Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 40.1929
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Lang, Hugo: Die Lehre der Blumen
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INN EN-DEKORATION
I
■i
architekt franz kuhn in wien terrasse mit sesseln und schaukel
»DIE LEHRE DER BLUMEN«
n den »reinen und lauteren Blumen offenbart Anordnung zum erstenmal in den Grundzügen,
sich der Zustand der Welt-Harmonie. Es durch eine Übersetzung der originalen Vorschrif-
findet ein Ausgleich statt zwischen den Vorteilen ten dargeboten. Mag in dieser Lehre auch ein
und Nachteilen der beiden Elemente Kohlenstoff »Kult« vorliegen, dessen Sinn in unserer west-
und Sauerstoff, und man schafft im Zimmer eine liehen Welt nie ganz heimisch werden wird, sq
Atmosphäre der Reinheit.« »Weil unsere Kunst führt doch die Intensität der Beobachtung und der
der Blumen-Anordnung sich an das natürliche Gestaltgebung, die sich aus diesen knappen Vor-
Wachstum aller Pflanzen hält, weil sie Harmonie schritten und Zeichnungen erkennen läßt, zurVer-
in der Form der drei Hauptlinien (der drei mysti- tiefung. Wie geschärft ist hier das Auge und das
sehen Stufen: »Shin«-»Soe«-»Tai«) zeigt, weil Gefühl für Naturformen. Mit wie wenigem wird
sie deren Länge gegeneinander abstimmt, weil sie eine vollendete Wirkung erzielt. »Zwei Blüten
solchem Zustand der Harmonie Festigkeit zu ver- von Iris genügen, wenn nur die nötigen Blätter
leihen, ein Hilfsmittel wird, so wenden wir sie auf vorhanden sind, die schönste Anordnung zu stel-
die ganze menschliche Gesellschaft an. Da hat sie len. Es gibt sogar — was zu den Schwierigsten
die Wirkung, die Tugend zu fördern und die in- gehört — Anordnungen mit einer einzigen Blüte,
nersten Gedanken gerade werden zu lassen«. . wobei doch der Eindruck ganz unbeschreiblich
Das ist die Grundanschauung der japanischen ist.« . Diese Einsicht in die Wertabstufung der
»Blumenlehre«; sie »geruhte vor 42 Generatio- Blumen, die meditierende Versenkung — beim Be-
nen oder 1200 Jahren der Prinz Shötoku dem Be- trachten einer Blume im Wohnraum — in das Sym-
gründer des »Ikenobö«, des Stammhauses der bol der »Seele« (»Shin«), die von der »Materie«
Blumenlehre — zu überliefern.« In dem Buch: (»Tai«) mit himmlischer »Hilf e« (»Soe«) empor-
»Kwadö, Japanische Blumenlehre« (Verlag der strebt, ist nützlich. Lohnt es sich nicht, die »ver-
Asia Major-Leipzig) wird von Willi Prenzel söhnende Macht, die in den Blumen liegt«, ein
diese Lehre des Ostens: die Kunst der Blumen- wenig auch auf uns einwirken zu lassen? . h.lang.
INN EN-DEKORATION
I
■i
architekt franz kuhn in wien terrasse mit sesseln und schaukel
»DIE LEHRE DER BLUMEN«
n den »reinen und lauteren Blumen offenbart Anordnung zum erstenmal in den Grundzügen,
sich der Zustand der Welt-Harmonie. Es durch eine Übersetzung der originalen Vorschrif-
findet ein Ausgleich statt zwischen den Vorteilen ten dargeboten. Mag in dieser Lehre auch ein
und Nachteilen der beiden Elemente Kohlenstoff »Kult« vorliegen, dessen Sinn in unserer west-
und Sauerstoff, und man schafft im Zimmer eine liehen Welt nie ganz heimisch werden wird, sq
Atmosphäre der Reinheit.« »Weil unsere Kunst führt doch die Intensität der Beobachtung und der
der Blumen-Anordnung sich an das natürliche Gestaltgebung, die sich aus diesen knappen Vor-
Wachstum aller Pflanzen hält, weil sie Harmonie schritten und Zeichnungen erkennen läßt, zurVer-
in der Form der drei Hauptlinien (der drei mysti- tiefung. Wie geschärft ist hier das Auge und das
sehen Stufen: »Shin«-»Soe«-»Tai«) zeigt, weil Gefühl für Naturformen. Mit wie wenigem wird
sie deren Länge gegeneinander abstimmt, weil sie eine vollendete Wirkung erzielt. »Zwei Blüten
solchem Zustand der Harmonie Festigkeit zu ver- von Iris genügen, wenn nur die nötigen Blätter
leihen, ein Hilfsmittel wird, so wenden wir sie auf vorhanden sind, die schönste Anordnung zu stel-
die ganze menschliche Gesellschaft an. Da hat sie len. Es gibt sogar — was zu den Schwierigsten
die Wirkung, die Tugend zu fördern und die in- gehört — Anordnungen mit einer einzigen Blüte,
nersten Gedanken gerade werden zu lassen«. . wobei doch der Eindruck ganz unbeschreiblich
Das ist die Grundanschauung der japanischen ist.« . Diese Einsicht in die Wertabstufung der
»Blumenlehre«; sie »geruhte vor 42 Generatio- Blumen, die meditierende Versenkung — beim Be-
nen oder 1200 Jahren der Prinz Shötoku dem Be- trachten einer Blume im Wohnraum — in das Sym-
gründer des »Ikenobö«, des Stammhauses der bol der »Seele« (»Shin«), die von der »Materie«
Blumenlehre — zu überliefern.« In dem Buch: (»Tai«) mit himmlischer »Hilf e« (»Soe«) empor-
»Kwadö, Japanische Blumenlehre« (Verlag der strebt, ist nützlich. Lohnt es sich nicht, die »ver-
Asia Major-Leipzig) wird von Willi Prenzel söhnende Macht, die in den Blumen liegt«, ein
diese Lehre des Ostens: die Kunst der Blumen- wenig auch auf uns einwirken zu lassen? . h.lang.