Willen oder die Kraft zu besitzen, den Ueber-
schwang dieses Egoismus zu dämpfen und einzu-
betten.
Er erinnerte sich der Worte, die er am Morgen
in dem Brief an seinen Freund geschrieben hatte:
„Es ist nicht die Frage, ob eine Seele groß und
edel sei, es ist die Frage: Ist sie so zart organi-
siert, daß selbst der schwächste Hauch eines Mun-
des eine Spur auf ihr zurückläßt?“ Unbewußt war
er dieser Erkenntnis gefolgt, als er sein erstes Werk
schuf; und als er jene Worte schrieb, war es ihm
bewußt geworden. Jetzt durfte er sich nicht mehr
mimosenhaft allen Eindrücken und Einflüssen, die
von außen kamen, verschließen, jetzt war es seine
Pflicht, sich als Künstler mit ihnen auseinanderzu-
setzen. Und eines war, das er ablegen mußte: Das
verzerrte Lächeln dessen, der ganz vornehmer
Klang geworden ist und jeden Mißklang verab-
scheut. In ihm erkannte er jetzt den Feind und
diesem Feinde wollte er mit aller Kraft entgegen-
treten. Mensch unter Menschen. — Nicht nur
Künstler unter Menschen. Dies war die schwere
Stunde, da Johannes sein erstes Werk verleug-
nete. Jetzt meinte er, daß er sein zweites Werk
schaffen könne, das Mitleid war nun mächtig ge-
worden.
Die Sommernacht stand hoch und rein über
dem Tal. Drunten schlief die Stadt; nur wenige
Lichter blinkten noch, schläfrige Augen. Es war
still wie in einem Dom; nur wenn ein Zug am Aus-
gang des Tales vorüberbrauste, glomm ein
schwaches Rollen über die Dächer der Stadt und
wuchs in leiser Unruhe die Berghänge hinan. Ein-
sam sonderte es sich ab, wie er es getan hatte,
als er sein erstes Werk schuf.
Die Sommernacht hing, ein großer duftender
Blumenkelch, über die Erde, in wehmütiger Freude,
da nun das Verblühen begann: Der neue Tag stand
draußen und bereitete sich zu seinem Einzug in die
Erde. Ein neuer glühender Sommertag. Eine neue
Sonne kam.
. . . . Und so schritt Johannes weiter, beschwert
mit dem Reichtum des Tages, an dem er das Er-
reichte geprüft und über sich selbst Gericht gehal-
ten hatte. Mit unerschütterlicher Ehrlichkeit war
alles getan worden; mit unerschütterlicher Ehrlich-
keit mußte weitergeschritten werden. Und das
ewig Bleibende in der Entwicklung dieser Künst-
lerseele war der starke strahlende Glaube an sich
selbst. Der führt in Tiefen und auf Höhen mit der-
selben fröhlichen Unverzagtheit. Der schuf tönende
Farben und genoß sie mit ehrfürchtigen Schauern.
Der war groß und schön und ewig jung.
Inhalt
Vierter Jahrgang
Erstes Halbjahr 1913
Beiträge Nummer
Seite
Joseph Adler
Vom andern Ufer
158/159
23
Peter Scher
162/163
39
Ein Buch von Döblin
170/171
71
G u i 11 a u m e Apollinaire
Zone
154/155
4
Arthur Babillotte
Die Schwermut des Genießers
156/157
14
158/159
20
160/161
30
162/163
36
164/165
44
166/167
54
168/169
59
170/171
70
174/175
86
176/177
94
178/179
102
Adolf Behne
Henri Matisse
162/163
36
Gini Severini
172/173
73
Gottfried Benn
Gedichte
160/161
26
William Blake
Sprüche aus den Werken
154/155
2
Paul Bommersheim
Gedicht
168/169
59
B1 a i s e Cendrars
Le douanier Henri Rousseau
178/179
99
Alfred Döblin
An Romanautoren und ihre Kritiker
158/159
17
A I b er t Ehrenstein
Der Tod in Venedig
164/165
44
Der Traum des achhundertundacht-
zigsten Nachtredakteurs
164/165
42
Elisabeth Epstein
Das Lächerlichsein
156/157
15
Hermann Essig
Hippodrom
164/165
43
Otto Feyen
Glosse zu Franz Jung: Das Trottel-
