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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 40.1929

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Michel, Wilhelm: Raum - Ton - Unendlichkeit: eine analysierende Bemerkung über den Gong
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https://doi.org/10.11588/diglit.10701#0086

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RAUM — TON — UNENDLICHKEIT

eine analysierende bemerkung über den gong

Ostliche Kunst lebt vom Gefühl des unend-
lichen Raumes. Sie läßt in ihrer Malerei
die Dinge flach und zart in ihm leben, von Unend-
lichkeit durchlüftet, die wie ein weißer Nebel über-
all hereindringt: eine schimmernde, positive
»Leere« . Was in dieser Malerei der unendliche
Raum ist, das ist in der zugehörigen Tönewelt der
» Gong«-Ton. Er schwingt sich, fast mittelpunkt-
los, nach allen Seiten, quellend und füllend, hohl
von der konkaven, gehämmerten Metallscheibe
her, die ihn aussendet. Er geht vom sanften Sum-
men zum tiefen Rollen, zum Dröhnen und Gellen.
Immer ist es in seinem Bereich geisterhaft, fremd
und bedeutsam mahnend; immer ist es im Ton
des Gongs wie ein Einbruch der Unendlichkeit in
die irdische, endliche Welt. Er ist der heimatlose
Urklang, der Welthöhlen-Ton. Obwohl er eine

rasche, mystische Verflüchtigung hat, wischt er
dieTagansicht der Welt für die Dauer seines Dröh-
nens aus und kehrt alle vertrauten Dinge um, daß
sie auf Augenblicke wie Negative erscheinen: das
Unendliche, das lebensvolle »Tao« ist die einzige
Wirklichkeit, solange der Gong brummt. Und wie
in der chinesischen Malerei die Berge, die Hütten,
die Tiere nur zart und scheu auftreten, bedrängt
von dem Wunder der mächtigen »Leere«, so wer-
den auch unter dem Gong-Ton die Dinge von
einem mystischen Verblassen ergriffen. Sie wer-
den »transparent« für das Mächtigere, für die Ge-
walt der unendlichen Beziehung, die jede
vereinzelte Form im Innersten ergreift und durch-
leuchtet, weil sie das Wesen ist: die große Bahn,
der gültige Anschluß, der stiftende, der schaf-
fende und belebende Grund. . . . wilhelm michel.

FRITZ AUG.
BREUHAUS
DÜSSELDORF:
TISCH-GONG

AUSFÜHRUNG: WÜRTTEMBERG ISCHE METALLWARENFABRIK-GE1SLINGEN-STEIGE
 
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