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Feuer: Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur — 2.1920/​1921

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Grohmann, Will: Lasar Segall
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https://doi.org/10.11588/diglit.41961#0128

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Im »Tod« und in »Kaddisch«, in »Mann und Weib« erleichtern uns keine Asso-
ziationen, keine Beziehungen zum äußeren Leben die Befreundung mit seinen
Bildern. Kein Vorgang ist gegeben, die ewige Wirkung des Vorgangs und alle
Farben unferstü^en den Innenklang, die Symbolik, die aus einfachsten mensch-
lichen Beziehungen erwächst. Der Geruch des Unvergänglichen, die Verschmelzung
von Diesseits und Jenseits ist bis an eine fast gefährliche Grenze gesteigert.
Wie leicht geht zu früh die Fülle des Daseins verloren, aus der allein ein neuer
Mythos werden kann. Mit dem Instinkt des Niebefriedigten seht Segall in den
Bildern der lebten Zeit an einer andern Stelle ein, gibt dem Leben ein gröberes
Recht, nicht als ob er etwas von früher zurücknähme, aber er geht den Weg zur
endgültigen Form nochmals, vielleicht, dab er einen gröberen Reichtum mit
hinüberretten kann. In den »Liebenden« behalten die Köpfe die übermenschliche
Grobe, aber sie sind sonnenhafter, und in den Augen liegt eine Inbrunst, die dieses
Leben nicht vergessen kann. Auch in den »Grobeltern« ist Diesseits-Gläubigkeit.
In der »Schwangeren« manifestiert sich eine edle Triebhaftigkeit, die in schweren
Kämpfen sich läuterte, fromm wurde. Der gewaltige Kopf — es ist übrigens immer
derselbe auf bestimmten Ebenen seines Gestaltens — ist wie die schaffende
Natur selbst, während ihn der Mann trägt wie eine Fackel, abgewandt und doch
verbunden. In den späteren Federzeichnungen und Lithographien ist ebenso
mehr franziskanischer Geist, eine gröbere Begnadigung. In den lebten Monaten
kommtSegall abermals zu Steigerungen wie seinerzeit bei den »Ewigen Wanderern«,
nur ist es bezeichnend, wie seine Mystik sich verfestigt hat, bildhafter geworden
ist, keinen Gegensab mehr darstellt zur Kunst. Es scheint, als ob nach zehn
Jahren die harten Kämpfe unanfechtbare Ergebnisse brächten.



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