buch
154/155
6
S. Friedlaender
Die Mitte zwischen Extremen
158/159
22
Richard Fuchs
Orient oder Occident
176/177
91
Götz
Charles Louis Philippe übersetzt
176/177
95
Paul Hatvani
Die Stimme der Zeit
170/171
70
Wilhelm Hausenstein
Literatur zu den neuen Kunstbe-
wegungen
156/157
10
Vom Kubismus
170/171
67
Hegener
Das Bildnis des Marcel Schwöb und
seine Grabschrift
178/179
100
Arno Holz
160/161
26
Kandinsky
Malerei als reine Kunst
178/179
98
Für Kandinsky
Protest
154/155
3
A a g e von Kohl
Der schöne Korporal
174/175
82
Fernand Löger
Les Origines de la peinture contem-
poraine et sa valeur repräsentative
172/177
76
Rudolf Leonhard
Angelische Strophen
154/155
3
O Welt
166/167
52
Ernst Wilhelm Lotz
Gedichte
156/157
14
Gedichte
162/163
35
Allein
166/167
50
Katechismus
166/167
51
Gedichte
176/177
90
Franz Marc
Notiz
166/167
55
Friedrich Markus Huebner
Der Fall Bernd Isemann
174/175
87
Emil Ernst Mehnert
Gedicht
174/175
87
Alfred Richard Meyer
Dortmund
158/159
22
Steglitz
160/161
29
Gedicht
164/165
44
Kloster Neustift bei Brixen
166/167
51
Paris
174/175
85
Günther Mürr
Vergottung in Marie
172/173
75
Mynona
Die Torturen des Gottes Mumba
164/165
42
Idee vom Ferntaster
170/171
66
Rosa, die schöne Schutzmannsfrau
174/175
85
L. H. Neitzel
Moderner Bund
154/155
6
G a s t o n Picard
Creations
162/163
35
Isidor Quartner
Gedichte
156/157
10
Liebeslied
158/159
20
Sinnlichkeit
168/169
59
Arthur Rimbaud
Gedichte
172/173
'4
C u r t Seidel
Rosso-Rodin
154/155
2
Kurt Striepe
Die Brücke
176/177
90
Hugo Engelbert Schwarz
Phantasien des totgeborenen Knaben
Mokuro
154/155
2
Ardibots letztes Auftreten
168/169
57
Elezagal, die gelbe Maus
178/179
99
Paul Scheerbart
Herr Kammerdiener Kneetschke
156/157
10
Peter Scher
Das Holzbein
166/167
51
Das Bad der Pauline Borghese
176/177
93
Marcel Schwöb
Die Leichenfrauen
172/173
74
Josef Tress
Vater
172/173
76
Gedichte
178/179
99
H. W.
Von den schönen Künsten
158/159
18
Das Fest des heiligen Geistes
160/161
31
Zeitgeschichte
162/163
34
Sammelwut
164/165
42
Puppchen
166/167
50
Kritiker
166/167
52
Festspielerei
170/171
66
Der Tafel
172/173
79
Kunsthelfer
176/177
90
E. Wichman
Oratio pro Domo
174/175
87
Erich Vogeler
Das energetische Evangelium
164/165
47
Vom Kubismus
172/173
79
Paul Zech
Das Baalsopfer
160/161
26
Die hallucinierte Nacht
168/169
59
Zeichnungen
Nummer
Hans Arp
Zeichnung
154/155
Zeichnungen
158/159
Bolz
Originalholzschnitt
164/165
Delaunay
Zeichnung
174/175
Jacob Eingartner
Originalholzschnitt
176/177
Walter Helbig
Landschaft / Originalholzschnitt
154/155
Hermann Huber
Zeichnung
154/155
A. J. Korteweg
Linoleumschnitte
170/171
Marie Laurencin
Originalholzschnitte
156/157
Originalholzschnitt
160/161
F e r n a n t Löger
Zeichnung
172/173
Oskar Lüthy
Originalzeichnung
154/155
Franz Marc
Originalholzschnitt
156/157
Originalholzschnitt
160/161
Wilhelm Morgner
Originalholzschnitt
164/165
Linoleumschnitte
166/167
Linoleumschnitt
168/169
Gabriele Munter
Zeichnungen
156/157
Originalholzschnitt
162/163
Richter -Berlin
Originalholzschnitt
168/169
F r. Rosenkranz
Originalholzschnitt
16U/1Ö1
Artur Sega!
Originalholzschnitt
162/163
Originalholzschnitt
172/173
C u r t Stoermer
Originalholzschnitt
166/167
Originalholzschnitt
178/179
Storm-Petersen
Originalholzschnitt
178/179
111
schwang dieses Egoismus zu dämpfen und einzu-
betten.
