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Das neue Frankfurt: internationale Monatsschrift für die Probleme kultureller Neugestaltung — 3.1929

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Hagen, Wilhelm: Biologische und soziale Voraussetzungen der Kleinstwohnung
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https://doi.org/10.11588/diglit.17291#0357

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nur 2 oder 3 Kinder erwarten läfjt, mühte zur Zeit wenigftens die Hälfte der
Wohnungen für 5 und 6 Köpfe ausreichen.

Eine weitere Frage ift, inwieweit die Wohnung Raum bieten muh für das
Aufwachsen der Kinder. Gewifj wird das Kind heute fehr bald von der
Gemeinfchaft erzogen. Krippe und Kindergarten nehmen es fchon im Alter
weniger Monate auf. Aber es ift kein Zweifel, dah darin nicht die Regel
gefehen werden darf, zumal auch die beften Einrichtungen für die Kollektiv-
erziehung des Säuglings und Kleinkindes gefundheitlich dem Aufwachfen
in der Familie nicht gleichzufetjen find. Die Wohnung mufj Lebensraum für

den Säuqlinq und weniqftens für die Nachmittagsftunden auch für das Klein-
siedlung der Warschauer Wohnungsgenoffen- i . i • "7 r i \i c l l t l l i r Ii • i

rchaft. kind bieten. Sie mul3 alfo Sonne und Luft haben und (oll, wenn irgend

Architekten B. und ST. BRUKALSKI, Warfchau ■■ i> i j a i t • c • (1 n r\ -Ii v i l Li AI

möglich, den Auslaut ins rreie geltatten. Uas altere Mnd braucht eine Ab-
fonderungsmöglichkeit auch für feine Arbeit. Die Schlafräume müffen alfo
wenigftens einem Arbeitsplan noch genügend Raum laffen. Daraus ergibt fich
auch, dafj wir dem Flachbau den Vorzug vor dem Hochbau geben. Er wird
für die Kleinftwohnungen wirtfchaftlich nicht immer durchführbar fein, doch
ift der zweiftöckige Bau mit Garten bei jeder Wohnung eine Löfung, die
häufig — das heifjt bei billigen Bodenpreifen - möglich fein könnte. Damit
foll der Hochbau nicht von vorneherein abgelehnt werden. Bienenwaben-
bauten fchaffen aber erfahrungsgemäß ein foziologifches Milieu, das dem
Klatfch und den Zänkereien einen viel bereitwilligeren Boden bietet, als die
Flachbaufiedlung, deren Gemeinfchaftsgefühl meift beffer ift, weil es nicht
auf fo harte Proben geftellt wird. Zudem hat der Garten für den Arbeiter-
haushalt eine hohe wirtfchaftliche Bedeutung.

Damit kommen wir zu den Detailanforderungen, welche wir an die Wohnung
ftellen. Gerade in der heutigen Zeit der ftarken Kollektivierung des Einzel-
nen muf) die Wohnung die Möglichkeit des Abfchluffes von der Nachbar-

Terraffe eines Kleinwohnungbaus in Stockholm , ■ , . , c \ t \t i i c i n i- i i i \a/- i ■ i ■ ii r i

Architekt sven markelius, Stockholm. Mit- Ichatt bieten, hs darf allo bei der schalldichte der Wände nicht allzu lehr
arbeiter Mogens Mogenfen gefpart werden. Die Befchränkung der Grundfläche wird die Kombinierung

der Räume für verfchiedene Zwecke zur Folge haben. Der alte Kleinwoh-
nungsgrundrifj hafte meift die Wohnküche und Schlafkammern; daneben
noch die „gute Stube". Die Verfelbftändigung der kleinen Küche neben dem
Hauptwohnraum bringt das Verfchwinden der jefjt überflüffigen guten Stube
mit fich, und es ergibt fich der heutige Standardgrundrifj aus kleiner Küche
oder Kochnifche, grobem Wohnraum und Schlafkammern. Dabei muh im
Notfall der Wohnraum zum Schlafen mit herangezogen werden. Auf das
eingebaute Bad wird die Wohnung für das Existenzminimum verzichten
müffen. Ein Wafchraum mit Dufche dürfte die obere Grenze des Möglichen
fein. Es mufj dem Mieter überlaffen werden, ob er ihn durch die Aufteilung
einer wenig Plarj wegnehmenden und wenig Waffer brauchenden Zink-
badewanne ergänzen will. Auch in der Ausftattung der Räume ift vom
hygienifchen Gefichtspunkt Sparfamkeit zu verantworten. Möbeleinbauten

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