Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 40.1929
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Michel, Wilhelm: Die Wirklichkeit
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INNEN-DEKORATION
diele und garderobe. haus kr1ebel-breslau
DIE WIRKLICHKEIT
Nüchternheit — ja, sie ist gewiß mit moder-
nem Baustreben eng verbunden. Aber
nicht auf Grund freier Wahl. Wird nicht alles
falsch, was wir heute jenseits besonnener,
zwecktreuer Arbeit unternehmen? Lassen wir
doch unsere Augen entscheiden. Wo Pomp
gewagt wird, zuckt unser Blick zurück. Wo
»emphatisch« an rednerische Form oder an
funktionalistischen Ausdruck herangegangen
wird, regen sich unsere Zweifel. Ein höhe-
rer Wille als bloßer Menschenwille hat ent-
schieden, daß dies heute nicht unsere Sache
ist. Daß wir zunächst uns zu »bescheiden«
haben. Daß wir gegenwärtig im Bauwerk
kaum etwas sicher zu handhaben vermö-
gen als unser Urteil über den Bauzweck und
unsere Kenntnis der rechnerischen Mittel. .
*
Es wurzelt das Streben im Menschenher-
zen, ein Ganzes zu fassen und auch im Haus
ein Ganzes voll organischer und formaler Ge-
setzlichkeit zu bauen. Aber was in irgend
einer Zeit möglich war oder sein wird,
braucht nicht zu j eder Zeit möglich zu sein.
Mit anderen Worten: es heißt das Architek-
tur-Schicksal unserer Zeit erkennen und
erfüllen. . Auch in der Wissenschaft gibt es
den Anspruch auf allumfassende »Totalität«.
Professor adolf RADiNo-Breslau, haus kriebel. obere diele Und doch mußte sie sich, infolge einer uner-
INNEN-DEKORATION
diele und garderobe. haus kr1ebel-breslau
DIE WIRKLICHKEIT
Nüchternheit — ja, sie ist gewiß mit moder-
nem Baustreben eng verbunden. Aber
nicht auf Grund freier Wahl. Wird nicht alles
falsch, was wir heute jenseits besonnener,
zwecktreuer Arbeit unternehmen? Lassen wir
doch unsere Augen entscheiden. Wo Pomp
gewagt wird, zuckt unser Blick zurück. Wo
»emphatisch« an rednerische Form oder an
funktionalistischen Ausdruck herangegangen
wird, regen sich unsere Zweifel. Ein höhe-
rer Wille als bloßer Menschenwille hat ent-
schieden, daß dies heute nicht unsere Sache
ist. Daß wir zunächst uns zu »bescheiden«
haben. Daß wir gegenwärtig im Bauwerk
kaum etwas sicher zu handhaben vermö-
gen als unser Urteil über den Bauzweck und
unsere Kenntnis der rechnerischen Mittel. .
*
Es wurzelt das Streben im Menschenher-
zen, ein Ganzes zu fassen und auch im Haus
ein Ganzes voll organischer und formaler Ge-
setzlichkeit zu bauen. Aber was in irgend
einer Zeit möglich war oder sein wird,
braucht nicht zu j eder Zeit möglich zu sein.
Mit anderen Worten: es heißt das Architek-
tur-Schicksal unserer Zeit erkennen und
erfüllen. . Auch in der Wissenschaft gibt es
den Anspruch auf allumfassende »Totalität«.
Professor adolf RADiNo-Breslau, haus kriebel. obere diele Und doch mußte sie sich, infolge einer uner-