die Kunftmufeen mit ihren Ausftel-
fpäferen Aufteilungen wiederum zu Gute kommen kann und das lungen Irrtümer befeftigen, die allmählich ihre Fruchtbarkeit ein-
als folches auch beifpielhaften Wert für die Zukunft behalten wird, bühen. Sind (olche Ausheilungen dennoch aus räumlichen Grün-
Die Kölner Werkbundausftellung 1932 („Die neue Zeit") wird eine den nur in der Nachbarfchaft von Kunftwerken möglich, fo hat
riefige Materialfammlung für ein folches Depot bereitftellen. Sie ihre Veranftaltung unter den nötigen Vorbehalten zu gefchehen.
wird ja auch übrigens die grohe Kollektivausftellung aller Doku- G. F. Hartlaub, Mannheim
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BILDER VOM II. INTERNATIONALEN KONGRESS FÜR
DISKUSSIONEN
DAS MUSEUM DER GEGENWART mente der Geftaliwerd ung unlerer Zeit zu verwirklichen haben.
Ich bejahe den Riezler'fchen Gedanken einer gefchloffenen und Das Depot oder Archiv wird aus rein praktifchen Gründen, da
fyltematifchen Veranfchaulichung aller „Dokumente der Geltalt- eigene Bauten vorläufig nicht vorhanden find, in einem Mufeum
werdung unferer Zeit", denn es kommt darauf an, dem öffentlichen aufbewahrt werden muffen, wo dann auch die wechselnden Aus-
Bewuhtfein mit aller Kraft einzuhämmern, daf3 diefe Geftalt unfer (tellungen ffattzufinden hätten. Am geeigneten dürften Samm-
Schickfal i(t und dafj es gilt, aus ihr mit allen Mitteln einer heroilchen, lungen vom Charakter des „Deutschen Muleums" in München (ein
ja falt tragifchen Anftrengung des Menfchengeiftes das Befte zu - doch fragt lieh, ob man gerade hier den Blick für das Entfchei-
machen — ftatt einer verfinkenden Welt fruchtlos nachzutrauern, dende haben wird, auf das es einem Riezler ankommt.
Vieles von dem, was Riezler einbeziehen möchte, weil es heraus- Kunftmufeen, und gerade auch folchen neuer und neueffer Kunft,
wächft aus der neuen fozialen wirtlchaftlichen Struktur der Gegen- auch kunltgewerblichen Muleen möchte ich das Archiv mit feinem
wart, fcheint mir freilich unanfehaulichen Charakters und läht fich Ausftellungswefen nicht eben gern angegliedert wiffen. Zum min-
jedenfalls in anderer Form beffer und direkter ftudieren als durch deften liegen hier Gefahren vor. Man wird fehr bald einlehen,
Befuch einer Ausftellung, einer Sammlung. Anfchaulich bleibt das dafj die „technifche Form" an fich mit Kunft noch garnichts zu tun
Reich der „technifchen Formen" und es ift zweifellos eine grofye hat. Die Verwechslung beider ift ein Irrtum, der uns eine Zeitlang
Aufgabe, ihren Gegenfafj zur handwerklichen Erfcheinung, ihre recht heilfam gewefen fein mag, der aber bereits modifch zu werden
immer reinere Selbftdarftellung, ihre immer exaktere Qualität und beginnt, indem er mit technifcher Eleganz, Uniformität und Maffen-
damit ihre foziale normative Funktion zu demonftrieren. konfektion den Ausdruck des eigentlich Menfchlichen — unver-
Aus der vorangegangenen Erörterung der Fachleute ift wohl rückbaren Mittelpunkt aller Kunft — verdrängen möchte. Das
fchon das eine deutlich geworden: dafj der Ausdruck „Mufeum" Technifche im univerfalften Sinn ift heute ein ftilbildender Faktor
tunlichft vermieden werden follte und dah es fich auch nicht um für neue Architektur und Gebrauchskunft, deren Erfcheinung
eine mufeumsarfige ftationäre Schaufteilung der gleichen Objekte „technoide" Züge anzunehmen beginnt. Es bietet Anregung
und ihre langfame fammlerifche Vermehrung handeln kann! In für Malerei, Plaftik und Graphik, ja als eine unheimlich entmenfeh-
Betracht kommen nur wechfelnde Ausheilungen, die den verfchie- lichte Objektivation des Rational-Mechanifchen fogar einen we-
denen Gebieten gerecht werden oder fie auch gelegentlich unter (entlichen Rohftoff für literarilchen und mulikalifchen Ausdruck
einen Generalnenner bringen. Die Ergebniffe diefer Ausftellung unferer Epoche. Nicht weniger, aber auch nicht mehr. Es fcheint
mögen in ein (dem Publikum unlichtbares) Depot fliehen, das mir nicht wünfehenswert, dafj die Kunftmufeen mit ihren Ausftel-
fpäferen Aufteilungen wiederum zu Gute kommen kann und das lungen Irrtümer befeftigen, die allmählich ihre Fruchtbarkeit ein-
als folches auch beifpielhaften Wert für die Zukunft behalten wird, bühen. Sind (olche Ausheilungen dennoch aus räumlichen Grün-
Die Kölner Werkbundausftellung 1932 („Die neue Zeit") wird eine den nur in der Nachbarfchaft von Kunftwerken möglich, fo hat
riefige Materialfammlung für ein folches Depot bereitftellen. Sie ihre Veranftaltung unter den nötigen Vorbehalten zu gefchehen.
wird ja auch übrigens die grohe Kollektivausftellung aller Doku- G. F. Hartlaub, Mannheim
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