Er erinnerte sich der Worte, die er am Morgen
in dem Brief an seinen Freund geschrieben hatte:
„Es ist nicht die Frage, ob eine Seele groß und
edel sei, es ist die Frage: Ist sie so zart organi-
siert, daß selbst der schwächste Hauch eines Mun-
des eine Spur auf ihr zurückläßt?“ Unbewußt war
er dieser Erkenntnis gefolgt, als er sein erstes Werk
schuf; und als er jene Worte schrieb, war es ihm
bewußt geworden. Jetzt durfte er sich nicht mehr
mimosenhaft allen Eindrücken und Einflüssen, die
von außen kamen, verschließen, jetzt war es seine
Pflicht, sich als Künstler mit ihnen auseinanderzu-
setzen. Und eines war, das er ablegen mußte: Das
verzerrte Lächeln dessen, der ganz vornehmer
Klang geworden ist und jeden Mißklang verab-
scheut. In ihm erkannte er jetzt den Feind und
diesem Feinde wollte er mit aller Kraft entgegen-
treten. Mensch unter Menschen. — Nicht nur
Künstler unter Menschen. Dies war die schwere
Stunde, da Johannes sein erstes Werk verleug-
nete. Jetzt meinte er, daß er sein zweites Werk
schaffen könne, das Mitleid war nun mächtig ge-
worden.
Die Sommernacht stand hoch und rein über
dem Tal. Drunten schlief die Stadt; nur wenige
Lichter blinkten noch, schläfrige Augen. Es war
still wie in einem Dom; nur wenn ein Zug am Aus-
gang des Tales vorüberbrauste, glomm ein
schwaches Rollen über die Dächer der Stadt und
wuchs in leiser Unruhe die Berghänge hinan. Ein-
sam sonderte es sich ab, wie er es getan hatte,
als er sein erstes Werk schuf.
Die Sommernacht hing, ein großer duftender
Blumenkelch, über die Erde, in wehmütiger Freude,
da nun das Verblühen begann: Der neue Tag stand
draußen und bereitete sich zu seinem Einzug in die
Erde. Ein neuer glühender Sommertag. Eine neue
Sonne kam.
. . . . Und so schritt Johannes weiter, beschwert
mit dem Reichtum des Tages, an dem er das Er-
reichte geprüft und über sich selbst Gericht gehal-
ten hatte. Mit unerschütterlicher Ehrlichkeit war
alles getan worden; mit unerschütterlicher Ehrlich-
keit mußte weitergeschritten werden. Und das
ewig Bleibende in der Entwicklung dieser Künst-
lerseele war der starke strahlende Glaube an sich
selbst. Der führt in Tiefen und auf Höhen mit der-
selben fröhlichen Unverzagtheit. Der schuf tönende
Farben und genoß sie mit ehrfürchtigen Schauern.
Der war groß und schön und ewig jung.
Inhalt
Vierter Jahrgang
Erstes Halbjahr 1913
Beiträge Nummer
Seite
Joseph Adler
Vom andern Ufer
158/159
23
Peter Scher
162/163
39
Ein Buch von Döblin
170/171
71
G u i 11 a u m e Apollinaire
Zone
154/155
4
Arthur Babillotte
Die Schwermut des Genießers
156/157
14
158/159
20
160/161
30
162/163
36
164/165
44
166/167
54
168/169
59
170/171
70
174/175
86
176/177
94
178/179
102
Adolf Behne
Henri Matisse
162/163
36
Gini Severini
172/173
73
Gottfried Benn
Gedichte
160/161
26
William Blake
Sprüche aus den Werken
154/155
2
Paul Bommersheim
Gedicht
168/169
59
B1 a i s e Cendrars
Le douanier Henri Rousseau
178/179
99
Alfred Döblin
An Romanautoren und ihre Kritiker
158/159
17
A I b er t Ehrenstein
Der Tod in Venedig
164/165
44
Der Traum des achhundertundacht-
zigsten Nachtredakteurs
164/165
42
Elisabeth Epstein
Das Lächerlichsein
156/157
15
Hermann Essig
Hippodrom
164/165
43
Otto Feyen
Glosse zu Franz Jung: Das Trottel-
buch
154/155
