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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 40.1929

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Schürer, Oskar: Intimer oder öffentlicher Wohnbau
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https://doi.org/10.11588/diglit.10701#0158

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INNEN-DEKORATION

ARCHITEKTEN HART1G & VÖTH-MÄHR.-SCHÖNRERG HERREN-SCHLAFZIMMER IM HAUS ING. E.V.

INTIMER ODER ÖFFENTLICHER WOHNBAU

Unter diesen Bezeichnungen fassen wir zwei Baukunst geführt wird,richtet sich meist, wenn auch

Möglichkeiten des Wohnbaus, deren scharf uneingestandenermaßen, gegen diese allzugroße

gegensätzliches Nebeneinander die heutige Lage Öffentlichkeit, oder um es negativ auszudrücken:

im Wohnbau bestimmt. . Jahrtausende vor uns gegen dies »Unintime« der neuen Wohnung. .

haben den Wohnbau »intim« gestaltet. Ab- Nun lehrt die Geschichte, daß das, was heute

Schließung nach außen, Einfriedung im Gemüts- als intim empfunden wird, vor Zeiten als empörend

sinn nach innen, — das war von je die Einstellung, öffentlich gegolten hat. Man denke nur an das

die alles Wohnwesen bestimmte. Und heute plötz- griechische Haus mit seinem Peristyl: völlige

lieh wird von den radikal modernen Architekten Abgeschlossenheit gegen das Außen, höchste In-

dieser Grundsatz durchbrochen: die Wohnung timität im Innern. . Die sehr intimen Haus- und

verliert ihr Intimes. Große Lichtöffnungen durch- Zimmerformen der Römer z. B. erstaunen uns in

brechen die Wände in ganz anderm Ausmaß als den Ruinen von Pompei. Gegen diese Intimität

je zuvor. Der nach außen sich abschließende, in des Wohnbaues zog aber schon in hellenistischer

sich selbst sich zusammenziehende Block wird auf- Zeit ein anderer, weit öffentlicher Haustypus an:

gelöst, die einzelnen Kompartimente des Wohn- die »Portikus-Villa« mit der nach der Straße sich

gebäudes erstrecken sich je nach Bedürfnis hinaus öffnenden Fassade wurde modern. Die großen

ins »Draußen« und holen es in ihr lockeres Gefüge Landmagnaten und auch die Stadt-Aristokraten

herein. . Das bürgerliche Empfinden wehrt sich errichteten sich ihre Paläste alle nach diesem

dagegen: es will die ihm vertraute Intimität des Muster. Man muß erkennen, welcher Gegensatz

Wohnens, des Heims nicht lassen. Das Offent- gegenüber dem alten Haus in diesem Fassadenkult

liehe, allen Zugängliche, zumindest allen Augen lag: die Öffentlichkeit wurde gleichsam einge-

Zugängliche des neuen Hauses ist ihm unsympa- laden, sie durfte teilnehmen an den häuslichen

thisch. Der Kampf, der vielerorten gegen die neue Freuden der Bewohner, wenn auch nur sym-
 
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