Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 40.1929
Zitieren dieser Seite
Bitte zitieren Sie diese Seite, indem Sie folgende Adresse (URL)/folgende DOI benutzen:
https://doi.org/10.11588/diglit.10701#0148
DOI Artikel:
Keyserling, Hermann; Curtius, Ernst Robert: Merkmale unserer Zeit
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.10701#0148
126
INNEN-DEKORATION
professor adelbert niemeyer-münchen junggesellen-zimmer. haus »eckartshof«
»MERKMALE UNSERER ZEIT«
Zur geistigen und kulturellen Gesarntlage der es sich vielmehr um die Vorstufe eines Nieda-
Zeit äußerten sich in der »Kölnischen Zeitung« gewesenen und unbedingt Fortschrittlichen. Bei
eine Reihe namhafter Persönlichkeiten. Zwei For- der technischen Eroberung und Beherrschung der
mulierungen seien auszugsweise wiedergegeben: Welt handelt es sich nicht nur um einen neuen
* natürlichen Zustand, sondern recht eigentlich eine
»Unsere Zeit hat zwei Grundmerkmale: die »neue geologische Epoche«: die Epoche, wo der
Verjüngung und die Vergeistigung. Das erste Mensch zum erstenmal die Herrenstellung in der
hängt mit dem Ende der vergangenen Kultur- Welt erringt.«.......graf hermann Keyserling.
epoche zusammen. Solange eine Lebensreihe ihre ★
innern Möglichkeiten nicht absolut erschöpft hat, »Natur- und Geisteswissenschaften haben das
folgen auf Altersperioden Jugendperioden. Heute Welt- und Menschenbild des 19. Jahrhunderts so
steht nun die Welt im Zeichen der Verjüngung vollkommen erneuert, daß wir es nichtmehr wie-
und der Jugend wie nie zuvor, weil dank der vor- dererkennen. . Wie die Wissenschaft, so ist die
geschrittenen Intellektualisierung alle alten Kul- Kunst und das Ethos an dieser Umpflügung und
turen auf einmal sterben und so überall eine neue Umwälzung unseres Bewußtseins beteiligt. . Es ist
Jugend die natürliche Oberhand gewinnt...... nicht bequem, in eine solche Wandlung hineinge-
Das zweite Grundmerkmal dieser Zeit ist die rissen zu werden. So erklärt sich manche Äußerung
Vergeistigung. Sie tritt in großem Stil, natürlich des Mißmuts oder des Pessimismus über unsere
zumeist in ihrer oberflächlichsten Form, zutage in Epoche. Aber wirkt sich in dieser allgemeinen
der Intellektualisierung und Mechanisierung. Den- Erschütterung und Neuprüfung unserer geistigen
noch irren die vollkommen, die hierin ein »Ende« Seinsgrundlagen nicht auch eine gewaltige Ener-
sehen, eine Entartung, einen Verfall. Hier handelt gie aus? Muß man diese Kraft nicht bejahen?
INNEN-DEKORATION
professor adelbert niemeyer-münchen junggesellen-zimmer. haus »eckartshof«
»MERKMALE UNSERER ZEIT«
Zur geistigen und kulturellen Gesarntlage der es sich vielmehr um die Vorstufe eines Nieda-
Zeit äußerten sich in der »Kölnischen Zeitung« gewesenen und unbedingt Fortschrittlichen. Bei
eine Reihe namhafter Persönlichkeiten. Zwei For- der technischen Eroberung und Beherrschung der
mulierungen seien auszugsweise wiedergegeben: Welt handelt es sich nicht nur um einen neuen
* natürlichen Zustand, sondern recht eigentlich eine
»Unsere Zeit hat zwei Grundmerkmale: die »neue geologische Epoche«: die Epoche, wo der
Verjüngung und die Vergeistigung. Das erste Mensch zum erstenmal die Herrenstellung in der
hängt mit dem Ende der vergangenen Kultur- Welt erringt.«.......graf hermann Keyserling.
epoche zusammen. Solange eine Lebensreihe ihre ★
innern Möglichkeiten nicht absolut erschöpft hat, »Natur- und Geisteswissenschaften haben das
folgen auf Altersperioden Jugendperioden. Heute Welt- und Menschenbild des 19. Jahrhunderts so
steht nun die Welt im Zeichen der Verjüngung vollkommen erneuert, daß wir es nichtmehr wie-
und der Jugend wie nie zuvor, weil dank der vor- dererkennen. . Wie die Wissenschaft, so ist die
geschrittenen Intellektualisierung alle alten Kul- Kunst und das Ethos an dieser Umpflügung und
turen auf einmal sterben und so überall eine neue Umwälzung unseres Bewußtseins beteiligt. . Es ist
Jugend die natürliche Oberhand gewinnt...... nicht bequem, in eine solche Wandlung hineinge-
Das zweite Grundmerkmal dieser Zeit ist die rissen zu werden. So erklärt sich manche Äußerung
Vergeistigung. Sie tritt in großem Stil, natürlich des Mißmuts oder des Pessimismus über unsere
zumeist in ihrer oberflächlichsten Form, zutage in Epoche. Aber wirkt sich in dieser allgemeinen
der Intellektualisierung und Mechanisierung. Den- Erschütterung und Neuprüfung unserer geistigen
noch irren die vollkommen, die hierin ein »Ende« Seinsgrundlagen nicht auch eine gewaltige Ener-
sehen, eine Entartung, einen Verfall. Hier handelt gie aus? Muß man diese Kraft nicht bejahen?