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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 40.1929

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Löwitsch, Franz: Raum-Empfinden und Baukunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.10701#0092

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70

INNEN-DEKORATION

I

PROFESSOR ADOLF RAD1NO - BRESLAU HAUS KR1EBEL. OSTSEITE MIT TERRASSE

RAUM-EMPFINDEN UND BAUKUNST

n einem bemerkenswerten fachwissenschaftlichen die geschlossene Höhle ein ästhetisches Bedürfnis

Referat über »Raum-Empfinden und moderne waren. Aber schon die Gotik rüttelt an diesen

Baukunst« in der Zeitschrift »Imago« (Internationa- Gesetzen. Und noch mehr tut dies die moderne

ler psychoanalytischer Verlag, Wien) bietet Archi- Kunst. . Wenn eine Kunst sich ablöst von den

tekt Dipl.-Ing. Franz Lö witsch-Berlin eine tief- Gesetzen der Symmetrie und Proportion, so folgt,

gehende Analyse. Einige Gedankengänge seien daß sie eben nicht mehr die geschlossene Körper-

hier kurz zitiert. Von der Feststellung ausgehend, lichkeit, die abgeschlossene höhlenhafte Form

daß das Raum-Empfinden des Menschen zu ver- will. . An die Stelle von Körper und Höhle tritt

schiedenen Zeiten, verschiedener Personen, Gene- eine andere Raumvorstellung: die »Struktur«,

rationen, Kultur-Epochen, Rassen verschieden die sich nicht, selbstruhend, dem ruhenden Be-

ist, wird eine Einteilung der räumlichen Erlebnisse schauer zur Gänze darbietet, sondern, geboren aus

in vier Gruppen vorgenommen: in die des »zel- dem Drange nach Bewegung, selbst wieder nur

lenhaften«, »höhlenhaften«, »dinghaften« durch Bewegung angeschaut, verstanden und ge-

und »energetischen« Raumes.......... nossen werden kann. . Es wiederholt sich in der

»In der griechischen Baukunst dominiert der ding- Raumkunst dasselbe wie in der Raum Wissenschaft,

hafte, in der römisch frühchristlichen der höhlen- der Physik, der modernen Malerei, der modernen

hafte Raum, — beide mit positiven Vorzeichen, Musik, dem modernen Drama.«..........

naivbejaht. Im nordisch-romanischen Stil bekommt »Mehr als früher ist das, was der Architekt

die Höhle ihr negatives Vorzeichen und wird bildet, nicht Stein, Holz und Eisen, sondern die

schließlich als Symbol des »Jammertales« abge- Tätigkeit des Menschen, für den er baut,

lehnt. . Antike, romanische und barocke Kunst Indem er seinen Raum formt, schreibt er ihm die

bildeten ihre Werke so, weil sie sie zu selbstän- darin möglichen Bewegungen vor, formt er sein

digen, in sich geschlossenen Individuen ausbilden Leben. Nur durch das Leben, das ein Bau

wollten: weil ihnen der geschlossene Körper, ermöglicht, kann er im Sinne des modernen
 
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