6
S. Friedlaender
Die Mitte zwischen Extremen
158/159
22
Richard Fuchs
Orient oder Occident
176/177
91
Götz
Charles Louis Philippe übersetzt
176/177
95
Paul Hatvani
Die Stimme der Zeit
170/171
70
Wilhelm Hausenstein
Literatur zu den neuen Kunstbe-
wegungen
156/157
10
Vom Kubismus
170/171
67
Hegener
Das Bildnis des Marcel Schwöb und
seine Grabschrift
178/179
100
Arno Holz
160/161
26
Kandinsky
Malerei als reine Kunst
178/179
98
Für Kandinsky
Protest
154/155
3
A a g e von Kohl
Der schöne Korporal
174/175
82
Fernand Löger
Les Origines de la peinture contem-
poraine et sa valeur repräsentative
172/177
76
Rudolf Leonhard
Angelische Strophen
154/155
3
O Welt
166/167
52
Ernst Wilhelm Lotz
Gedichte
156/157
14
Gedichte
162/163
35
Allein
166/167
50
Katechismus
166/167
51
Gedichte
176/177
90
Franz Marc
Notiz
166/167
55
Friedrich Markus Huebner
Der Fall Bernd Isemann
174/175
87
Emil Ernst Mehnert
Gedicht
174/175
87
Alfred Richard Meyer
Dortmund
158/159
22
Steglitz
160/161
29
Gedicht
164/165
44
Kloster Neustift bei Brixen
166/167
51
Paris
174/175
85
Günther Mürr
Vergottung in Marie
172/173
75
Mynona
Die Torturen des Gottes Mumba
164/165
42
Idee vom Ferntaster
170/171
66
Rosa, die schöne Schutzmannsfrau
174/175
85
L. H. Neitzel
Moderner Bund
154/155
6
G a s t o n Picard
Creations
162/163
35
Isidor Quartner
Gedichte
156/157
10
Liebeslied
158/159
20
Sinnlichkeit
168/169
59
Arthur Rimbaud
Gedichte
172/173
'4
C u r t Seidel
Rosso-Rodin
154/155
2
Kurt Striepe
Die Brücke
176/177
90
Hugo Engelbert Schwarz
Phantasien des totgeborenen Knaben
Mokuro
154/155
2
Ardibots letztes Auftreten
168/169
57
Elezagal, die gelbe Maus
178/179
99
Paul Scheerbart
Herr Kammerdiener Kneetschke
156/157
10
Peter Scher
Das Holzbein
166/167
51
Das Bad der Pauline Borghese
176/177
93
Marcel Schwöb
Die Leichenfrauen
172/173
74
Josef Tress
Vater
172/173
76
Gedichte
178/179
99
H. W.
Von den schönen Künsten
158/159
18
Das Fest des heiligen Geistes
160/161
31
Zeitgeschichte
162/163
34
Sammelwut
164/165
42
Puppchen
166/167
50
Kritiker
166/167
52
Festspielerei
170/171
66
Der Tafel
172/173
79
Kunsthelfer
176/177
90
E. Wichman
Oratio pro Domo
174/175
87
Erich Vogeler
Das energetische Evangelium
164/165
47
Vom Kubismus
172/173
79
Paul Zech
Das Baalsopfer
160/161
26
Die hallucinierte Nacht
168/169
59
Zeichnungen
Nummer
Hans Arp
Zeichnung
154/155
Zeichnungen
158/159
Bolz
Originalholzschnitt
164/165
Delaunay
Zeichnung
174/175
Jacob Eingartner
Originalholzschnitt
176/177
Walter Helbig
Landschaft / Originalholzschnitt
154/155
Hermann Huber
Zeichnung
154/155
A. J. Korteweg
Linoleumschnitte
170/171
Marie Laurencin
Originalholzschnitte
156/157
Originalholzschnitt
160/161
F e r n a n t Löger
Zeichnung
172/173
Oskar Lüthy
Originalzeichnung
154/155
Franz Marc
Originalholzschnitt
156/157
Originalholzschnitt
160/161
Wilhelm Morgner
Originalholzschnitt
164/165
Linoleumschnitte
166/167
Linoleumschnitt
168/169
Gabriele Munter
Zeichnungen
156/157
Originalholzschnitt
162/163
Richter -Berlin
Originalholzschnitt
168/169
F r. Rosenkranz
Originalholzschnitt
16U/1Ö1
Artur Sega!
Originalholzschnitt
162/163
Originalholzschnitt
172/173
C u r t Stoermer
Originalholzschnitt
166/167
Originalholzschnitt
178/179
Storm-Petersen
Originalholzschnitt
178/179
111