Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 40.1929
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https://doi.org/10.11588/diglit.10701#0204
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Wenzel, Alfred: Qualitätswerte - Stimmungswerte
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INNEN-DEKO RATION
ARCHITEKT LUDWIG KOZMA—BUDAPEST SOFA MIT ABSTELLTISCH IM WOHNZIMMER
QUALITÄTSWERTE -
Wenn wir einem Dinge »Qualität« zuerken-
nen oder absprechen, so vollziehen wir damit
eine Beurteilung; und zwar eine Beurteilung, durch
welche über seine eigentlichste »Werthaftigkeit«
entschieden werden soll: wir entscheiden, mit an-
deren Worten, in welchem Maße der Gegenstand
jenen Forderungen gerecht wird, die er zu erfüllen
hat. Von uns, als den Beurteilenden, wird bei sol-
chem Akt eine bestimmte Art des Verhaltens ge-
fordert, ohne deren Voraussetzung wir dem Gegen-
stande nicht gerecht werden: wir müssen ihn von
allen jenen Beziehungen lösen, in die er als »Ding«
unserer Lebensumgebung verknüpft ist, ohne ihnen
seiner Funktion nach notwendig verhaftet zu sein.
Bleibt diese Isolierung außer Acht, dann tritt an
die Stelle einer ganz sachlichen Bewertung die
»stimmungsmäßige«, und das Werturteil, das
von dieser Einstellung her vollzogen wird, ist
nicht durch den wirklichen Gehalt des be-
trachteten Objekts, also nicht durch die »Quali-
tät« bedingt. Wenn wir daher die Werte, um
derentwillen man Gegenstände der Umwelt be-
gehrt und schätzt, ungefähr in »Qualitätswerte«
und in »Stimmungswerte« scheiden, so ent-
STIM M UN GS WERTE
spricht dies zwar nicht der Vollständigkeit philo-
sophischer Systematik, aber genügt uns, um gerade
über die Bewertung von »Dingen« im Bereich der
Architektur einiges zu demonstrieren........
Daß uns Klarheit darüber wichtig scheint, rührt
daher, daß es heute einem Großteil der Architek-
tenschaft vor allem auf »Qualität« ankommt, und
zwar auf eine Qualität, die »Niveau«-bildend
weiteste Schichten einer Allgemeinheit durch-
dringen soll, der aber dabei allenthalben Wider-
stände begegnen, welche aus der Sphäre des
»Stimmungsmäßigen« wachsen. . An einem Bei-
spielwird alles deutlicher: eine der modernen Bau-
Aufgaben ist die »Siedlung« für den »kleinen«
Mann. Wer nun mit der Aufführung solcher Bau-
ten und ihrer Einrichtung zu tun hat, dem kann
nicht entgehen, daß einerseits wohl die Menschen
dieser Sphäre, bis zu einem gewissen Grade wirk-
lich durchdrungen von der Idee der »Organisation«,
des Aufgehens alles Einzelnen in einer großen
Gemeinsamkeit, auch der »Uniformität« ihrer Be-
hausungen nicht feindlich gegenüberstehen, also
sich damit abfinden, in einer »Type« zu wohnen,
d. h. in einem Haus, das durch nichts vor dem des
Nachbars auffällt, — aber nicht widerspruchslos
INNEN-DEKO RATION
ARCHITEKT LUDWIG KOZMA—BUDAPEST SOFA MIT ABSTELLTISCH IM WOHNZIMMER
QUALITÄTSWERTE -
Wenn wir einem Dinge »Qualität« zuerken-
nen oder absprechen, so vollziehen wir damit
eine Beurteilung; und zwar eine Beurteilung, durch
welche über seine eigentlichste »Werthaftigkeit«
entschieden werden soll: wir entscheiden, mit an-
deren Worten, in welchem Maße der Gegenstand
jenen Forderungen gerecht wird, die er zu erfüllen
hat. Von uns, als den Beurteilenden, wird bei sol-
chem Akt eine bestimmte Art des Verhaltens ge-
fordert, ohne deren Voraussetzung wir dem Gegen-
stande nicht gerecht werden: wir müssen ihn von
allen jenen Beziehungen lösen, in die er als »Ding«
unserer Lebensumgebung verknüpft ist, ohne ihnen
seiner Funktion nach notwendig verhaftet zu sein.
Bleibt diese Isolierung außer Acht, dann tritt an
die Stelle einer ganz sachlichen Bewertung die
»stimmungsmäßige«, und das Werturteil, das
von dieser Einstellung her vollzogen wird, ist
nicht durch den wirklichen Gehalt des be-
trachteten Objekts, also nicht durch die »Quali-
tät« bedingt. Wenn wir daher die Werte, um
derentwillen man Gegenstände der Umwelt be-
gehrt und schätzt, ungefähr in »Qualitätswerte«
und in »Stimmungswerte« scheiden, so ent-
STIM M UN GS WERTE
spricht dies zwar nicht der Vollständigkeit philo-
sophischer Systematik, aber genügt uns, um gerade
über die Bewertung von »Dingen« im Bereich der
Architektur einiges zu demonstrieren........
Daß uns Klarheit darüber wichtig scheint, rührt
daher, daß es heute einem Großteil der Architek-
tenschaft vor allem auf »Qualität« ankommt, und
zwar auf eine Qualität, die »Niveau«-bildend
weiteste Schichten einer Allgemeinheit durch-
dringen soll, der aber dabei allenthalben Wider-
stände begegnen, welche aus der Sphäre des
»Stimmungsmäßigen« wachsen. . An einem Bei-
spielwird alles deutlicher: eine der modernen Bau-
Aufgaben ist die »Siedlung« für den »kleinen«
Mann. Wer nun mit der Aufführung solcher Bau-
ten und ihrer Einrichtung zu tun hat, dem kann
nicht entgehen, daß einerseits wohl die Menschen
dieser Sphäre, bis zu einem gewissen Grade wirk-
lich durchdrungen von der Idee der »Organisation«,
des Aufgehens alles Einzelnen in einer großen
Gemeinsamkeit, auch der »Uniformität« ihrer Be-
hausungen nicht feindlich gegenüberstehen, also
sich damit abfinden, in einer »Type« zu wohnen,
d. h. in einem Haus, das durch nichts vor dem des
Nachbars auffällt, — aber nicht widerspruchslos