Feuer: Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur (2.1920/1921)

Der Geist aber, seinem deutschen Gesebe treu, verschwindet wieder, als die Madit ersdieint.
1870—1914 baut er nur noch die besten Masdrinen, erfindet nur nodi die billigsten Verfahren,
aber die ersten formbildenden Dichter kommen fast aus dem Norden, die Maler aus Frankreich, die
Musiker noch aus Osferreidi, Denker, Erzieher aus England. Kleine Fürsten, durch Bismarcks grobe
Fehler als Innenarchitekt, verlieren an Einfluß — und der einzige Geist, den Deutsdiland jebt
in das Jahrhundert pflanzt: Friedridi Nietzsche, wendet sich schaudernd von diesem Treiben und
schreibt die Bitternisse eines einsamen Genius.
Auf allen Gebieten trennen sidi wieder Staat und Geist: dort gruppiert sich um den Kaiser
Reaktion, Dekoration, Regie, Antisoziales, Fanfare. Hier findet Sezession in allen Zweigen statt,
Abkehr der Besten von der Politik, Fremdheit der ersten Geister im Leben des Volkes, — völlige
Verwirrung im Beginne der Not.
Aus solchen Rückblicken auf die Gesdiidite deufsdien Geistes erhebt sich getroste Hoffnung für
eine Zukunft, die uns von den Lasten eines falschen Pathos, einer unlogisdien Expansion, eines
unhistorisdien Auf>enstrebens befreit und statt nadi Bagdad leise wieder nach Weimar leitet.
Dort sdirieb man — war es nidit gestern? — dies Xenion:
„Deutsdiland? Aber wo liegt es? Idi weib das Land nidit zu finden.
Wo das gelehrte beginnt, hört das politisdie auf.“



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