Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 40.1929
Zitieren dieser Seite
Bitte zitieren Sie diese Seite, indem Sie folgende Adresse (URL)/folgende DOI benutzen:
https://doi.org/10.11588/diglit.10701#0182
DOI Artikel:
Hardenberg, Kuno Ferdinand von: Gedanken in der Bücherei
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.10701#0182
160
INNEN-DEKORATION
ARCHITEKT LUDWIG KOZMA —BUDAPEST HERRENZIMMER MIT KAMIN UND BÜCHEREI
»GEDANKEN IN DER BÜCHEREI«
M
eine Bücher . . , wie sie dastehen mit ihren Wenn ich vom Schreibtisch aufblicke, fällt
sauberen Rücken, eins neben dem anderen, — mein Blick auf die kleinen Götzen und Götter, die
militärisch ausgerichtet: eine kleine Armee.. Und ich auf dem Kamin stehen habe. Kleine Götzen
ich bin der große König, der sie rekrutiert hat und sind die angenehmste Gesellschaft der Welt, —
der sie beherrscht und der sie mobil machen kann, wenn man sie sich nicht zu nahe kommen läßt!
wann es ihm beliebt. . Es ist ein rechtes Völker- Einige lieben es nämlich, plump vertraulich zu
gemisch in diesem Heere. Natürlich zumeist Leute werden; man muß das wissen und sich danach
aus achtbaren deutschen Familien; dann Fran- halten. . Die Götzen dürfen sich bisweilen über
zosen, Engländer, Orientalen sind darin. Wie in die Bücher äußern, die ich gerade lese. Es ist
der Fremdenlegion. . Und meine alten Generäle immer komisch, wenn Götzen sich über zeitge-
in ihren goldbordierten Lederkollern —: ganz nössische Literatur oder Kunst äußern.......
ehrwürdigste Tradition. Wie entzückend breit- Es gibt heutzutage künstliche Götzen, die unge-
schweifig sie reden über ihre Philosophie oder fähr so aussehen, als wären sie echte. Bei näherem
von alten Liebesabenteuern, von längst vergesse- Umgang merkt man aber, daß sie wirkungslos sind:
nen Heldentaten oder von rauschenden Festen. . daß sie weder Mythos noch lebendige Tradition
* haben und daß es nie einen Kultus für sie gege-
Man hört gern zu. . Und die dienstfertigen Un- ben hat, der sie verwöhnte. . Ein anständiger
teroffiziere, alle gleich uniformiert! . Wieviel sie Mensch wird nie mit falschen Götzen verkehren. .
wissen, wie sie jeden Soldaten kennen. Laß' ich *
einen von den Gemeinen kommen, da bin ich ent- Leute, die sich keine Götzen im Hause halten,
weder jovial, oder ich brülle ihn an: Kamel — Esel entbehren etwas, — sind in Gefahr: selbst Götzen
und schicke ihn fort. Das ist ein besonderes Ver- zu werden. . Götzen wirken erzieherisch: allein
gnügen. Man fühlt sich hinterher! Manche wissen schon durch ihr Aussehen warnen sie! . Man
auch oft seltsame Dinge, die man nie von ihnen tat unrecht, Götzendienst zu bestrafen. Wenig-
erwartet hätte, — die dürfen sie erzählen; — ich stens den leichten Familienverkehr sollte man aus-
belohne sie dann mit einer Zigarette, die ich selbst nehmen, — wie ich ihn pflege, wenn ich in meiner
rauche! . Ja: . in meiner Bücherei ist gut träumen! Bücherei träume.....kuno graf von Hardenberg.
INNEN-DEKORATION
ARCHITEKT LUDWIG KOZMA —BUDAPEST HERRENZIMMER MIT KAMIN UND BÜCHEREI
»GEDANKEN IN DER BÜCHEREI«
M
eine Bücher . . , wie sie dastehen mit ihren Wenn ich vom Schreibtisch aufblicke, fällt
sauberen Rücken, eins neben dem anderen, — mein Blick auf die kleinen Götzen und Götter, die
militärisch ausgerichtet: eine kleine Armee.. Und ich auf dem Kamin stehen habe. Kleine Götzen
ich bin der große König, der sie rekrutiert hat und sind die angenehmste Gesellschaft der Welt, —
der sie beherrscht und der sie mobil machen kann, wenn man sie sich nicht zu nahe kommen läßt!
wann es ihm beliebt. . Es ist ein rechtes Völker- Einige lieben es nämlich, plump vertraulich zu
gemisch in diesem Heere. Natürlich zumeist Leute werden; man muß das wissen und sich danach
aus achtbaren deutschen Familien; dann Fran- halten. . Die Götzen dürfen sich bisweilen über
zosen, Engländer, Orientalen sind darin. Wie in die Bücher äußern, die ich gerade lese. Es ist
der Fremdenlegion. . Und meine alten Generäle immer komisch, wenn Götzen sich über zeitge-
in ihren goldbordierten Lederkollern —: ganz nössische Literatur oder Kunst äußern.......
ehrwürdigste Tradition. Wie entzückend breit- Es gibt heutzutage künstliche Götzen, die unge-
schweifig sie reden über ihre Philosophie oder fähr so aussehen, als wären sie echte. Bei näherem
von alten Liebesabenteuern, von längst vergesse- Umgang merkt man aber, daß sie wirkungslos sind:
nen Heldentaten oder von rauschenden Festen. . daß sie weder Mythos noch lebendige Tradition
* haben und daß es nie einen Kultus für sie gege-
Man hört gern zu. . Und die dienstfertigen Un- ben hat, der sie verwöhnte. . Ein anständiger
teroffiziere, alle gleich uniformiert! . Wieviel sie Mensch wird nie mit falschen Götzen verkehren. .
wissen, wie sie jeden Soldaten kennen. Laß' ich *
einen von den Gemeinen kommen, da bin ich ent- Leute, die sich keine Götzen im Hause halten,
weder jovial, oder ich brülle ihn an: Kamel — Esel entbehren etwas, — sind in Gefahr: selbst Götzen
und schicke ihn fort. Das ist ein besonderes Ver- zu werden. . Götzen wirken erzieherisch: allein
gnügen. Man fühlt sich hinterher! Manche wissen schon durch ihr Aussehen warnen sie! . Man
auch oft seltsame Dinge, die man nie von ihnen tat unrecht, Götzendienst zu bestrafen. Wenig-
erwartet hätte, — die dürfen sie erzählen; — ich stens den leichten Familienverkehr sollte man aus-
belohne sie dann mit einer Zigarette, die ich selbst nehmen, — wie ich ihn pflege, wenn ich in meiner
rauche! . Ja: . in meiner Bücherei ist gut träumen! Bücherei träume.....kuno graf von Hardenberg.