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Feuer: Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur — 2.1920/​1921

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Becher, Johannes Robert: Musik des Abschieds
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https://doi.org/10.11588/diglit.41961#0149

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Dann jagte ich auf unergriffenem Schiffe.
Denn schroffer Sturm verlöschte jede Spur.
Und durchs Gezisch und durchs Gestrüpp der Riffe . . .
Und in den Händen eine Muschel nur-
Zerschellt. Genebel. Schädel. Fäulnis. Und die Feuchte
Gefleckter Sümpfe. Räudiger Rachen Gier.
Ich aber fühlte — Duft und Pracht und Leuchte!
O Nacht des Bundes zwischen dir und mir.

Oder aber — — ?! daf> plötzlich die Herde der Gletscher schieben
- O vergessene Pole! — sich ruckweis mitten ins grünende Land?!
Rot-Glut die Sonne. Zertrümmert sie alle eure Himmel: die Sieben.
Und du stampfst hinter Pflügen: da erstarrt dir die Hand.
Da wälzten sich Felsen, und Städte zermalmten, und Züge
Stauten sich hoch und bäumten und barsten und schleiften hilflos sich wieder und
kreischend auf kochendem Grund . . .
Auf grinsten verborgene Völker . . . Die Urwälder sie flügeln:
— Getös und Zerkrachen — gesaugt in den ätherisdien Schlund,
Zerstückt. — Und die Klumpen der Erde durchschwirren die Räume.
Geknetete Nebel. Staub-Gewölke. Und Flecken und die Krume geschleuderten
Steins.
Es brüllen die Wächter. Wer hält noch die Mitte?! . . . O Erde:
O Würgen und Jagen! Vulkane, die Ozeane ausspeFn . . .
Ströme zinnober. Und Inseln in Uber-Welten
Wehrlos verflocht. Und die Gestade der Seligen verwittern am Atem des Monds.
Pyramiden gestülpt. See-Schlangen sich krümmend. Aber die Fackeln und die
Brände der Zelte
Mählich erloschen. Getilgt jeder Ton.
Aber: die Schädel-Gerolle und Schatten-Rudel, Knochentürme und das Gehäufe
der gebleichten Gebeine!
Verkohlte Gerüste. Gehäuse zerschmissen. Geschwülste und die südlichen Küsten
in Schutt —:
Ein zergriffenes Spiel. Vermischt Geläut und Geweine.
Gequirl nur und schwarzer Winde die Wirbel, die zeugen im ewigen Dunkel sich
fort.

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